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Sportnation Russland? Das war einmal.

© IMAGO/SNA

Kaum Athleten, keine TV-Übertragung: Russland will Olympia zu Hause totschweigen

Der internationale Sport hat Russland hart sanktioniert. Bei Olympia sind Athleten nur unter Auflagen startberechtigt. Der Kreml reagiert trotzig.

Stand:

Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen. Viele Jahre lang galt das für den Sport, auch dann noch, als es die Sowjetunion nicht mehr gab. Inzwischen aber ist die Sportnation Russland zusammengeschrumpft. Man lernt von dem Riesenreich nur noch, wie es auf der großen Bühne des Sports nicht geht.

Bei den am Freitag in Paris beginnenden Olympischen Spielen wird Russland mit einer Rumpftruppe teilnehmen. Das heißt, richtig vertreten wird das Land gar nicht sein. Die 15 Athletinnen und Athleten aus Russland sind nicht zum Eröffnungszeremoniell an der Seine eingeladen.

Zudem werden sie ihre Wettbewerbe in Paris nicht in ihren Landesfarben bestreiten. Und sollten sie ganz oben auf dem Treppchen landen, wird weder die russische Hymne gespielt noch die Landesflagge gehisst. Das Gleiche gilt für Weißrussland. Es ist ein bisschen so, als wären die Athleten aus Russland und Weißrussland gar nicht da.

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Der Sport hat reagiert auf den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine – und er trifft das Land sehr. Sport hatte und hat eine große Bedeutung für Russland. Der russische Revolutionär Leo Trotzki war schon vor 100 Jahren zu der Ansicht gelangt, dass Sport nichts weiter als ein Ersatz für politische Handlungen sei. Wladimir Putin, selbst ein großer Sportfan, sah das nie anders.

Für Großveranstaltungen, unter anderem die Olympischen Spiele 2014 in Sotschi und die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland, gab der russische Präsident viele Milliarden aus. Besonders die Veranstaltung in Sotschi war absurd, rund 50 Milliarden Euro Gesamtkosten verschlang das Event.

Das russische Fernsehen plant keine Übertragungen aus Paris

Putin war es das wert. Und die Legitimation für den Wahnsinn hatte er von einem großen Teil der sportbegeisterten russischen Bevölkerung.

Umso bitterer ist für viele Russen, dass sie ab Freitag nicht mal als Fernsehzuschauer dabei sein werden. Das russische Fernsehen plant keine Übertragungen aus Paris. Die Spiele sollen totgeschwiegen werden.

Ein solches sportliches Fiasko aus russischer respektive sowjetischer Sicht hatte es zuletzt 1984 gegeben. Die Sportler unter anderem aus der Sowjetunion hatten damals die Spiele in Los Angeles aus politischen Gründen boykottiert.

15
Sportlerinnen und Sportler aus Russland sind in Paris dabei – davon allein sieben im Tennis

Dieses Mal ist der Ärger noch größer. Der Boykott vor 40 Jahren war proaktiv, nun aber schließt der internationale Sport Russland aus. Es ist der negative Höhepunkt in den Beziehungen Russlands zur Sportwelt.

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2016 war das russische Staatsdoping im Sport aufgeflogen. Bereits bei den Olympischen Spiele 2018 in Pyeongchang, 2021 in Tokio und 2022 in Peking musste Russland mit neutralen Athleten ins Rennen gehen. Richtig weh tat dies den Russen nicht, zumal sie immer noch sehr erfolgreich waren.

Das wird in diesem Jahr anders sein. Der Kreml macht seit Monaten Propaganda gegen Olympia, insbesondere gegen das Internationale Olympische Komitee (IOC). Und er goutiert es, wenn Sportler wie der Top-Schwimmer Jewgeni Rylow öffentlich bekennen, dass sie unter diesen Umständen keinesfalls in Paris starten werden.

So haben sich nur wenige Sportlerinnen und Sportler aus Russland getraut, sich für Paris zu melden. Von den 15 Athleten kommen vor allem Daniil Medwedew und die erst 17 Jahre alte Mirra Alexandrowna Andrejewa im Tennis für Medaillen infrage.

Russland reagiert zunehmend trotzig auf die Sanktionen durch die internationalen Sportverbände. So sollten im Herbst in Moskau und Jekaterinburg sogenannte Wettkämpfe der Freundschaft als eine Art Olympia-Konkurrenzveranstaltung ausgetragen werden. Wie kürzlich bekannt, aber noch nicht bestätigt wurde: Die Spiele werden wohl auf nächstes Jahr verschoben.

Dann aber sollen Hunderte heimische Athleten dabei sein, allesamt Siegeskandidaten, und die russische Hymne soll noch und nöcher abgespielt werden. Wie früher, nur mehr unter sich.

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