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Kenianischer Doppelsieg beim Hitze-Rennen: Sabastian Sawe gewinnt den Berlin-Marathon – auch Rosemary Wanjiru rettet dramatisch den Sieg
Sabastian Sawe gewinnt den Lauf gegen seine Rivalen – verliert ihn aber gegen die Zeit. Und das hat seine Gründe. Bei den Frauen rettet sich Rosemary Wanjiru völlig entkräftet als Erste ins Ziel.
Stand:
Die letzten Meter absolvierte Sabastian Sawe genauso geschmeidig wie die ersten. Die Anstrengung war ihm kaum anzusehen. Und das nach dem Lauf über 42,195 Kilometer bei Temperaturen von in der Spitze 24 Grad und 70 Prozent Luftfeuchtigkeit.
Zudem war es erst der dritte Marathon, den der Kenianer bisher gelaufen ist. Die beiden vorherigen – in Valencia und London – hatte er gewonnen. Und auch in Berlin lief er als Erster durchs Ziel. Seine Zeit: 2:02:15 Stunden.
Den Weltrekord von dem im vergangenen Jahr verstorbenen Kelvin Kiptum verpasste er (2:00:35 Stunden). Auch den Berliner Streckenrekord von Eliud Kipchoge (2:01:09).
Glücklich war er trotzdem. „Es war hart, aber ich war vorbereitet. Ich bin einfach nur glücklich über meine Performance“, sagte Sawe. „Man kann nichts am Wetter ändern. Ich hoffe, dass es nächstes Jahr noch ein bisschen schneller geht, ich werde wiederkommen.“

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Zweiter wurde überraschenderweise der Japaner Akira Akasaki (2:06:15). Nach ihm ins Ziel lief Chimdessa Debele (2:06:57 Stunden). Bester Deutscher war Hendrik Pfeiffer als Achter in 2:09:14 Stunden.
Kenianerin Rosemary Wanjiru holt Sieg bei den Frauen
Ganz anders als bei den Männern war der Zieleinlauf bei den Frauen. Die Kenianerin Rosemary Wanjiru lief lange ein einsames Rennen. Aber einen Kilometer vor dem Ziel blickte sie sich immer wieder hektisch um. Sie konnte nicht mehr – und sie spürte, dass der Sieg in Gefahr war.

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Die Äthiopierin Dera Dida war stark aufgekommen. Mit letzter Kraft und wenigen Metern Vorsprung rettete sich Wanjiru dann doch noch als Erste ins Ziel (2:21:05).
Einen überragenden Lauf absolvierte Fabienne Königstein, die in persönlicher Bestzeit als Sechste bei dem schweren Rennen ins Ziel kam (2:22:17 Stunden). „Es war hart. Aber die Menschenmassen haben uns weitergetragen“, sagte Königstein.
Renndirektor Mark Milde war trotz der hohen Temperaturen unmittelbar vor dem Start optimistisch. „Es ist kaum Wind, ein wenig bedeckt. Alles ist möglich“, sagte er.
Dass alles möglich sein könnte, war den Top-Läufern anzumerken. Sie legten ungemein schnell los. Den ersten Kilometer liefen sie in 2:44 Minuten, den zweiten in 2:50 Minuten, damit lagen sie über die ganze Distanz gerechnet klar unter zwei Stunden.
Sawe ging das Rennen sehr schnell an
Viel war im Vorfeld über die äußeren Bedingungen gesprochen worden. Jürgen Lock vom Marathon-Veranstalter SCC Events wies immer wieder auf körperlichen Belastungen bei der prognostizierten Wärme hin. Aber auch für die besten Läuferinnen und Läufer war das Wetter schwierig. Viele traten mit Kühlstirnbändern an.

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Sabastian Sawe verzichtete darauf. Er lief deswegen offensichtlich nicht langsamer. Schon nach fünf Kilometern hatte er sich mit sechs anderen Mitstreitern – darunter vier Tempoläufer – abgesetzt.
Auch nach zehn Kilometern war Sawe mit seiner Gruppe noch auf Weltrekordkurs. Doch da war schon zu erkennen, dass er das fulminante Tempo der ersten Kilometer nicht mehr halten konnte.
Noch schwerer tat sich Vorjahressieger Milkesa Mengesha, der ab Kilometer neun kurz abreißen lassen musste. Aber der Äthiopier kämpfte sich wieder heran – um wenige Kilometer später wieder die Gruppe aus den Augen zu verlieren.
Am Kottbusser Tor, bei Kilometer 15, wurde Sawe dann nur noch von den vier Tempoläufern begleitet. Er war immer noch auf Weltrekordkurs. Aber die Kilometerzeiten wurden ein My langsamer, und schon bei Kilometer 16 war für einen der vier Tempoläufer der Arbeitstag beendet.
Doch so ein Marathon hat seine ganz eigene Dramaturgie. Begleitet von nur noch zwei Tempoläufern stand bei Sawe bei genau der Hälfte der Strecke eine Zeit von 60:16 Minuten – damit war er immer noch auf Kurs Bestzeit. Wenig später musste sein letzter verbliebener Tempoläufer aufgeben, Sawe war also fast die Hälfte des Rennens allein.
Die Unterstützung, die er von den Zuschauern bekam, war immens. Geschätzt mehr als eine Million Menschen feuerten die vielen Läuferinnen und Läufer am Straßenrand an. Und auch Claus-Henning Schulke, besser bekannt als Bottle-Claus, als der Mann, der den besten Läufern die Getränkeflaschen reicht, verrichtete seine Arbeit souverän wie immer.
Für einen Welt- oder Streckenrekord sollte es trotzdem nicht reichen. Sawes Kilometerzeiten wurden langsamer. Und so lief der 30-Jährige „nur“ als Erster der rund 55.000 Läufer ins Ziel am Brandenburger Tor. Den Kampf gegen die Uhr hatte er verloren. Aber fast alle Beobachter waren sich am Sonntag sicher: Ein paar Grad weniger – dann wäre der Weltrekord fällig gewesen.
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