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Ausgebremst. Schalkes Salif Sane (l.) stoppt den Berliner Mathew Leckie.

© Federico Gambarini/dpa

Kolumne „Auslaufen mit Lüdecke“: Wer ist denn nun die Nummer eins in Berlin?

Hertha BSC hat gute Statistiken, aber unglücklich verloren, beim 1. FC Union ist es umgekehrt. Was das alles zu bedeuten hat, weiß unser Kolumnist.

Herbe Kritik erntete Hertha BSC für den Auftritt in Gelsenkirchen! Aber zurecht? Schauen wir auf die nackten Fakten! Hertha hat in einem Auswärtsspiel zwei Tore erzielt und trotzdem 3:0 verloren. Das ist extrem unglücklich. Dann: Trainer Covic hatte in der Vorbereitung darauf Wert gelegt, dass das Spiel der Herthaner unberechenbarer werden sollte. Man wolle Verwirrung stiften, chaotische Situationen, die den Gegner irritieren. Das ist gelungen. Und wie!

Man sah viele unberechenbare Situationen, die so chaotisch waren, dass sie sogar die eigene Verwirrung inkludierten. Mehr Verwirrung geht nicht. Im Vorfeld der Saison wurde viel über das Millionen-Engagement von Helmut Kohls Vorzeigepleitier diskutiert. Nun sei die Mannschaft zusammen, ließ Manager Preetz verlauten, jetzt müsse der nächste Schritt getan werden.

Tatsächlich ist aber nun eine Mannschaft zusammen, die auch letztes Jahr schon zusammen war. Mit einem Unterschied: Für einen sehr guten, technisch versierten Spieler (Lazaro), den man für 20 Millionen verkauft hat, holte man für dieselbe Summe einen anderen sehr guten Spieler (Lukebakio), der teilweise den Ball nicht so gut stoppen kann.

Ansonsten stand bislang dieselbe Mannschaft auf dem Platz, die uns bereits letzte Saison etwas enttäuschte. Die einzige wirklich große Änderung betrifft die Seitenlinie. Da steht jetzt ein Trainer, der jede Menge Erfahrung mitbringt - aus der Regionalliga Nordost. Das wird schon. Ruhig bleiben. Wie oft hatten wir Hertha-Fans vor einer Saison große Erwartungen? Dann lief es zunächst nicht gut, alle meckerten und am Ende wurde dann doch alles noch viel schlimmer.

Nun fragen sich alle, wer ist die Nummer eins im Berliner Profifußball? Leute, ich bin für Fairness und Objektivität. Ich wünsche den Köpenickern alles erdenklich Gute! Fakt ist aber, sie dümpeln derzeit irgendwo durchs Mittelfeld der Tabelle. Während Hertha aus einer Lauerposition heraus das Feld von hinten aufrollen kann.

[Der Berliner Kabarettist Frank Lüdecke schreibt hier jeden Montag über die Fußball-Bundesliga. Er ist neuer Chef der „Stachelschweine“ und tritt am 7. September mit seinem aktuellen Programm im Schlosspark-Theater auf – und am 8. September in der Distel.]

Die Union-Fans feiern ihre Mannschaft, obwohl sie nur 30 Prozent Ballbesitz hatte! Und das gegen einen Klub, der gerade mal einen Platz vor dem SC Freiburg steht! Den Eisernen stand etwas das Glück zur Seite, das der Hertha leider versagt blieb.

Weil die Unioner ihre drei Treffer durch Zufall genau in jenem Tor unterbrachten, das für die Wertung des Spiels von größerem Vorteil ist. Das relativiert doch einiges. Mein Eindruck: Hertha ist jetzt schon weiter als alle anderen Mannschaften: Für Hertha hat die Rückrunde möglicherweise schon am 3. Spieltag begonnen.

Frank Lüdecke

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