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Korfball weist einige Parallelen zum Basketball auf. Allerdings hängt der Korb höher und hat kein Brett.

© IMAGO/ANP

Korfball hat ein Alleinstellungsmerkmal: Der unbekannte Sport für alle

In anderen Ländern ist Korfball äußerst beliebt. Doch in Deutschland führt die Sportart ein Schattendasein. Letztens gab es allerdings eine hitzige Debatte.

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Kennen Sie Korfball? Und wenn ja, wussten Sie, dass es in Berlin nur eine einzige Möglichkeit gibt, Korfball zu spielen, während es in den Niederlanden rund 90.000 aktive Spielerinnen und Spieler gibt?

Und wer hätte gedacht, dass ausgerechnet diese Randsportart in den sozialen Medien für eine hitzige Debatte sorgt. „Korfball ist ein Kacksport“, tönte Moderator Micky Beisenherz vor einiger Zeit und es dauerte nicht lange, bis Korfballer aus der gesamten Republik ihm ordentlich Paroli boten. Zeit also, einen Blick auf diese Sportart zu werfen.

Korfball wurde 1902 von dem Niederländer Nico Broekhuysen erfunden. Der Name leitet sich vom niederländischen Wort „Korf“ ab, was Korb bedeutet. Es gibt einige Parallelen zum Basketball, allerdings wird der Ball in einen höher angebrachten Korb geworfen, der kein Brett hat.

Was Korfball von allen anderen Sportarten signifikant unterscheidet, ist die Tatsache, „dass es die einzige Sportart auf der Welt ist, die ausschließlich in gemischten Teams gespielt wird“, sagt Joern Stoever, der seit 1994 eine offene Korfball-Trainingsgruppe leitet, die über den Hochschulsport der FU Berlin organisiert wird.

Was diesen Sport vor allem auch für den Schulsport interessant macht, weiß Fabian Rodenbach, Erster Vorsitzende des Vereins zur Förderung des Korfballspiels. Er selbst hat mit zwölf Jahren das erste Mal einen Korfball in die Hand genommen, seiner Ansicht nach liegt der sportliche Reiz nicht nur in der Schnelligkeit, sondern vor allem darin, dass mit gemischten Teams und weitestgehend kontaktarm gespielt wird.

Stoever nennt noch mehr Vorteile: „Beim Korfball gibt es keine Alleingänge. Man kann sich nicht den Ball schnappen und einfach losrennen, sondern ist auf das Zusammenspiel angewiesen.“ Die Regel schreibt vor, dass derjenige, der im Ballbesitz ist, lediglich einen Sternschritt machen darf und den Ball dann abgeben oder auf den Korb werfen muss. Damit liegt der Fokus auf der taktischen Raffinesse der Mannschaften und auf dem schnellen Passspiel.


Regelwerk gleicht körperliche Unterschiede aus

Interessanterweise dürfen Männer nur Männer und Frauen nur Frauen verteidigen, was für ein ausgewogenes Spiel sorgt. Stoever fügt hinzu: „Durch die besonderen Regeln ist es nicht möglich, dass eine Person das Spiel dominiert, sagen wir mal, weil er oder sie besonders gut werfen kann. Beim Korfball sind immer alle gefragt.“ Darum eignet sich Korfball auch nicht nur für Kinder, sondern auch für Senioren, denn körperliche Leistungsunterschiede werden durch das besondere Regelwerk ausgeglichen.

Ein Spiel besteht aus zwei Teams mit je vier Frauen und vier Männern, das Spielfeld, das 20x40 Meter misst, ist in zwei Zonen unterteilt – Angriff und Verteidigung. Im Spielverlauf greifen die vier Spieler und Spielerinnen der einen Mannschaft auf einer Seite an und versuchen auf den gegnerischen Korb zu werfen, während auf der anderen Hälfte die vier anderen Spieler der Mannschaft versuchen, den Angriff des gegnerischen Teams zu verhindern beziehungsweise zu verteidigen. Der Korb, in den der Ball gespielt werden muss, hängt auf einer Höhe von 3,5 Metern.

Eine besondere Herausforderung ist, dass im Laufe des Spiels die Positionen regelmäßig gewechselt werden, Angreifer werden zu Verteidigern und umgekehrt. Das erfordert nicht nur Ausdauer, sondern auch eine besondere Flexibilität.

Ziel des Spiels ist es, möglichst viele Körbe in den gegnerischen Korb zu werfen, wobei eine weitere Regel das gar nicht so einfach macht, denn wenn jemand direkt vor dem Angreifer oder der Angreiferin steht, darf nicht mehr auf den Korb geworfen werden. Fabian Rodenbach sagt, dass man, wenn man mit Kindern und Anfängern spielt, natürlich ein paar Regeln herausnehmen kann, um den Spieleinstieg zu erleichtern.

Herthas ehemaliger Pressesprecher Hans-Georg Felder war Korfball-Nationalspieler.

© imago/Picture Point

Obwohl Deutschland sogar eine eigene Korfball-Nationalmannschaft hat und eigentlich alle, die mit diesem Sport in Berührung kommen, begeistert sind, hat Korfball es schwer, sich in Deutschland zu etablieren. Das bestätigt auch der ehemalige Pressesprecher von Hertha BSC, Hans-Georg Felder, der selbst Nationalspieler war. „Korfball ist ein ästhetischer und weitestgehend harmonischer Sport, der leider in der Öffentlichkeit zu wenig Beachtung findet“, sagt Felder. 

Rund 30 Vereine gibt es, die meisten davon im rheinischen und westfälischen Raum. Dort ist der Spielbetrieb den jeweiligen Landesturnverbänden untergeordnet. Zusätzlich wird in einigen Unistädten und an Schulen gespielt.

30
Korfballvereine gibt es in Deutschland ungefähr.

Die Versuche, in Berlin einen Verein zu etablieren, scheiterten laut Stoever daran, dass zu wenig Nachfrage bestand und es letztendlich niemanden gab, der sich mit Leib und Seele für diesen Sport engagieren und einen Verein aufbauen wollte. „Dazu kommt die Hallen-Situation, die in Berlin sowieso herausfordernd ist. Außerdem braucht man ja auch Mannschaften, gegen die man antritt“, so Stoever. Ein bisschen verwundert scheint er trotzdem darüber, dass so wenig Interesse besteht, obwohl Korfball bei den Niederländern zu den Top-Ten-Sportarten gehört.

Aber nicht nur dort. Auch in Großbritannien, Spanien, Portugal und Taiwan gibt es wachsende Ligen. Weltweit spielen inzwischen mehr als 60 Nationen Korfball. Der internationale Verband IKF organisiert regelmäßig Weltmeisterschaften, europäische Meisterschaften und die Champions League, bei denen die besten Teams der Welt gegeneinander antreten.

Wer in Deutschland einen Verein gründen oder eine Korfball-Mannschaft ins Leben rufen will, kann sich an den Verein zur Förderung des Korfballspiels wenden. Denn Korfball ist auf jeden Fall ein faszinierender, inklusiver Sport, der sowohl körperliche Fitness als auch taktisches Denken fördert. Er bietet eine einzigartige Möglichkeit, Frauen und Männer gemeinsam auf dem Spielfeld zu vereinen und Chancengleichheit im Sport zu leben. Alles in allem also weit weg von dem, was Micky Beisenherz über Korfball denkt.

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