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Bis die Zöpfe fliegen. Nicole Fessel kämpft mit aller Macht.

© dpa

Nordische Ski-WM: Langläufer auf der Krankenstation

Die deutschen Langläufer sind auch wegen gesundheitlicher Probleme nicht mehr so erfolgreich wie früher. Die Frauen-Staffel landete am Donnerstag immerhin auf Platz fünf.

Von Katrin Schulze

Am übelsten hatte es Evi Sachenbacher- Stehle erwischt. Fast den ganzen Winter lang schleppte sie sich nur so durch die Loipen dieser Welt, meist steckte sie irgendwo am Ende des Feldes fest. Eine Nahrungsmittelunverträglichkeit hatte die Langläuferin lahmgelegt, so viel fand man nach wochenlangen Tests und Untersuchungen heraus. Mittlerweile ist die 30-Jährige auf einer speziellen Diät – und auch wieder auf dem Weg zurück nach vorne. Um bei den nordischen Ski-Weltmeisterschaften in Oslo bis in die Spitze zu laufen, reicht die Kraft allerdings noch nicht. Und damit ist Sachenbacher- Stehle in bester Gesellschaft.

Keiner der deutschen Langläufer ist derzeit in Topform, was im Ganzen ein ziemlich tristes Bild ergibt. Im dicken Nebel, der Tag für Tag zuverlässig über dem Skizentrum Holmenkollen sitzt, wartet das Team seit nunmehr neun Wettbewerben auf eine Medaille. Das habe man sich ganz bestimmt anders vorgestellt, wirklich verwundern müsse es allerdings niemanden, findet zumindest Jochen Behle. Schließlich hat der Bundestrainer „solche massiven gesundheitlichen Probleme wie in diesem Winter noch nie erlebt“, nicht in all den neun Jahren, die er das deutsche Team mittlerweile hauptverantwortlich betreut. Sachenbacher-Stehle plagte sich mit Magenproblemen, aber auch beinahe jeder andere von Behles Athleten kränkelte, bei beinahe jedem zwickte es hier und da.

Natürlich kann das neue Leid der Langläufer die – gemessen an der Vergangenheit – dürftigen Leistungen erklären, ein wenig verschleiert es jedoch auch einen Trend. Und dieser zeigt nach einer glänzenden Phase wieder abwärts. Ein paar Sieger früherer Jahre sind verschwunden – und mit ihnen auch ein Stück des alten Ruhmes. Die Letzte, die ihre Karriere beendete, war Claudia Nystad nach der vergangenen, der olympischen Saison. Nystad hatte mit dafür gesorgt, dass die Langläufer für Deutschland bei nordischen Ski-Weltmeisterschaften jahrelang die Medaillenwertung aufpolierten. 2007 gewannen sie einmal Gold, dreimal Silber und zweimal Bronze, zwei Jahre später erreichten sie insgesamt noch vier Medaillen. Im Winter des Jahres 2011 haben die Langläufer dagegen lange wie eine schlechte Karikatur ihrer selbst gewirkt. Momentan sei man nun zumindest wieder „in Schlagdistanz“, wie Jochen Behle es nennt, aber „der letzte Punch fehlt noch“. Während es die Kombinierer nach ähnlichen Problemen in der Saison geschafft haben, rechtzeitig fit zu werden, kämpfen die Laufspezialisten weiterhin um Anschluss.

In der Gemeinschaft sind die Deutschen den Medaillen in Oslo noch am nächsten gekommen. Jens Filbrich und Tim Tscharnke landeten beim Teamsprint am Mittwoch auf Platz vier, die am gestrigen Donnerstag gestartete 4-x-5-Kilometer-Staffel der Frauen mit Stefanie Böhler, Katrin Zeller, Evi Sachenbacher-Stehle und Nicole Fessel kam gut 1:40 Minuten hinter Weltmeister Norwegen auf den fünften Platz – erstmals seit sechs Jahren haben die Frauen damit bei einem Großereignis eine Medaille verpasst. Dass Sachenbacher-Stehle trotzdem „zufrieden mit diesem Ergebnis“ ist, sagt einiges über die Leistungsfähigkeit der Deutschen aus – und über die Ansprüche. Auch Bescheidenheit lässt sich lernen.

Es gab Zeiten, da übte der Bundestrainer gerade an den Frauen heftige Kritik, doch auch der sonst oft impulsive Behle gibt sich inzwischen verteidigend bis sanft. Von Feingefühl beim Training spricht er und davon, dass man Geduld haben müsse. Vor allem mit Evi Sachenbacher-Stehle, die von Krankheiten so schnell nichts mehr wissen will. „Ich fühle mich schon viel besser“, sagte sie. „Hoffentlich ist das Tief endlich überstanden.“

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