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Leidenschaft reicht nicht aus: Union tritt auf der Stelle
Die Berliner verabschieden sich gedanklich aus dem Rennen um die Meisterschaft, haben aber die Teilnahme an der Champions Legue weiter im Kopf. Einfach wird es nicht auf dem Weg dahin.
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Vielleicht war es der Regen. Vielleicht war es die ungünstige Anstoßzeit, die die Ultras vor dem Spiel mit einem Banner kritisierten. So oder so konnte man an den leeren Rängen erkennen, dass viele Wolfsburger am Sonntagabend einfach keine Lust auf Fußball hatten. Was dann auf dem Platz beim 1:1 zwischen dem 1. FC Union und dem VfL Wolfsburg ablief, war in der Tat eher nichts für den Schönwetter-Fan.
Doch Urs Fischer ist eben auch kein Schönwetter-Trainer, und so zeigte er sich zufrieden mit dem hart erkämpften Punkt in der Volkswagen Arena. „Über 90 Minuten gesehen waren wir sicherlich ein bisschen glücklich, aber wenn ich sehe, was die Mannschaft aufgewendet hat, welche Bereitschaft und welche Leidenschaft sie gezeigt hat, dann ist der Punkt nicht unverdient“, sagte der Union-Trainer.
Und warum sollte er das auch anders sehen? Denn auch, wenn sie sich in den letzten Spielen fußballerisch schwertat, spielt Union am Ende immer noch gewissermaßen wie das Spitzenteam, das sie eigentlich nicht sein sollte. In früheren Jahren hätten sie in einer solchen Phase solche Spiele verloren. Nun punkten sie auch in den schweren Phasen weiter, und sind damit noch völlig verdient im Rennen um die Champions-League-Plätze.
Spätestens nach diesem Spiel ist der Startschuss für dieses Rennen auch gefallen. Vor zwei Wochen hielt man noch Schritt mit den ganz Großen und konnte sogar von der Tabellenführung träumen. Nach dem dritten Remis in Folge liegt Union nun punktgleich mit SC Freiburg und RB Leipzig auf dem vierten Platz. Die entscheidenden Wochen der Saison stehen an, und statt Träumerei geht es ab jetzt um harte Rechenspiele.
Über 90 Minuten gesehen waren wir sicherlich ein bisschen glücklich.
Urs Fischer, Trainer Union Berlin
Offiziell ist das überarbeitete Saisonziel eigentlich nur, im nächsten Jahr wieder im europäischen Wettbewerb zu spielen. Hinten nur so halb vorgehaltener Hand spricht man in Köpenick aber längst schon von dem einzigen Wettbewerb, den Union bisher nicht erlebt hat. Die Champions League ist durchaus möglich und nun zählt jeder Punkt.
Am nächsten Sonntag etwa ist Eintracht Frankfurt in der Alten Försterei zu Gast, das aktuell fünf Punkte hinter Union auf Platz sechs lauert. Mit einer Niederlage würde Union wohl erstmals in diesem Jahr wieder aus den Top-Vier fallen und gleichzeitig auch einem weiteren Konkurrenten die Tür zur Champions League aufmachen. Solche Begegnungen sind jetzt nicht mehr nur richtungsweisend, sondern gegebenenfalls auch saisonentscheidend.
Restprogramm geht an die Substanz
Dass es nicht einfach wird, ist man sich auch bewusst. Am Sonntag wies Fischer nochmal auf die kurze Regenerationszeit nach dem Europa-League-Spiel am vergangenen Donnerstag hin, während Stürmer Sven Michel von einem „kräftezehrenden“ Spiel sprach. Vor der sechsten englischen Woche in diesem Kalenderjahr waren in Wolfsburg die Strapazen des Frühjahrs auch klar anzumerken. Niko Gießelmann hatte einen Hustenanfall, während Rani Khedira und Danilho Doekhi mit muskulären Problemen ausgewechselt wurden.
„Es galt dann auch, eine gewisse Vorsicht zu nehmen, weil wir doch in vier Tagen ein wichtiges Auswärtsspiel in Belgien bestreiten“, sagte Fischer dazu, und konnte gerade bei Khedira noch keine Entwarnung anbieten. Bisher blieb Union in dieser Saison von Verletzungen meist verschont, erst vor ein paar Tagen lobte der Trainer in höchsten Tönen die Arbeit der medizinischen Abteilung.
Eine gesunde Mannschaft wird Union in den nächsten Wochen nämlich gut gebrauchen können, sowie auch weiterhin das „nötige Spielglück“, das Fischer oft anspricht. Sollten sie am Donnerstag das Rückspiel gegen Royale Union Saint-Gilloise gewinnen, steht Union im April nochmal ein Monat mit acht Pflichtspielen bevor.
Der Weg in die Champions League wird nicht weniger steinig, und schon jetzt steht Fischers Mannschaft mit ein paar blauen Flecken da. Doch sie sind noch im Rennen, und das allein spricht Bände für ihre Fähigkeiten.
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