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Voll dabei: Lindsey Vonn hat in diesem Winter noch viel vor, deshalb startet sie am Samstag beim Saisonauftakt in Sölden sogar im Riesenslalom.

© Joe Klamar/AFP

Ski-Weltcup in Sölden: Lindsey Vonn kämpft gegen "die alten Herren"

Skirennfahrerin Lindsey Vonn will zeigen, dass sie auch im Duell mit den Männern Paroli bieten könnte. Das gefällt nicht allen Beteiligten.

Von Johannes Nedo

Natürlich stand sie im Rampenlicht. Doch damit ihr auch wirklich die größte Aufmerksamkeit zuteil wurde, setzte Lindsey Vonn auf Details – und überraschende Ankündigungen. Details, weil die amerikanische Skifahrerin am Donnerstag in Sölden bei der Pressekonferenz ihres Ski-Ausrüsters zum Saisonstart als einzige Athletin mit bauchfreiem Shirt auftrat. Alle anderen präsentierten sich im klassischen Sportleroutfit mit großen Sponsorenaufdrucken. Und zur Überraschung aller Zuhörer verkündete Vonn, dass sie zum ersten Mal seit 2012 wieder beim Saisonauftakt am Samstag (13 Uhr/ARD) in Österreich starten werde. Und dann auch noch im Riesenslalom, der ihr sonst gar nicht liegt.

Eigentlich sind ihre Spezialität die Hochgeschwindigkeitsrennen wie Abfahrt und Super-G. Im Riesenslalom datiert ihr bislang letzter Start daher auf Januar 2016. „Ich habe das Gefühl, meine Form ist gut genug, also will ich es probieren am Samstag“, sagte Vonn.

Im Testmodus und auf Rekordjagd

Die 33-Jährige probiert derzeit überhaupt einiges aus. Und damit erzeugt sie großen Wirbel, schon bevor der Winter so richtig begonnen hat. Denn Vonn treibt vor allem ein Ziel an: Sie will unbedingt bei einer Abfahrt gegen die Männer antreten, am liebsten im kanadischen Lake Louise. Dort, wo sie schon 18 Siege errungen hat. Dort, wo sie Klassen besser ist als ihre Gegnerinnen und die Konkurrenz absolut dominiert. „Ich erwarte nicht, dass ich gewinne“, sagt sie. „Das Größte wäre schon, nur die Chance zu bekommen.“ Platz 20 hält sie dennoch für möglich, was immer noch eine sehr forsche Ansage ist.

Andererseits kann sie sich solche Sprüche auch leisten. Vonn ist Olympiasiegerin und Weltmeisterin, viermal triumphierte sie im Gesamtweltcup. Mit 77 Siegen ist sie die erfolgreichste Skirennfahrerin der Weltcup-Geschichte. All das ist ihr aber nicht genug. Als nächstes will sie den Rekord eines Mannes brechen: der Schwede Ingemar Stenmark gewann 86 Rennen. Dann würde sie über allen Skifahrern stehen.

Ein Duell mit den Männern ist für Vonn nur folgerichtig, auch weil sie schon länger mit Männer-Teams trainiert. Seit fünf Jahren fordert sie dies bereits, erntete dafür von den männlichen Athleten und Verbandsverantwortlichen wenig Verständnis. Als „Kasperltheater“ empfände etwa der österreichische Skifahrer Hannes Reichelt den Weltcup, sollte Vonn bei den Männern mitfahren. „Dann kannst du den Frauen-Sport gleich abschaffen“, sagt er.

Vonns frühere Kontrahentin Maria Höfl-Riesch ist allerdings überzeugt, dass Vonn den Männern Paroli bieten kann. „Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass Lindsey so langsam wäre bei den Männern“, sagte Hölf-Riesch der „Stuttgarter Zeitung“. „Auf jeden Fall würde sie sich nicht blamieren. Wahrscheinlich sind die Männer auch deshalb so angesäuert, weil sie das wissen.“

"Wir sind die Pony-Show"

Vonn sieht sich mit ihrem Ansinnen auch als Kämpferin „gegen all die alten Herren, die selbst nie Teil dieses Sports waren. Sie verstehen es nicht. Sie respektieren nicht, wie viel ich erreicht habe.“ Nun ist aber wirklich Bewegung in die Angelegenheit gekommen. Anfang Oktober hatte der US-Skiverband Vonns Wunsch als Antrag beim Weltverband Fis eingereicht. Und die alten Herren beschlossen, zumindest beim nächsten Fis-Kongress im Mai 2018 darüber zu beratschlagen.

Von diesem Etappensieg ließ sich Vonn offenbar etwas blenden. Jedenfalls hob sie ihren Wunsch nach einem Wettkampf gegen die Männer nun an zu einem Kampf für die Gleichberechtigung – und legte nach: „Wir werden zweitklassig behandelt“, sagte sie der schwedischen Zeitung „Aftonbladet“. „Wir sind die Pony-Show und die Männer die Rennpferde. Das ist sehr nervig. Es gibt einen Unterschied, das ist ein Fakt.“

Bei den anderen Athleten kommen solche überhöhten Äußerungen gar nicht gut an. „Lindsey will nur Aufmerksamkeit“, sagt selbst ihre Teamkollegin Mikaela Shiffrin. „Der Geschlechterkampf ist in den USA derzeit ein riesiges Thema. Da will Lindsey die Gunst der Stunde nutzen.“

Vonn hat tatsächlich ein sehr gutes Gespür dafür, wie sie sich am besten ins Gespräch bringt. Und so hält sie die Diskussion über ihr Duell mit den Männern weiter am Laufen. Doch je mehr sie dazu sagt, umso mehr entlarvt sie sich auch. Etwa mit dem Satz: „Es soll kein Witz-Rennen werden, es geht mir um meine persönlichen Ambitionen.“ Genau, es ist ihr Egotrip.

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