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Lizenzunterlagen abgegeben, Mitgliederzuwachs verkündet: Zuspruch für Hertha in unsicheren Zeiten
Der sportliche Abstieg, die Sorge um die Lizenz: Es sind keine einfachen Zeiten für Hertha BSC. Aber es gibt auch positive Neuigkeiten.
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Zeiten der Unsicherheit sind Zeiten der Solidarität. Das zeigt sich gerade auch bei Hertha BSC. Denn unsicherer als im Moment könnten die Zeiten für den Klub kaum sein. Die Berliner sind aus der Fußball-Bundesliga abgestiegen, und ob sie in der kommenden Saison in der Zweiten Liga spielen dürfen, ist noch nicht abschließend geklärt. Immer noch fehlt Hertha die dazu erforderliche Lizenz.
Viele Entscheidungen befinden sich daher weiterhin in der Warteschleife. Der Vertrag mit Trainer Pal Dardai ist zwar ausgehandelt, aber noch nicht unterschrieben. Und auch bei der Zusammensetzung des Kaders sind weiterhin viele Frage offen: Wer kommt? Wer bleibt? Und wer spült durch seinen Verkauf frisches Geld in die leeren Kassen?
Bei Maximilian Mittelstädt herrscht seit Mittwochnachmittag Klarheit. Der Linksverteidiger verlässt Hertha und schließt sich dem VfB Stuttgart an, obwohl er den Vertrag bei den Berlinern erst Anfang des Jahres verlängert hatte. Eine Ausstiegsklausel macht’s möglich. Die Angaben über die Ablöse, die Hertha kassiert, variierten zwischen 800.000 und 2,5 Millionen Euro.
Mittelstädt wechselt zum VfB Stuttgart
Mittelstädt, der aus der Jugend der Berliner stammt, erhält bei den Stuttgartern einen Vertrag bis 2026. „Wir hätten Maxi gerne weiter im blau-weißen Trikot gesehen, aber respektieren seinen Wechselwunsch“, wird Herthas Sportdirektor Benjamin Weber in einer Mitteilung des Vereins zitiert.
Mittelstädt wird nicht der letzte Profi sein, der Hertha in diesem Sommer verlässt. Andere aber bleiben dem Klub treu. Auch und vor allem die Fans. Trotz der sportlich bedenklichen Performance der Mannschaft hat der Klub in der abgelaufenen Saison einen neuen Zuschauerrekord verkünden können. 53.640 Menschen haben im Schnitt die 17 Heimspiele besucht. Nur bei Dortmund, Bayern und Schalke waren es mehr.
Auch bei den Mitgliedern bewegt sich der Klub inzwischen auf Rekordniveau. Bei der Mitgliederversammlung Mitte Mai hat Hertha ihre Zahl mit 46.057 angegeben – so viele waren es noch nie. Und das Wachstum geht weiter. Seitdem der Abstieg der Profis aus der Bundesliga feststeht, hat der Verein nach eigenen Angaben mehr als 1000 Neu-Mitglieder aufgenommen. Heißt: Die 47.000er-Marke ist inzwischen geknackt.
Wie immer gab es auch Austritte, aber allenfalls ein Dutzend Leute hat explizit den Abstieg als Grund dafür genannt. Es war – im Gegenteil – sogar so, dass einige Mitglieder ihren bereits verkündeten Vereinsaustritt wieder storniert haben. Mit der Begründung, sie könnten Hertha in einer solchen Situation doch nicht im Stich lassen.
Auch beim Verkauf der Dauerkarten, der vor gut einer Woche begonnen hat, ist die Resonanz besser als erwartet. In der ersten Verkaufsphase haben die bisherigen Dauerkarteninhaber die Möglichkeit, ihr Abo zu verlängern. Der Rücklauf ist ähnlich groß wie im selben Zeitraum des Vorjahres – und größer als in der Vor-Corona-Zeit.
Dabei werden die Preise für die Dauerkarte trotz des Abstiegs nicht gesenkt. Laut Geschäftsführer Thomas Herrich ist das „aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung sowie der deutlich gestiegenen Mehrkosten“ bei den Heimspielen nicht möglich.
Die Unterlagen wurden fristgerecht eingereicht
Außerdem ist immer noch nicht final entschieden, für welche Liga die Dauerkarten gelten werden: für die Zweite Liga? Die Dritte? Oder doch für die Regionalliga Nordost? Bis zu diesem Mittwoch, 15.30 Uhr, hatte Hertha Zeit, um bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) den Nachweis dafür zu erbringen, dass die kommende Spielzeit finanziell zu bewältigen ist. Die Unterlagen sind inzwischen bei der DFL in Frankfurt am Main eingereicht worden. Fristgerecht.
Größter Knackpunkt war und ist die Anleihe über 40 Millionen Euro, die Hertha im Herbst 2018 aufgelegt hat und deren Rückzahlung im November ansteht. Weil der Klub aber aktuell nicht über die dafür nötigen Finanzmittel verfügt, hat er den Gläubigern vorgeschlagen, die Anleihe um zwei Jahre zu verlängern. Bis zum 19. Juni müssten sie diesem Plan mit Zweidrittelmehrheit zustimmen.
Alternativ konnte Hertha bei der DFL eine Bankbürgschaft über 40 Millionen Euro beibringen. Daran hat der Klub bis zuletzt gearbeitet. Ob erfolgreich oder nicht, ist bisher nicht bekannt.
Den Bescheid der DFL erwartet Hertha zu Beginn der kommenden Woche. Sollte er negativ ausfallen, erhielte der Klub noch eine aufschiebende Frist bis zum 21. Juni. Zu diesem Termin wird dann auch endgültig feststehen, ob die Anleihegläubiger mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit Herthas Plan zugestimmt haben, die Auszahlung der Anleihe um zwei Jahre zu verschieben.
An der grundsätzlichen Zuversicht der Vereinsführung, dass Hertha die Lizenz für die Zweite Liga erhält, hat sich nichts geändert – selbst wenn es im ersten Schritt nicht gelingen sollte. „Das ist wie in der Schule“, hat Präsident Kay Bernstein im Interview mit dem Deutschlandfunk gesagt. „Wir sitzen eine Stunde nach.“
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