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Sag ich doch, ohne Binde spielst du besser. Trainer Pal Dardai im Gespräch mit Fabian Lustenberger.

© Reuters

Herthas Ex-Kapitän spricht wieder: Lustenberger: "Ich habe mich nie verpisst"

Erstmals nach seiner Absetzung als Kapitän von Hertha BSC äußert sich Fabian Lustenberger wieder ausführlich. Und wirkt dabei ganz aufgeräumt.

Fabian Lustenberger hatte die freie Wahl. Er ist als erster auf die Terrasse gekommen und hat sich für einen Platz entschieden, auf dem ihm die Sonne genau ins Gesicht scheint. In seinem Rücken liegt das Mannschaftshotel von Hertha BSC, ein nobles Fünf-Sterne-Haus, mit Turm und Zinnen wie eine mittelalterliche Burg. Fabian Lustenberger hat die Festung verlassen, und das ist durchaus symbolisch zu verstehen. Ein gutes halbes Jahr hat er sich öffentlich nicht mehr geäußert. Wenn er vom Trainingsplatz kam, hat er den Blick starr an den Journalisten vorbei gerichtet oder sich angeregt mit einem Kollegen unterhalten; sämtliche Interviewanfragen hat er abblocken lassen. „Ich glaube, das konnte ich mir rausnehmen“, sagt er. „Ich habe mich nie versteckt oder, extrem gesagt, verpisst.“

Dass trotzdem der Eindruck entstanden ist, er sei ein bisschen beleidigt, hat Fabian Lustenberger nicht gestört.

Ganz falsch war der Eindruck offensichtlich nicht. Im Sommer hat Pal Dardai den Schweizer von einem Tag auf den anderen als Kapitän abgesetzt und stattdessen Vedad Ibisevic das Amt angetragen. „Ich hatte schon ein paar Tage damit zu tun“, sagt Lustenberger – auch weil er von der Entscheidung komplett überrascht wurde. Drei Jahre war er Kapitän, und auf den ersten Blick gab es eigentlich keinen Grund, ihm, dem dienstältesten Spieler bei Hertha, das Amt zu entziehen. Es ist nichts Verwerfliches vorgefallen, Lustenberger hat nichts Schlimmes getan. Dardai erwartete von seinem Kapitän einfach eine etwas extrovertiertere Art der internen Führung.

„Ich habe Lusti gesagt, dass er ohne die Binde ein viel besserer Fußballer für uns ist und er bei mir auch wieder spielen wird. So ist es gekommen“, hat Dardai vor kurzem im Interview mit dem Tagesspiegel gesagt. „Er ist jetzt richtig gut.“ Insofern sei die Entscheidung richtig gewesen. Lustenberger muss lachen, als er gefragt wird, ob er jetzt, ohne Binde ein besserer Fußballer sei. Er habe auch in den drei Jahren als Kapitän nicht schlecht gespielt, antwortet er, „obwohl das zum Teil so rübergebracht wird“.

Und doch ist es eine Tatsache, dass Herthas Trainerteam am Ende der vorigen Saison nicht besonders zufrieden mit ihm war, dass intern sogar über einen kausalen Zusammenhang zwischen seiner Vertragsverlängerung im März (bis 2019) und dem Leistungsabfall in der Rückrunde spekuliert wurde. Gerade als die Mannschaft ihre gute Ausgangslage immer mehr verspielte, hätte sich Dardai von seinem Kapitän mehr Widerstandsfähigkeit erhofft. Doch auch oder gerade Lustenberger konnte der Mannschaft nicht den nötigen Halt geben.

Im Mittelfeld bekommt er "ein bisschen mehr Action"

Das ist in der Hinrunde der laufenden Saison wieder anders gewesen. Dass die Berliner in der Fußball-Bundesliga als Tabellendritter überwintern, daran hatte auch der 28 Jahre alte Lustenberger seinen Anteil. „Ich habe die richtige Reaktion gezeigt mit meinen Trainingsleistungen, deshalb bin ich auch zurückgekommen“, sagt er. Die Spekulationen, dass er nie mehr eine exponierte Rolle bei Hertha spielen würde, haben sich schnell als hinfällig erwiesen. In 13 der 16 bisherigen Saisonspiele stand Lustenberger auf dem Platz, und das immer in der Startelf. Zweimal war er verletzt, nur gegen den FC Augsburg verzichtete Dardai freiwillig auf ihn – weil er gegen die robusten Augsburger mehr Körperlänge auf dem Feld haben wollte.

Herthas Trainer zählt Lustenberger längst wieder zu den Leistungsträgern; und anders als einige seiner Vorgänger sieht er ihn nicht als Innenverteidiger, sondern wieder explizit im defensiven Mittelfeld – „weil er das Spiel lesen kann“. Auch Lustenberger spielt auf dieser Position mittlerweile lieber, weil dort „ein bisschen mehr Action“ ist. An die größere körperliche Belastung im Mittelfeld hat er sich inzwischen wieder gewöhnt. Anfangs hatte Dardai nach 70 Minuten oft das Gefühl, dass er Lustenberger vom Platz nehmen müsse, „aber er hat es gut hingekriegt“.

Wie im Kleinen gilt das auch im Großen. „Bestimmt wird er das nie ganz runterschlucken“, sagte Dardai über Lustenbergers Absetzung als Kapitän. Das sei menschlich. Wichtig ist nur, dass der Ärger nicht auf seine Leistung abstrahlt, zumindest nicht negativ. Dardai hat sogar psychologischen Rat eingeholt, wie die Angelegenheit am besten zu handhaben sei, damit bei seinem bisherigen Kapitän keine Verletzungen zurückbleiben. Auf die leichte Schulter hat Herthas Trainer die Sache nicht genommen. „Puh“, sagt Fabian Lustenberger, „ich weiß nicht, wie leicht oder schwer ihm das gefallen ist. Er hat mir die Chance wieder gegeben, und die habe ich genutzt. Das ist das Entscheidende für mich.“

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