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Bundestrainer Julian Nagelsmann gestikuliert am Spielfeldrand beim Spiel gegen die Niederlande in der Nations League.

© dpa/Tom Weller

Man muss es auch wollen: So profitiert das DFB-Team von der Nations League

Die Nations League ist hierzulande lange für entbehrlich gehalten worden. Das hat sich unter Bundestrainer Nagelsmann geändert. Zum Vorteil für die Nationalmannschaft.

Stefan Hermanns
Ein Kommentar von Stefan Hermanns

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Auch erfolgreiche Bundestrainer sind vor historischen Irrtümern nicht gefeit gewesen. Sepp Herberger zum Beispiel, der Vater des Wunders von Bern, hat Anfang der sechziger Jahre vehement gegen die neu eingeführte Europameisterschaft für Fußball-Nationalmannschaften gewettert. Er hielt den Wettbewerb für sportlich wertlos und hat sich daher entschlossen gegen eine Teilnahme der Deutschen gewehrt.

Als die Nationalmannschaft dann 1968 unter Herbergers Nachfolger Helmut Schön erstmals für die EM meldete, scheiterte sie bereits in der Qualifikation. Durch ein 0:0 gegen Albanien.

Was für Herberger die Europameisterschaft, das war für Joachim Löw die Nations League: nicht wichtig und daher so vernachlässigenswert, dass die erste Teilnahme der Deutschen mit dem sportlichen Abstieg aus der ersten Division endete (der nur durch eine Reform des Wettbewerbs noch abgewendet wurde).

Löw hat mit seinen Vorbehalten gegen den Wettbewerb tatsächlich lange stilbildend gewirkt. Hierzulande war die Nations League ähnlich beliebt wie eine Prophylaxebehandlung beim Zahnarzt oder der Termin für den Reifenwechsel im Herbst. Muss halt sein.

Entsprechend sind auch die Ergebnisse für die Nationalmannschaft ausgefallen. Mehr als die Gruppenphase war bisher nicht drin. Bis Montagabend.

Wir wollen es wieder selbstverständlicher gestalten, dass wir Spiele gewinnen. Ich habe das Gefühl, das passiert gerade.

Joshua Kimmich, Kapitän der Nationalmannschaft

Nach dem überzeugenden 1:0-Erfolg gegen die Niederlande haben die Deutschen unter Löws Nach-Nachfolger Julian Nagelsmann sogar schon zwei Spiele vor Ende der Gruppenphase die Qualifikation für das Viertelfinale sicher – weil die Mannschaft und allen voran der Bundestrainer diesen Wettbewerb zum ersten Mal richtig ernst genommen haben. Man muss es eben auch wollen.

Und Nagelsmann will. Nach dem unglücklichen Ausscheiden bei der EM gegen Spanien und mit Blick auf die WM in zwei Jahren hat er immer wieder die besondere Bedeutung der Nations League hervorgehoben. Der Wettbewerb ist für die zuletzt wenig erfolgreichen deutschen Fußballer der beste Weg, um wieder siegen zu lernen. Und das gelingt der Nationalmannschaft zunehmend besser.

„Wir wollen es wieder selbstverständlicher gestalten, dass wir Spiele gewinnen“, hat Joshua Kimmich, der Kapitän des Teams, nach dem Erfolg gegen Holland gesagt. „Ich habe das Gefühl, das passiert gerade.“

Die Spanier sind das Vorbild

Die Spanier dienen den Deutschen dabei als gutes Beispiel. Erst haben sie 2023 die Nations League gewonnen, dann – aus dem Gefühl der Stärke heraus – 2024 auch die Europameisterschaft.

Dieses Gefühl entwickelt sich gerade auch bei den Deutschen. „Ich habe in der Nations League noch in keinem Spiel das Gefühl gehabt: Es ist egal, ob wir gewinnen oder ob wir nicht gewinnen“, sagte Julian Nagelsmann, der vor genau einem Jahr sein Debüt als Bundestrainer gefeiert hat. „Das ist schon ein großer Fortschritt.“

Zwei Gruppenspiele stehen für die Deutschen im November noch an, erst gegen Bosnien-Herzegowina, dann in Ungarn. Auf den ersten Blick geht es um nicht mehr viel, weil die Qualifikation fürs Viertelfinale bereits geschafft ist. Auf den zweiten Blick aber geht es um die Verstetigung des erfreulichen Trends: Ein echtes Siegerteam, das die Nationalmannschaft erst noch werden will, siegt auch, wenn die Umstände misslich sind.

Seine Spieler hätten „Lust zu gewinnen“, hat Nagelsmann nach dem 1:0 gegen Holland gesagt. „Das müssen wir weiter machen.“ Es besteht die berechtigte Hoffnung, dass es sich bei solchen Aussagen in diesem Fall nicht nur um hohle Phrasen handelt.

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