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„Zeit im Leben vergeht viel zu schnell“: Jaron Siewerts bewegende Geschichte zum Meistertitel mit den Füchsen
Obwohl er als Spieler beachtliche Erfolge vorweisen konnte, entschied sich Siewert früh für eine Trainerlaufbahn. Erst 2022 erlitt er einen Schlaganfall – nun ist er der erfolgreichste Coach des Vereins.
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Jaron Siewert war gerade als „Trainer der Saison“ ausgezeichnet worden, als er betonte, dass er diese Ehrung jederzeit gegen die Meisterschaft eintauschen würde. Wenige Tage später steht fest: Dieser Tausch ist nicht nötig – seit Sonntag hält er beide Titel in den Händen.
Mit gerade einmal 31 Jahren ist er nicht nur der jüngste Cheftrainer der Handball-Bundesliga, sondern längst auch einer der erfolgreichsten. Doch wer ist eigentlich der Mann, der seit 2020 bei den Füchsen Berlin an der Seitenlinie steht?
In Berlin geboren, in Berlin zum Handball gekommen, in Berlin seine sportlichen Höhepunkte erlebt – Jaron Siewert und die Hauptstadt gehören einfach zusammen. Seit seiner Kindheit spielte Siewert Handball bei den Reinickendorfer Füchsen, wurde in der B- und A-Jugend viermal Deutscher Jugendmeister.
Seine Teamkameraden damals: Paul Drux und Fabian Wiede. „Ich denke immer noch an seine langen Haare, die er damals getragen hat“, scherzt Drux. Beide kennen sich inzwischen seit 14 Jahren. Auch in die Junioren-Nationalmannschaft schaffte es Siewert und holte 2012 Bronze bei der U18-EM.
Sein Talent, Dinge zu erkennen, war noch größer als das, Dinge umzusetzen.
Bob Hanning, Geschäftsführer der Füchse, über Trainer Jaron Siewert
Obwohl er als Spieler schon beachtliche Erfolge vorweisen konnte, entschied sich Siewert früh für eine Trainerlaufbahn. Füchse-Geschäftsführer Bob Hanning war es, der ihn dazu ermutigte – und ihm als Coach eine noch größere Karriere prophezeite. „Sein Talent, Dinge zu erkennen, war noch größer als das, Dinge umzusetzen“, sagte Hanning einmal über den jungen Siewert. Also beendete dieser mit Anfang 20 seine aktive Karriere.
Siewert war zunächst lange Jugendtrainer
Er coachte zunächst bei den Füchsen sämtliche Jugendaltersklassen. Von da an war er immer „der Jüngste“. 23 Jahre war er alt, als er 2017 den damaligen Zweitligisten TuSEM Essen übernahm und diesen 2020 als jüngster Bundesligatrainer in die Bundesliga führte. Im selben Sommer kehrte er dann nach Berlin zurück – initiiert von seinem Mentor Hanning.

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Noch heute ist Siewert der jüngste Cheftrainer in der Handball-Bundesliga. Und das, obwohl er seinen Job mittlerweile seit acht Jahren macht. Vergleiche mit Julian Nagelsmann hat er schon zig-fach gehört. Für ihn persönlich spielt das Alter keine Rolle, ihm ist nur eins wichtig: „Ich hoffe, dass ich nicht nur der jüngste Trainer bin, sondern auch der jüngste erfolgreiche.“
Der Wunsch hat sich erfüllt. Seit Sonntag ist Siewert nun offiziell Meistertrainer, nachdem er mit den Füchsen in seiner fünften Saison den Titel holte – als jüngster Coach aller Zeiten. Völlig berechtigt hat er also auch die persönliche Auszeichnung als bester Trainer erhalten. Das findet auch Mathias Gidsel. „Das ist sehr verdient. Jaron ist ein absoluter Zukunftstrainer, für unsere Mannschaft und für Deutschland“, sagt der Welthandballer.
Siewert selbst gibt sich gewohnt bescheiden. Auf die Ehrung angesprochen dankt er zunächst seiner Frau Lina, mit der er zwei Söhne hat. Auch der restliche Trainerstab und die Mannschaft blieben nicht unerwähnt. „Würden wir nicht so erfolgreich spielen, wäre ich sicherlich kein Kandidat dafür gewesen“, glaubt er.

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Da mag etwas dran sein. Aber der Erfolg geht schließlich maßgeblich auf ihn zurück. „Er hat natürlich einen großen Anteil. Er hat in den letzten Jahren viel mit der Mannschaft gearbeitet und entscheidend am Wachsen dieses Teams gearbeitet“, sagt Drux.
Vor drei Jahren erlitt Siewert einen Schlaganfall
Wegbegleiter beschreiben Siewert als einen „tadellosen Menschen“, der die „Mannschaft zusammenhält“, wie es Sport-Vorstand Stefan Kretzschmar formuliert. Paul Drux nennt ihn „ruhig und analytisch, mit sehr viel Humor und Herz“. Bob Hanning spricht ihm eine hohe Sozialkompetenz zu und die Fähigkeit, Menschen zu verbinden und sich aus dem Mittelpunkt zu nehmen.
Mit akribischer Arbeit, großem Handballsachverstand und Feingefühl schafft er es, Weltstars wie Mathias Gidsel und junge Eigengewächse wie Nils Lichtlein und Tim Freihöfer zusammenzuführen.
Doch die Karriere verlief nicht immer geradlinig. Im Sommer 2022 musste Siewert nach einem Schlaganfall eine schwere persönliche Prüfung bestehen. Dass er sich davon nicht hat unterkriegen lassen, macht seine Geschichte umso beeindruckender.
Seitdem genießt Siewert den Moment. „Das vergisst man zu häufig. Die Zeit im Leben vergeht viel zu schnell“, sagt er nach der gewonnenen Meisterschaft. Aber fertig ist er noch lange nicht. Auf die Frage, was als Nächstes kommen soll, antwortet er knapp: „Mehr Titel!“
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