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Innenverteidiger Marton Dardai (links) und Torhüter Tjark Ernst sind zwei Garanten für die defensive Stabilität von Hertha BSC.

© IMAGO/O.Behrendt

Nach dem Ende der Hinrunde: Das sind die großen Gewinner bei Hertha BSC

Nach einem zähen Start in die Saison hat sich Hertha noch rechtzeitig gefangen. Das liegt neben der Geschlossenheit als Team auch an den Leistungen einzelner Spieler.

Stand:

Den meisten Fußballtrainern ist der Kult um einzelne Spieler nicht ganz geheuer. Da macht auch Stefan Leitl keine Ausnahme. Im Gegenteil. Der Trainer von Hertha BSC hat den Teamgedanken vor kurzem, nach dem berauschenden 6:1-Erfolg seiner Mannschaft im DFB-Pokal gegen den 1. FC Kaiserslautern, sogar noch entscheidend erweitert.

„Den allerbesten Job haben die Jungs gemacht, die heute gar nicht zum Einsatz kamen – weil sie sich total mit dieser Mannschaft identifizieren und sie total supportet haben“, sagte Leitl. „Deswegen sind das meine Spieler des Spiels.“

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Hertha in den besten Momenten der Hinrunde vor allem als Team funktioniert hat. Eine einzige, alle anderen überstrahlende Figur hat es bei den Berlinern dieses Mal nicht gegeben. Trotzdem küren wir vier Gewinner der Hinrunde – aus jedem Mannschaftsteil einen.


Tjark Ernst

Tjark Ernst erhob keine Einwände. „Ähnlich“ hatte er den letzten Schuss des Jahres 2025 auf sein Tor erlebt – als unhaltbar nämlich. „Trifft er sehr gut. Schlägt im langen Eck ein“, sagte Herthas Torhüter über den Versuch von Stefano Russo, der für die Berliner schmerzhafte Folgen hatte: Statt mit einem durchaus möglichen Sieg endete die Hinrunde für sie mit einem frustrierenden 1:1 gegen Arminia Bielefeld.

Gerade bei hohen Bällen, in der vergangenen Saison noch eine seiner großen Schwächen, hat sich Tjark Ernst enorm verbessert.

© imago/Matthias Koch/imago/Matthias Koch

Den vorletzten Schuss, den Ernst im Jahr 2025 auf sein Tor bekam, den des Bielefelders Eyyüb Yasar nur Sekunden zuvor, hatten die meisten Beobachter ähnlich klassifiziert – als ebenfalls unhaltbar eben. Doch Ernst flog in maximaler Flughöhe durch die Luft, streckte jeden Zentimeter seines Körpers und lenkte den Ball über die Latte.

Herthas Fans jubelten, als hätte ihre Mannschaft ein Tor geschossen, und der Stadionsprecher brüllte Ernsts Namen ins Mikrofon.

Für Herthas Torhüter war es die 57. Parade der Hinrunde. Und das ist nur einer seiner vielen Top-Werte. Ernst wehrte 78 Prozent der Schüsse auf sein Tor ab, er fing neun von zehn Flanken ab, spielte in der Liga neunmal zu null – und zwei weitere Male im Pokal.

Nimmt man den Expected-Goals-Wert (xG) zum Maßstab, der anhand der Chancenqualität berechnet, wie viele Tore eine Mannschaft nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit hätte schießen müssen, dann hat Ernst zehn Gegentreffer verhindert: 16 Tore hat er in 17 Spielen kassiert. Laut xG-Wert hätten es 25,86 sein müssen.

Tjark Ernst war nicht nur Herthas konstantester Spieler der Hinrunde. Der 22-Jährige ist wohl auch der derzeit beste Torhüter der Zweiten Liga. Das ist schon insofern bemerkenswert, als die vergangene Saison für ihn alles andere als überragend verlaufen ist. Zwischenzeitlich hatte Ernst sogar seinen Stammplatz an Marius Gersbeck verloren.

Solche Schwankungen sind gerade bei jungen Torhütern nicht ungewöhnlich. Selbst Marc-André ter Stegen oder Manuel Neuer haben solche Phasen zu Beginn ihrer Karriere erlebt. Die entscheidende Frage lautet: Wie arbeiten sie sich aus einem solchen Tief wieder heraus? Bei Tjark Ernst lautet die Antwort: auf eine überragende Art und Weise.


Marton Dardai

Am vierten Spieltag war Marton Dardai am Tiefpunkt angekommen. Hertha spielte zu Hause gegen die SV Elversberg, lag nach der ersten Halbzeit 0:1 hinten, und als beide Teams nach der Pause aufs Feld zurückkehrten, war der Ungar nicht mehr dabei.

Marton Dardai hat sich zu einer verlässlichen Größe in Herthas Viererkette entwickelt.

© IMAGO/Matthias Koch

Dass er überhaupt von Anfang an hatte spielen dürfen, verdankte Dardai allein dem Pech seines internen Konkurrenten Niklas Kolbe, der in der Woche zuvor erstmals an seiner Stelle in der Anfangsformation gestanden hatte. Doch Kolbe verletzte sich bei seinem Startelfdebüt. Dardai kehrte gegen Elversberg ins Team zurück, verursachte mit einem Fehler früh das 0:1 und wurde ebenfalls früh ausgewechselt.

Was seitdem passiert ist, das hätten wohl die wenigsten für möglich gehalten: Marton Dardai, in den ersten Spielen der Saison ungewohnt fahrig und dadurch ein echtes Sicherheitsrisiko für sein Team, hat sich im Verlauf der Hinrunde zu einer verlässlichen Größe in Herthas Viererkette entwickelt. Kolbe, der Ende August drauf und dran war, Dardai aus der Startelf zu verdrängen, muss sich längst wieder mit der Rolle des Herausforderers begnügen.

„Marton ist absolut gesetzt“, sagt Leitl über den Innenverteidiger, der mit 23 Jahren bereits seine sechste Profisaison für Hertha spielt. „Er ist ein fantastischer Spieler, von dem ich seit dem Anfang meiner Zeit hier total überzeugt war. Für mich ist Marton einer der besten Innenverteidiger dieser Liga.“

Marton hat sich das schon sehr zu Herzen genommen und ist vielleicht auch ein bisschen ins Grübeln gekommen.

Herthas Trainer Stefan Leitl über Dardais Formkrise zu Saisonbeginn

Zu Beginn der Saison hat Dardai dieses Vertrauen nicht rechtfertigen können. Trotzdem hat Leitl den ungarischen Nationalverteidiger auch in schwieriger Zeit immer gestützt und ihn nicht fallen lassen.

„Marton hat sich das schon sehr zu Herzen genommen und ist vielleicht auch ein bisschen ins Grübeln gekommen“, erzählt Herthas Trainer. „Aber wir haben ihm immer wieder gesagt, was wir an ihm haben und welchen Input er dieser Mannschaft geben kann.“ Trotzdem lag es laut Leitl vor allem an Dardai selbst, „dass er jetzt wieder in der Verfassung ist, in der wir ihn brauchen“.


Kennet Eichhorn

Manchmal ist Kennet Eichhorn tatsächlich nur ein ganz normaler 16-Jähriger. Letztens zum Beispiel, beim Training von Hertha BSC. Genauer gesagt nach dem Training. Die Spieler zerstreuten sich über die beiden verfügbaren Plätze, um noch individuell zu üben – und Eichhorn trottete seinen Kollegen hinterher, um die orangefarbenen Trainingsleibchen einzusammeln. Diese niederen Dienste sind traditionell Aufgabe der Jüngsten im Kader.

Kennet Eichhorn hat sich mit erst 16 Jahren bereits einen Stammplatz bei Hertha BSC erkämpft.

© imago/kolbert-press/IMAGO/kolbert-press/Martin Agüera

Angesichts der Reife, die Kennet Eichhorn als Fußballer ausstrahlt, kann man das schnell vergessen: dass er nicht nur der Jüngste bei Hertha ist, sondern es wohl auch noch eine Zeit lang bleiben wird. Im Sommer, in der Vorbereitung auf die neue Saison, war er sogar noch zu jung, um für den Zweitligisten zu spielen. Das darf Eichhorn erst seit dem 27. Juli; dem Tag, an dem er seinen 16. Geburtstag gefeiert hat.

Als „herausragendes Talent“ hat Herthas Trainer Leitl den Mittelfeldspieler gerade erst wieder bezeichnet. Aber im Grunde ist Eichhorn über den Status des Talents bereits hinausgewachsen. Kraft seiner Klasse ist er längst vollwertiges Kadermitglied, eigentlich sogar die Nummer eins im bei Hertha üppig besetzten zentralen Mittelfeld.

Als Eichhorn im Spiel gegen Magdeburg wegen seiner fünften Gelben Karte fehlte, haben viele darin den Grund gesehen, warum Hertha nach sieben Siegen nacheinander erstmals wieder eine Niederlage kassierte. Tatsächlich scheint der Teenager fast schon unersetzlich zu sein. Die Frage ist inzwischen nicht, ob Eichhorn spielt. Die Frage ist: Welcher der beiden Routiniers – Diego Demme oder Paul Seguin – spielt neben ihm?

Was der Junge kann, ist erstaunlich. Er ist klar im Kopf, null abgehoben. Ich bin mir sicher, Hertha wird mit ihm noch viel Freude haben.

Herthas Trainer Stefan Leitl zu Saisonbeginn über Kennet Eichhorn

Am vierten Spieltag ist Eichhorn zum letzten Mal von der Bank gekommen. Seitdem hat er, wenn er denn spielen konnte und durfte, immer von Anfang an gespielt. Auf dreizehn Pflichtspieleinsätze kommt er in dieser Saison bereits, elfmal stand er in der Startelf. „Was der Junge kann, ist erstaunlich“, hat Trainer Leitl gesagt. „Er ist klar im Kopf, null abgehoben. Ich bin mir sicher, Hertha wird mit ihm noch viel Freude haben.“

Viele sind sich da inzwischen nicht mehr ganz so sicher. Sie fürchten nämlich, dass Kennet Eichhorn schon bald die nächste Herausforderung suchen könnte, weil Hertha ihm bereits zu klein geworden ist.


Luca Schuler

Luca Schuler war in der Hinrunde Herthas bester Torschütze.

© imago/Matthias Koch/IMAGO/Sebastian Räppold/Matthias Koch

Luca Schuler hob erst drei Finger in die Höhe, dann fünf, und schließlich machte er das Zeichen, mit dem im Fußball ein möglicher Wechsel angezeigt wird. Drei bis fünf Minuten schaffe ich noch, hieß das, dann muss ich raus.

Im Auswärtsspiel bei Greuther Fürth hatte Schuler gerade das 3:2 seiner Mannschaft erzielt, eine gute halbe Stunde war noch zu spielen, aber mit seiner Kraft war er nun bereits an seinem Ende angelangt.

Herthas Mittelstürmer kommt aus einer langen Verletzung; mehrere Monate ist er ausgefallen, dadurch hat er unter anderem die komplette Sommervorbereitung verpasst. Die Folgen wirken bis heute nach: Luca Schuler hat in den vergangenen Wochen vieles aufgeholt. Bei hundert Prozent aber ist er immer noch nicht.

Doch gerade das lässt seine Hinrundenwerte in einem noch etwas helleren Licht erstrahlen.

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Pflichtspieltore hat Luca Schuler in der Hinrunde erzielt.

Im Sommer – nach einer unbefriedigenden Premierensaison in Berlin – galt Schuler eher als potenzieller Abgang denn als fest eingeplante Arbeitskraft für den Berliner Angriff. Die Rolle als Stürmer Nummer eins war für Dawid Kownacki reserviert, den Hertha für diese Saison (inklusive einer verpflichtenden Kaufoption im Falle des Aufstiegs) vom Bundesligisten Werder Bremen ausgeliehen hat.

Dass Luca Schuler jetzt im Winter Herthas bester Torschütze ist, sagt natürlich auch etwas über die Probleme im Angriff der Berliner. Ihnen fehlt ein Stürmer, der trifft und trifft, so wie Simon Terodde früher. Gerade für einen Anwärter auf den Aufstieg ist das eigentlich unerlässlich.

Gemessen daran ist Schulers persönliche Bilanz allenfalls ordentlich, aber sicher nicht überragend. Fünf Tore hat er in der Liga erzielt, dazu zwei im Pokal. Immerhin hat der 26-Jährige damit seinen bisherigen Bestwert eingestellt. In der Saison 2023/24 erzielte er für den 1. FC Magdeburg ebenfalls sieben Tore. Allerdings nicht nur in der Hinrunde, sondern in der kompletten Spielzeit.

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