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Zwischen 1998 und 2006 spielte Bernd Hollerbach für den HSV, nun soll er ihn als Trainer vor dem ersten Bundesliga-Abstieg bewahren.

© Daniel Karmann/dpa

Update

Nach Entlassung von Markus Gisdol: Bernd Hollerbach ist neuer Trainer beim Hamburger SV

Der Hamburger SV hat einen neuen Trainer. Nach der Entlassung von Markus Gisdol bestätigte der Verein am Montag, dass Bernd Hollerbach die schwierige Mission Klassenerhalt übernimmt.

Es war ein Abgang mit Stil – aber das hatte man von Markus Gisdol auch nicht anders erwartet. Er verzichtete auf Vorwürfe oder Seitenhiebe, kritisierte weder die Mannschaft noch Sportchef Jens Todt, wofür es genug Anlass gegeben hätte. Nur an die Schwere der Aufgabe hat Gisdol in seinen letzten Sätzen als Cheftrainer des Hamburger SV erinnert, ehe er am Sonntag entlassen wurde: „Es war vom ersten Tag an eine unglaublich schwierige und intensive Zeit.“

Mindestens genauso intensiv dürften die kommenden Monate für Bernd Hollerbach werden. Der frühere Spieler des HSV trat am Montag Gisdols Nachfolge an und erhält einen Vertrag bis 2019. Hollerbach solle „neue Impulse setzen“, sagte der HSV-Vorstandsvorsitzende Heribert Bruchhagen, „es geht allein darum, was das Beste für den HSV ist“.

Wirklich überraschend kam die Trennung von Markus Gisdol am Morgen nach dem entlarvenden 0:2 gegen den 1. FC Köln natürlich nicht mehr. Es ist eine Freistellung mit Vorgeschichte, denn Gisdol selbst soll sich in dieser Saison schon zweimal gewundert haben, weitermachen zu dürfen – als zwischen Anfang September und Ende Oktober acht Spiele nicht gewonnen wurden. Und dann nochmal am letzten Hinrundenspieltag, nach dem 1:3 in Gladbach. Es gab diese beiden Zeitpunkte, an denen Vorstandschef Heribert Bruchhagen genug Argumente gegen den 48 Jahre alten Schwaben hatte, um ihn zu entlassen. Doch Bruchhagen ist einer, der so lange wie möglich am Trainer festhält, weil er an Stetigkeit als oberste Maxime glaubt. Und hatte Markus Gisdol nicht nachgewiesen, der richtige Mann für die Rothosen zu sein? Ganz Hamburg lag sich im Mai 2017 in den Armen, als Gisdol in Luca Waldschmidt den Siegtorschützen gegen Wolfsburg einwechselte. Daraufhin sollte beim (wieder einmal) geretteten HSV alles besser werden.

Ausgecoacht. Markus Gisdol war nach der 0:2-Heimniederlage seiner Hamburger gegen Köln nicht mehr zu halten.
Ausgecoacht. Markus Gisdol war nach der 0:2-Heimniederlage seiner Hamburger gegen Köln nicht mehr zu halten.

© Fabian Bimmer/Reuters

Neben dem laufintensiven Pressing wollte Gisdol eine zweite Spielweise einstudieren; Ballbesitzfußball, um gegen Teams, die tief stehen oder ähnlich früh attackieren, wie es der HSV in den erfolgreichen Heimspielen der vergangenen Rückrunde tat, besser zurecht zu kommen. Gisdol stellte eine Liste auf mit ballsicheren Spielern, die er gern gehabt hätte, und legte sie der Vereinsführung vor. Verbunden war damit die Warnung, dass der aktuelle Kader nicht mehr als eine nächste Saison im Abstiegskampf hergebe. Zambrano hätte Gisdol gern geholt, Stafylidis auch, dazu mindestens einen torgefährlichen Mittelfeldspieler wie Mehmedi. Den Stürmer André Hahn wollte er schon weniger. Er hätte sich auch eine klare Nummer eins im Tor gewünscht, bekam in Julian Pollersbeck aber einen jungen Keeper, der ähnlich mittelmäßig wie Christian Mathenia ist.

Hollerbach spielte zwischen 1998 und 2006 197 Mal für den HSV

Es ist nirgendwo so, dass ein Trainer alles bekommt, was er sich wünscht. Aber aus verschiedenen Gründen wurden Gisdols Wünsche gar nicht erfüllt, was damit zusammenhängt, dass damals noch Financier Klaus-Michael Kühne mitbestimmte. Aber eben auch damit, dass Sportchef Todt eine schlechte Bilanz vorzuweisen hat, in der vergangenen und der aktuellen Transferphase und zwar bei den Ein- wie den Verkäufen.

So stand Gisdol mit der enttäuschenden Erkenntnis da, dass seine Warnungen verhallten. Er machte also mit dem bestehenden Kader weiter, was dazu führte, dass wechselwillige oder aussortierte Profis wie Douglas Santos, Walace oder Lewis Holtby dabei blieben – im Falle von Santos sogar zu Stammspielern wurden. Und während die Konkurrenz im Abstiegskampf munter und zielgerichtet einkaufte, schauten in Hamburg alle nur zu und hofften, dass die Mannschaft die Kraftakte der Vorsaison wiederholen würde. Es war fatal für die Moral und muss es auch für sein Ansehen im Verein sein, dass Todt in diesen ersten Januarwochen keine Verstärkungen beschaffte. Und wofür sonst ist ein Sportchef da? Das war ihm vor einem Jahr mit Papadopoulos und Mavraj noch ganz entscheidend gelungen.

Nun soll Bernd Hollerbach den HSV vor dem Abstieg retten. Drei Jahre lang hat „Holler“ bei den Kickers Würzburg nachgewiesen, kein Schleifer, sondern ein guter Trainer zu sein. Zwei Aufstiege gelangen, sogar in der Spitzengruppe der zweiten Liga stand der Klub, ehe Hollerbach nach dem Abstieg in die Dritte Liga im Mai 2017 zurücktrat.

197 Mal spielte Hollerbach zwischen 1998 und 2006 für den HSV; es war oft schmerzhaft, auf ihn zu treffen. Der Ton wird gewiss rauer werden beim HSV. Gisdol war ein distanzierter Trainer, ein Kumpel ist auch Hollerbach nicht, aber die Elemente kämpfen und laufen werden unter ihm gewiss nicht unterrepräsentiert sein. Im Abstiegskampf sind das nicht die schlechtesten Eigenschaften.

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