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Sport: Nach oben gepfiffen

Hinter dem Berliner Schiedsrichter Daniel Siebert liegt eine erfolgreiche erste Saison in der Fußball-Bundesliga.

Hamburg - Mitte November, zwölfter Spieltag. Michael Mancienne zieht, zerrt und drückt an Adam Szalai, bis der Mainzer Stürmer zu Boden geht. Im Strafraum des Hamburger SV. In einem öden Spiel der abgelaufenen Fußball-Bundesligasaison steht es 0:0, der Schiedsrichter will daran erstmal nichts ändern. Kein Pfiff, kein Elfmeter, am Ende siegt der HSV 1:0. „Wir sollten die Schuld nicht beim Schiedsrichter suchen“, sagt anschließend der Mainzer Verteidiger Jan Kirchhoff. Es gibt Schiedsrichter, die pfeifen hier. Daniel Siebert tat es nicht. Es ist kein zwingender Strafstoß und doch eine Szene, die Siebert in Erinnerung bleibt, jetzt, da er auf seine Premierensaison als Schiedsrichter der Ersten Liga zurückblickt. Vielleicht auch, weil er ansonsten „sehr gut durchkam“, wie er sagt.

Medial war von Siebert in den vergangenen Monaten wenig zu hören. Ein gutes Zeichen bei seinem Beruf: So lange der Name nicht fällt, wird er nicht allzu viel falsch gemacht haben. Und tatsächlich ist er von Fußball-Fachmagazinen durchweg positiv bewertet worden, am Ende der Saison steht er in diversen Rankings im oberen Mittelfeld aller 22 Erstliga-Schiedsrichter – weit vor einigen arrivierten Kollegen. Daniel Siebert ist mit 28 Jahren der jüngste unter ihnen, achtmal pfiff er letzte Saison Spiele der Bundesliga, eine gute Quote für einen Neuling. Die ganz brisanten Partien hat er indes noch nicht geleitet. „Die Einteilung vom DFB passiert ja mit Auge“, sagt Siebert. „Zu Beginn pfeift man Spiele, die nicht so im medialen Fokus stehen.“ So war viel Fürth dabei und Hoffenheim, ein bisschen Hannover und Nürnberg. Und Schalke.

Gelsenkirchen, Anfang September, zweiter Spieltag. 60 000 Schalker Fans freuen sich gegen Augsburg über das Heimspieldebüt ihrer Mannschaft. Daniel Siebert freut sich auf sein Debüt. „Natürlich war ich aufgeregt, ich hatte etwas Lampenfieber. Positive Anspannung würden Fußballer sagen.“ Dass es in der Ersten Liga anders zugeht, hat Siebert schnell gemerkt. „Es gibt nichts mehr, was unter den Tisch fällt, alles kommt raus und wird von irgendeiner Kamera aufgezeichnet.“ Auch die Betreuung ist eine andere. Seit dieser Saison stehen den Erstliga-Schiedsrichtern rund um die Spiele Physiotherapeuten zur Verfügung. „Das ist ein Riesenvorteil und ein Riesenunterschied zur Zweiten Liga.“

An 23 Wochenenden war Siebert vergangene Saison in den drei höchsten deutschen Spielklassen im Einsatz. „Meine Saison lief gut, da fällt eine Last ab. Der Körper fährt dann erstmal total runter“, sagt er jetzt. Es blieb nicht viel Zeit für sein Lehramtsstudium, Sport und Geografie. Seine Masterarbeit möchte er aber Ende des Monats abgeben. Das Thema: „Ausgewählte Aspekte der deutschen Talentförderung“. Da scheint er sich auszukennen.

Fürth, Mitte Mai, 33. Spieltag. Der SC Freiburg kann sich mit einem Sieg die Qualifikation für die Europa League sichern, die Nachspielzeit läuft, da pfeift Siebert. Strafstoß für Fürth, eine unstrittige Entscheidung. Es ist der zweite Elfmeter, den Siebert in der Bundesliga gibt. „An die Szene werde ich mich sicher noch in einigen Jahren erinnern.“ Fürth vergibt, Freiburg feiert, Sieberts letzter Saisoneinsatz in der Bundesliga. Jetzt haben die Schiedsrichter zwei Wochen Urlaub, da will Siebert die „Akkus wieder aufladen“ und sich neu motivieren – denn kurz später startet schon die Vorbereitung auf die kommende Spielzeit.

Einen Platzverweis hat Siebert in den acht Spielen nicht gegeben, es gab auch keinen Grund. „Die hebe ich mir für die kommende Saison auf“, sagt er lachend. Ob er dann wieder ganz oben mit dabei ist, entscheidet das DFB-Präsidium allerdings erst noch. Aber es scheint nichts dagegen zu sprechen. Dann gehört auch Hertha wieder zu den 18 besten deutschen Teams – Siebert freut sich darauf. „Ich bin kein Fan einer Mannschaft, aber grundsätzlich ist es natürlich schon schön, dass die Hauptstadt wieder in der Bundesliga vertreten ist.“ Nicolas Diekmann

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