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Sport: Nacht- und Nebelaktion

Fünf Minuten vor Mitternacht verflogen auch die düsteren Gedanken in den Köpfen der Fußball-Profis von Bayer 04 Leverkusen. Nach 80 tatenlosen Stunden in Turin hob die Condor-Maschine DE 9189 in der Nacht zum Donnerstag endlich ab und ließ jenen dicken Nebel zurück, der zur Absage des Champions-League-Spiels gegen Juventus geführt hatte.

Fünf Minuten vor Mitternacht verflogen auch die düsteren Gedanken in den Köpfen der Fußball-Profis von Bayer 04 Leverkusen. Nach 80 tatenlosen Stunden in Turin hob die Condor-Maschine DE 9189 in der Nacht zum Donnerstag endlich ab und ließ jenen dicken Nebel zurück, der zur Absage des Champions-League-Spiels gegen Juventus geführt hatte. "Für die Psyche ist das nicht positiv gewesen", sagte Bayer-Kapitän Jens Nowotny zu der vergeblichen Dienstreise, "hätten wir gegen Turin gespielt, wären wir körperlich kaputt gewesen, aber es hätte einen Sinn gehabt."

Etwas gelassener nahm Schlussmann Hans-Jörg Butt die Nacht- und Nebelaktion hin. Schließlich hatte er im vergangenen Jahr mit dem Hamburger SV beim 3:1 bei Juventus und dem 4:4 auf eigenem Platz schon einiges mit den Italienern erlebt. "Es ist immer etwas Besonderes gewesen." Doch dass die Partie kurz vor dem Anpfiff abgesagt wurde, nachdem sich die Spieler schon warm gemacht hatten, war auch für ihn neu. "Ich konnte das andere Tor überhaupt nicht sehen", sagte Butt und zeigte Verständnis für die Verlegung auf kommenden Mittwoch (20.45 Uhr).

Zum zweiten Mal musste Kollege Oliver Neuville ohne Fußball-Erlebnis Turin wieder verlassen. Vor zehn Jahren wollte er sich das Meisterschaftsspiel Juventus gegen AC Mailand anschauen. Doch damals verhinderte Schnee die Austragung. Pech hatte seine Schwester Manuela, die extra aus dem Tessin zum Spiel angereist war. "Die kommt aber nächste Woche wieder", sagte Nationalstürmer Neuville, der lieber gleich losgedribbelt wäre: "Wenn man so oft unterwegs ist und drei Tage nichts passiert, ist man einfach enttäuscht."

Der Medien-Delegierte der Uefa, Dag Svinsas, begrüßte die Entscheidung und erinnerte an das Nebel-Spiel in der Champions League zwischen Hertha BSC und dem FC Barcelona (1:1). Am 23. November 1999 hatte sich der russische Schiedsrichter Nikolai Lewnikow trotz miserabler Sichtverhältnisse im Olympiastadion zum Anpfiff des Zwischenrunden-Spiels entschlossen. "Das war schlecht für den Fußball. Wir wollen so etwas nicht noch einmal wiederholen", sagte der Schwede in Turin. Auch die Sponsoren hatten sich für einen Ausfall der Begegnung ausgesprochen, weil die Werbebanden im Stadion nicht zu sehen waren.

Mit einem Blick auf die Nebelwand erinnerte sich Trainer Klaus Toppmöller an ein Erlebnis aus seiner aktiven Zeit. Er stand am 15. November 1978 im Länderspiel gegen Ungarn im Frankfurter Waldstadion kurz vor einer Einwechslung, als sich der französische Schiedsrichter Robert Wurtz gezwungen sah, die Begegnung wegen des immer dichter werdenden Nebels abzubrechen. Für Toppmöller hat die Absage etwas Gutes und Schlechtes. "Unerfreulich ist es, weil wir bis auf die Haarspitzen motiviert waren", sagte der 50-Jährige. Außerdem hätte Juve ohne den französischen Weltmeister Lilian Thuram (verletzt) und Paolo Montero (WM-Ausscheidungsspiel für Uruguay) in der Abwehr auskommen müssen. "Ein Vorteil ist, dass wir vor der Partie gegen den Hamburger SV eine längere Pause haben", sagte der Trainer des national noch ungeschlagenen Spitzenreiters. Verzichten muss Bayer gegen den HSV auf Bernd Schneider, der an einer leichten Zerrung laboriert und zudem mit einer Magen- und Darmgrippe im Bett liegt.

Voll im Einsatz war im Stadion Delle Alpi zumindest Leverkusens Manager Reiner Calmund. "Ich war nicht benebelt", meinte er. Binnen weniger Minuten hatte er mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) alle Terminänderungen abgesprochen. Immerhin musste das am kommenden Dienstag vorgesehene DFB-Pokalspiel beim VfL Bochum auf den 11. oder 12. Dezember verlegt werden. Trotz der Hektik verlor Calmund, der am Donnerstag bereits zur Verpflichtung neuer Spieler ("Erst für die neue Saison") nach Südamerika flog, seine gute Laune nicht. Hoch über den Wolken verkündete er, dass zum zweiten Flug nach Turin alle 300 Fans und Gäste auf Bayer-Kosten wieder dabei sein können. Als auch Carsten Ramelow Beifall spendete, sagte Calmund: "Du brauchst nicht klatschen. Dich hätten wir sowieso umsonst wieder mitgenommen."

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