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„Nicht nur den Punkt wiederholen“: Der 1. FC Union Berlin zwischen Sportgerichtsfrust und Trainerdebüt
Das Sportgerichtsurteil darf keine Ablenkung sein, fordert Steffen Baumgart vor seinem Debüt am Samstag in Heidenheim. Taktisch setzt Unions neuer Trainer auf einige Neuerungen.
Stand:
Steffen Baumgart wollte nicht groß über das Sportgerichtsurteil vom Donnerstagnachmittag sprechen, doch ganz konnte sich der neue Trainer des 1. FC Union dem Thema nicht entziehen. Natürlich beschäftige es den Verein und ihn persönlich, sagte der 53-Jährige, der beim Feuerzeugwurf gegen Bochum vor einem Monat noch gar nicht im Amt war. „Ich bin wahrscheinlich der erste Trainer, der mit 17 Punkten startet und mit 16 Punkten ins erste Spiel geht.“
Baumgart nahm es mit einem flapsigen Spruch, ansonsten war den Berlinern aber nicht sonderlich zum Lachen zumute. Noch am späten Donnerstagabend kündigte Union an, gegen die 0:2-Wertung des Spiels in Berufung zu gehen und dabei „alle uns zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel ausschöpfen“ zu wollen.
Der eigentliche unsportliche Skandal hat nach dem Ereignis auf dem Rasen und heute vor Gericht stattgefunden.
Unions Präsident Dirk Zingler nach dem Sportgerichtsurteil
Dirk Zingler sagte, das Urteil schade dem Fußball und öffne „einem Schmierentheater Tür und Tor“. Dass Vereine für das Fehlverhalten Einzelner haften, sieht Unions Präsident kritisch – und attackierte auch die Bochumer scharf, ohne sie namentlich zu erwähnen. „Der eigentliche unsportliche Skandal hat nach dem Ereignis auf dem Rasen und heute vor Gericht stattgefunden.“
So sehr sie sich in Köpenick auch mühten, das Sportgerichtsurteil schwebte einen Tag vor dem Spiel gegen den 1. FC Heidenheim am Samstag (15.30 Uhr, Sky) noch über der Alten Försterei. Ideale Voraussetzungen für ein Trainerdebüt sind das nicht, Baumgart will die Ablenkung aber nicht als Ausrede gelten lassen. „Wichtig ist, dass wir uns darauf konzentrieren, wie wir erfolgreich in Heidenheim sein werden – und das werden die Jungs gut machen.“
Anders als seine Vorgänger erklärte der Trainer auch in Grundzügen, wie er das Spiel taktisch angehen möchte. Wie erwartet und im Testspiel gegen Holstein Kiel vor einer Woche ausprobiert, verändert Baumgart die Defensivformation. Für den Fußball, den er sehen wolle – „nach vorne spielen, aggressives Gegenpressing, zweite Bälle gewinnen“ – sei die Viererkette geeigneter, „weil du einen mehr in vorderer Linie hast“.
Seit 2018 hat Union beinahe ununterbrochen mit Dreierkette verteidigt und das hat auch in der Hinrunde über weite Strecken gut funktioniert. Die Umstellung bedeutet nicht nur, dass die Mannschaft neue Automatismen einstudieren muss, sondern auch eine schwierige personelle Entscheidung für Baumgart. Einer aus dem eingespielten Trio Danilho Doekhi, Kevin Vogt und Diogo Leite muss auf die Bank. Gegen Kiel erwischte es anfangs den Portugiesen.
Dass Baumgart nicht plant, einen der zuvor gesetzten Innenverteidiger umzufunktionieren und etwa als Ersatz für den gesperrten Rani Khedira ins defensive Mittelfeld zu verschieben, machte er am Freitag deutlich.
„Wir werden nicht Spieler auf andere Positionen setzen, nur damit sie spielen. Keiner der Innenverteidiger wird auf der Sechserposition auflaufen, weil wir dort einen sehr positiven Überhang haben“, sagte Baumgart, der neben Khedira auch auf Torwart Frederik Rönnow, Ivan Prtajin und Josip Juranovic verzichten muss.
In der Offensive setzt der frühere Stürmer auf zwei Angreifer. Andrej Ilic, der am letzten Tag der Sommertransferperiode zu Union kam und unter Bo Svensson ein Schattendasein geführt hat, wird zum ersten Mal im Kader stehen. Ob er von Beginn an spielen wird, ließ Baumgart offen. Bis auf Benedict Hollerbach (drei Tore) und Woo-yeong Jeong haben sich Unions Offensivspieler bisher nicht sonderlich torgefährlich präsentiert.
Das soll sich in Heidenheim ändern. Der Conference-League-Teilnehmer befand sich vor der Winterpause in einem Tief und wartet wie Union seit neun Pflichtspielen auf einen Sieg. „Wir wollen uns nicht nur den Punkt wiederholen, den wir gestern verloren haben. Wir wollen ein gutes Spiel machen und zeigen, wo der Weg hingeht“, sagte Baumgart.
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