zum Hauptinhalt
Malaika Mihambo zeigte wieder einen starken Wettkampf. Für Gold reichte es nicht.

© IMAGO/Beautiful Sports

Der Leichtathletikabend in Paris: Malaika Mihambo gewinnt Silber – Noah Lyles trotz Corona Bronze

An einem hochklassigen Leichtathletikabend im Stade de France holt Weitspringerin Malaika Mihambo Silber für Deutschland. Danach verlassen sie die Kräfte.

Stand:

Es waren vertraute Bilder. Malaika Mihambo wickelte eine Deutschland-Flagge um sich, schritt die Kurve entlang und strahlte. Dieses Mal gewann die Deutsche aber nicht wie so oft bei Großveranstaltungen Gold, sondern Silber mit 6,98 Metern.

Der Sieg im Weitsprung bei den Olympischen Spielen in Paris ging an die US-Amerikanerin Tara Davis-Woodhall (7,10 Meter). Dritte wurde ihre Landsfrau Jasmine Moore (6,96 Meter). Es war ein besonderer Leichtathletik-Abend im Stade de France. Weil die Leistungen besonders waren.

Zunächst einmal war bemerkenswert, mit welcher Inbrunst sich der US-Amerikaner Noah Lyles selbst abfeierte – vor dem Sprint über 200 Meter.

Mit einer Kette um den Hals, die aussah, als würde sie ein halbes Kilo auf die Waage bringen, stürmte der Olympiasieger in Paris über 100 Meter bereits vor dem Startschuss über die Tartanbahn, als hätte er schon gewonnen.

Julian Weber wurde Sechster.

© IMAGO/Laci Perenyi

Doch Lyles hatte keine Chance gegen Letsile Tebogo aus Botswana, der in 19,46 Sekunden vor dem US-Amerikaner Kenneth Bednarek (19,62) und eben Lyles ins Ziel stürmte. Lyles lag danach völlig ausgepowert auf der Tartanbahn. Er musste anschließend mit dem Rollstuhl aus dem Innenraum gebracht werden.

Der US-Sprinter und sein Verband bei den Olympischen Spielen bestätigten dann in Paris eine Corona-Infektion. Demnach wurde Lyles bereits am Montag positiv auf das Virus getestet. In der Interview-Zone sprach er mit einer Maske zu den Reportern. 

Die anderen Athleten traten etwas zurückhaltender auf. Der Leistung tat dies keinen Abbruch. Vor allem nicht im Speerwerfen. Es war ein sagenhafter Wettkampf, aus dem Arshad Nadeem aus Pakistan mit olympischem Rekord von 92,97 Metern als Sieger hervorging.

Zweiter wurde der favorisierte Neeraj Chopra aus Indien mit 89,45 Meter und Dritter Anderson Peters (88,45 Meter/Grenada). Der Deutsche Julian Weber verpasste eine Medaille mit 87,40 Meter und kam auf Platz sechs.

50,37
Sekunden brauchte Sydney McLaughline-Levrone über 400 Meter Hürden. So schnell ist noch nie eine Frau in dieser Disziplin gelaufen.

Der Höhepunkt des Abends war das Finale über 400 Meter Hürden der Frauen. Die US-Amerikanerin Sydney McLaughline-Levrone gewann das Rennen unter ohrenbetäubendem Lärm in Weltrekordzeit (50,37 Sekunden) vor ihrer Landsfrau Anna Cockrell (51,87) und der Niederländerin Femke Bol (52,15).

Ob Malaika Mihambo vor ihrem Wettkampf mit Carl Lewis gesprochen hatte, war zunächst nicht überliefert. Aber wahrscheinlich ist es. Die Leichtathletik-Legende aus den USA befand sich jedenfalls im Stade de France in Paris und sah mit eigenen Augen, wie die deutsche Weitspringerin nach Gold in Tokio zum zweiten Mal in ihrer Karriere eine olympische Medaille gewann.

Lewis und Mihambo verbindet eine kleine Seelenverwandtschaft. Es ist ein paar Jahre her, da liebäugelte Mihambo mit einem Wechsel in die USA, sie wollte unter Lewis trainieren. Lewis ist wie Mihambo ein spiritueller Typ, meditiert gerne. Die Koffer waren schon fast gepackt, doch die Coronavirus-Pandemie dazwischen.

Vielleicht war es eine glückliche Fügung, dass es nicht klappte. Zumindest sportlich. Denn Mihambo ist genauso wie zu Corona-Zeiten eine der stabilsten und vor allen Dingen die nervenstärksten Springerinnen. Schon in der Qualifikation war sie nach zwei ungültigen Versuchen cool geblieben und nutzte ihre letzte Chance auf einen Finalplatz souverän.

Zwölf Zentimeter trennten sie vom Gold

Am Donnerstag hätte die Kulisse nicht besser sein können. Rund 80.000 Zuschauerinnen und Zuschauer waren gekommen, es war nicht zu warm und nicht zu kühl. Mihambo formte bei ihrer Vorstellung mit ihren beiden Händen ein Herz, die Zuschauer jubelten auf. Es konnte losgehen.

Mihambo war als Zweite dran und ballte nach ihrem Sprung schon die Fäuste. Gültige 6,77 Meter bei verschenkten 16,3 Zentimetern waren ordentlich. Sie beratschlagte sich mit ihrem Trainer Ulli Knapp. Nach dem ersten Durchgang führten die US-Amerikanerinnen Tara Davis-Woodhall (7,05 Meter) und Jasmine Moore (6,96 Meter).

Wenig später, bei Versuch Nummer zwei, traf sie den Balken fast perfekt und landete aber nur vier Zentimeter weiter. Enttäuscht schüttelte sie den Kopf und lehnte sich gegen die Bande.

Es folgte ein Sprung auf 6,95 Meter, ein ungültiger Versuch und im fünften Durchgang 6,98 Meter, was Platz zwei bedeutete.

Davis-Woodhall war an diesem Abend mit einer Weite von 7,10 Meter im vierten Durchgang nicht zu schlagen. Mihambo umarmte die Siegerin innig und machte zunächst einen glücklichen Eindruck – auch wenn es „nur“ Silber geworden war. Danach verließen sie aber die Kräfte: Mihambo saß völlig fertig am Boden, und musste mit dem Rollstuhl weggefahren werden.

„Es ist einfach die letzten Wochen schwergefallen. Ich hatte einfach starke Probleme mit den Lungen“, sagte sie knapp zwei Stunden später und berichtete von Hustenanfällen, die sie nachts nur schwer schlafen ließen. „Von daher bin ich unheimlich stolz auf meine Leistung. Das muss erstmal jemand schaffen, so gehandicapt an den Start zu gehen und da noch eine Silbermedaille rauszuholen.“ 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })