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Roland Virkus hatte im Umfeld von Borussia Mönchengladbach nicht mehr viele Unterstützer.

© IMAGO/fohlenfoto/IMAGO/Norbert Jansen / fohlenfoto

Nur das Symptom, nicht die Ursache: Roland Virkus tritt als Sportchef in Gladbach zurück

Sein Kredit war schon lange verspielt, jetzt hat Roland Virkus bei Borussia Mönchengladbach die Konsequenz gezogen. Aber die Probleme des Klubs liegen viel tiefer.

Stefan Hermanns
Ein Kommentar von Stefan Hermanns

Stand:

Roland Virkus hat bei Borussia Mönchengladbach als Geschäftsführer Sport „einen guten Job“ gemacht. Das ist ihm vor gerade mal zehn Tagen noch einmal von seinem Vorgesetzten Rainer Bonhof, dem Präsidenten des Klubs, öffentlich attestiert worden.

Dieses Lob aber hat weder Virkus noch seinem Vorgesetzten Bonhof geholfen. Es hat eher den Eindruck genährt, dass die Gladbacher bei der Selbstwahrnehmung gravierende Probleme haben. Denn die öffentliche Meinung zur Person Roland Virkus war längst eine andere: Der 58-Jährige galt als der Hauptschuldige für die anhaltende Misere des taumelnden Fußball-Bundesligisten vom Niederrhein.

Am Dienstag, drei Tage nach der skurrilen 4:6-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt im eigenen Stadion und zwei Wochen nach der Entlassung von Trainer Gerardo Seoane, hat Virkus daraus die Konsequenz gezogen und nach knapp vier Jahren im Amt seinen Rücktritt erklärt. „Ich habe immer gesagt, dass der Verein über allem steht und mich deshalb zu diesem Schritt entschieden“, wird der Mann, der vor mehr als drei Jahrzehnten als Jugendtrainer bei der Borussia angefangen hat, in einer Mitteilung des Klubs zitiert.

Anders als beim Abschied seines Vorgängers Max Eberl wird das große Wehklagen unter den Fans der Borussia diesmal ausbleiben. Eher herrscht ein Gefühl der Erleichterung, fast schon Befreiung vor. Doch dieses Gefühl könnte sich als trügerisch erweisen.

Dass die Gladbacher als Tabellenletzter der Bundesliga nicht besonders gut, sondern bei genauerer Betrachtung sogar eher schlecht dastehen, ist nicht zu leugnen. Aber es wäre arg einfach, in Roland Virkus und seinem Wirken die alleinige Ursache dieser Krise zu sehen. Sie waren eher das Symptom.

Selbst wenn diese Ansicht rund um die Gladbacher Borussia derzeit ganz sicher nicht mehrheitsfähig ist: Vielleicht hat Virkus – unter den gegebenen Voraussetzungen – ja tatsächlich gar nicht mal einen so schlechten Job gemacht. Die gegebenen Voraussetzungen waren nämlich, dass er von Anfang an mit massiven Widerständen und Problemen zurechtkommen musste.

Das fing schon damit an, dass Virkus von Bonhofs Vorgänger Rolf Königs noch vor seiner Amtseinführung ungewollt als zweite Wahl gelabelt worden war; es ging damit weiter, dass ihm Eberl einen Kader hinterlassen hatte, der bereits deutliche Spuren der Vernachlässigung aufwies und im Unterhalt längst viel zu teuer war. Virkus war vor allem als Mangelverwalter gefragt, während viele im Klub noch von sportlich herrlichen Zeiten träumten.

Denn auch das Label „Nicht reich, aber gesund“, das sich die Gladbacher einmal verpasst haben, entspricht nur noch bedingt der Realität. Wie bei vielen Traditionsvereinen – dem VfB Stuttgart, Werder Bremen, dem Hamburger SV oder Schalke 04 – hat das süße Gift Champions League den Verantwortlichen auch in Mönchengladbach die Sinne vernebelt. In Zeiten des Erfolges hat der Klub das Fett angesetzt, das er nun nicht mehr loswird.

Finanziell ist bei der Borussia inzwischen vieles auf Kante genäht. Virkus musste, ohne dass es offiziell so kommuniziert wurde, zum Beispiel in diesem Sommer einen Transferüberschuss erzielen und die Personalkosten runterfahren.

Die einst wirtschaftlich so soliden Gladbacher sind inzwischen auf Einnahmen aus Spielerverkäufen angewiesen, um ihre Verluste aus dem operativen Geschäft auszugleichen. Werte sind so nur schwer zu schaffen. Eher geht es jedes Jahr ein kleines Stückchen weiter nach unten.

Dass Virkus Fehler gemacht hat, dass er bei einigen, vor allem kostspieligen Transfers, danebengelegen hat und dass er in der Außendarstellung eher bieder daherkam – alles richtig. Aber die Probleme bei Borussia Mönchengladbach liegen tiefer. Nur weil man sich den Schnurrbart abrasiert, wird man ja auch nicht gleich ein anderer Mensch.

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