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Sport: Nur geträumt

Die U 21 ist stark wie lange nicht. Doch selten setzen sich die Talente durch

Stand:

Berlin - Pierre Littbarski war damals einfach schon verflixt gut. Alle drei Tore schoss der damals 22 Jahre Dribbler, und Deutschlands U-21-Team gewann 3:2 im Rückspiel des Europameisterschaftsfinals gegen England. Auch wenn es nicht reichte, weil Rudi Völlers Tor bei der 1:3-Niederlage im Hinspiel zu wenig war – der zweite Platz von 1982 ist immer noch der größte Erfolg des Juniorenteams, das der Deutsche Fußball-Bund (DFB) 1979 gegründet hatte. Völler und Littbarski sind längst Weltmeister geworden. Und Littbarski ist heute noch der Rekordschütze der U 21 mit 18 Toren in 21 Spielen.

Heute, 25 Jahre später, werden wieder junge Fußballspieler gefeiert, die damals nicht einmal geboren waren. In dieser Länderspielwoche rückten mit Roberto Hilbert, Patrick Helmes, Gonzalo Castro und Simon Rolfes wieder Spieler aus der U 21 erstmals in den A-Kader auf. Das verbliebene Juniorenteam gewann am Dienstag dank Torwart Manuel Neuer 1:0 gegen Tschechien. Der Stammtorwart von Schalke 04 ist die Entdeckung der Saison. Das Spiel der A-Elf gegen Dänemark war bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht beendet.

Doch nur selten können sich die jungen Talente auch auf hohem Niveau etablieren. Schon an der Seite von Völler und Littbarski spielten Spieler wie Uwe Dittus und Michael Geiger, die solide Bundesligaspieler in Karlsruhe und Braunschweig wurden – die heute aber kaum noch jemand kennt.

Keiner der Rekord-Nationalspieler Fabian Ernst (31 U-21-Länderspiele), Christian Tiffert (24), Benjamin Auer, Andreas Neuendorf, Marco Haber, Christoph Preuß (alle 23) setzte sich bislang durch. War es früher schwieriger als heute – und was haben die jungen Spieler falsch gemacht? „Wir haben seit zirka acht Jahren schlichtweg viel mehr bessere Spieler als früher“, sagt Jörg Daniel, der seit Jahren Jugendtrainer beim DFB ist und heute die U 16 trainiert. Er sieht den Hauptgrund in den Leistungszentren, zu denen der DFB die Vereine verpflichtet hat. Er spricht von „mehr Trainingsquantität und besserer Trainerqualität“. Die Vereine investieren in die Jugend und geben jungen Spielern eine Chance.

Daran war früher nicht zu denken. Als Hannes Löhr U-21-Trainer war, spielten so gut wie keine deutschen Talente in den oberen zwei Ligen. Doch auch deshalb hatte die U 21 ihren Reiz. „Wir hatten Kontakt zur Nationalelf, wir reisten ja mit“, erzählt Andreas Neuendorf, der heute als 32-Jähriger bei Hertha BSC meist auf der Bank sitzt. Vor allem aber bot die U 21 „eine Plattform, weil wir in den Klubs kaum spielten“. Als Einwechselspieler bei Bayer Leverkusen hatte er Angebote von 16 Bundesligisten. Ein Star ist aus ihm nicht geworden, bei Hertha steht er vor dem Abschied. Die 20-Jährigen Kevin-Prince Boateng und Ashkan Dejagah sind besser.

Fabian Ernst ist Stammspieler bei Schalke geworden. Doch auch er, der als 18-Jähriger als der „neue Beckenbauer“ gefeiert wurde, spielt in der Nationalelf keine Rolle mehr. Über seine Glanzzeit bei der U 21 will er nicht sprechen: Er konzentriert sich ganz auf die deutsche Meisterschaft – es wäre immerhin seine zweite nach dem Titel mit Bremen.

Andere Spieler wie Tiffert und Marcel Ketelaer spielen in Österreich, Auer bei Kaiserslautern in der Zweiten Liga. Deutschlands lange Zeit größtes Talent, der heute 26 Jahre alte Michael Zepek hatte viel Verletzungspech und absolvierte gerade seine ersten drei Saisonspiele: Bei der TSG Hoffenheim in der Regionalliga Süd. Christian Tiffert ist jüngst 25 Jahre alt geworden. Giovanni Trapattoni und Lothar Matthäus, seine Trainer bei Red Bull Salzburg, sagen, dass ihm noch die Konstanz fehle. Als Hobby gibt Tiffert „Faulenzen“ an.

Der letzte Biss ist ein Grund, warum viele die Erwartungen nicht erfüllen. „Letztlich aber entscheidet die Leistung“, sagt Neuendorf. „Bei vielen von uns hat es zu mehr einfach nicht gereicht.“ DFB-Trainer Daniel sieht die Gründe individuell verschieden, „viel hat auch mit Verletzungen oder dem falschen Trainer zu tun.“ In einem ist er sich aber sicher: Dass wirklich gute Spieler den DFB-Spähern lange entgehen, wird nicht mehr passieren: „Einen Fall wie Miroslav Klose wird es nicht mehr geben.“

Stefan Tillmann

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