Sport: Nur kein Mitleid
Borussia Mönchengladbach droht in der Bundesliga den Anschluss zu verlieren
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Der Empfang in der Heimat passte nicht recht zum Anlass. Als die Spieler von Borussia Mönchengladbach am Sonntagabend von ihrer Dienstreise aus Leverkusen am Borussia-Park eintrafen, wurden sie dort schon erwartet. Die Mitarbeiter der Geschäftsstelle, die zuvor in der Bayarena als Zuschauer die 0:1-Niederlage miterlebt hatten, klatschten und sangen, als die Verlierer aus dem Bus stiegen. In misslichen Situationen flüchten Fußballfans schon mal in Galgenhumor und Ironie. So weit aber sind die Gladbacher noch nicht. „Wir brauchen kein Mitleid“, sagt Trainer Jos Luhukay. „Wir brauchen Respekt und die Begeisterung der Fans.“
Die Gladbacher benötigen die Unterstützung sogar mehr denn je. Durch die dritte 0:1-Auswärtsniederlage hintereinander hat sich die Borussia vor dem nächsten Heimspiel wieder in eine Alles-oder-nichts-Situation gebracht, fünf Punkte liegt sie in der Fußball-Bundesliga bereits hinter einem Nichtabstiegsplatz. „Wenn wir unser Heimspiel gegen Frankfurt gewinnen, sind wir wieder auf zwei Punkte heran“, sagt Luhukay.
Doch die Gesamtsituation drückt den Borussen immer stärker aufs Gemüt. Die Konkurrenz im Abstiegskampf gewinnt selbst Spiele, die niemand auf der Rechnung hat, die Gladbacher hingegen erfüllen weiterhin nur die Erwartungen. Ohne Auswärtssiege aber gestaltet sich das Projekt Klassenerhalt zunehmend schwierig. Bis zur 90. Minute hielten die Borussen gegen Bayer immerhin das 0:0, dann gab es im Mittelfeld Freistoß für Leverkusen, ein Getümmel im Strafraum, an dessen Ende der Ball vor den Füßen von Andrej Woronin landete. Sein Schuss war weder hart noch platziert, doch er landete an der Hüfte von Sebastian Svärd. Der Ball nahm eine neue Richtung, trudelte ins leere Tor. Danach war das Spiel zu Ende. „Das ist nicht normal“, sagte Borussias Stürmer Oliver Neuville. „Das kann nicht sein.“
Die Gladbacher klammern sich in ihrer Verzweiflung an alles, was noch irgendwie Hoffnung verheißt: daran, dass der lange verletzte Neuville gegen Frankfurt wieder in die Mannschaft zurückkehren könnte. Dass sie von den acht verbleibenden Spielen fünf zu Hause austragen dürfen. Oder auch an die über weite Strecken ordentliche Leistung gegen Leverkusen. Sogar Michael Skibbe, der Trainer der Leverkusener, lobte den Auftritt des Gegners: „Wenn Gladbach so weiterspielt, sind sie noch lange nicht abgestiegen.“
So paradox es klingt: Der Schicksalsschlag in der Nachspielzeit befreite die Borussen von der Last, die Schuld zunächst einmal bei sich selbst zu suchen. Auch wenn die Niederlage am Ende unglücklich zustande kam – sie hatte sich angekündigt. Luhukay musste seine Mannschaft in der Pause umstellen, weil Michael Delura sich eine Innenbanddehnung und einen Kapselriss im Knie zugezogen hatte, er fällt wohl mehrere Wochen aus. Kluge rückte aus der Defensive hinter die Spitzen, fortan fehlte bei den Gladbachern die Ordnung im Mittelfeld. Nach vorne ging für die Gladbacher so gut wie nichts, hinten gerieten sie fast zwangsläufig in Bedrängnis. Dieses Gefühl ist den Borussen inzwischen bestens vertraut: vom Blick auf die Tabelle.
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