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Pal Dardai findet die Außenpositionen zu dünn besetzt: Hertha BSC braucht kräftigere Flügel
Fünfzehn zentrale Stürmer, aber nur zwei Kandidaten für die Flügel: Pal Dardai, der Trainer von Hertha BSC, hadert noch mit den Möglichkeiten seines Kaders.
Stand:
Nach elf Wechseln zur Pause nahm Pal Dardai Mitte der zweiten Halbzeit noch einen weiteren Wechsel vor. Dabei saßen auf der Ersatzbank nur Spieler, die bereits geduscht waren. Frische Kräfte standen dem Trainer von Hertha BSC im Testspiel gegen den Oberligisten Eintracht Stahnsdorf nicht mehr zur Verfügung, nachdem er zur Pause seine komplette Mannschaft ausgetauscht hatte.
Also gab Dardai Mitte der zweiten Halbzeit Myziane Maolida, der links in der offensiven Dreierreihe spielte, das Kommando, den Platz mit Gustav Christensen zu tauschen, der rechts in der offensiven Dreierreihe spielte. Testspiele sind schließlich zum Testen da.
Nicht alles, was der Cheftrainer des Berliner Fußball-Zweitligisten in Stahnsdorf zu sehen bekam, hat ihm gefallen. Das lag auch an Maolida und Christensen, die sich in der zweiten Hälfte auf den offensiven Außenbahnen versuchen durften.
Bei Gustav Christensen, 18 Jahre alt und gerade vom FC Midtjylland nach Berlin gewechselt, ist die Situation eine etwas andere als bei Maolida. Der Franzose, den Hertha im Sommer 2021 für vier Millionen Euro verpflichtet hat, hat bisher nicht mal ansatzweise gezeigt hat, dass er dieses Geld wert ist. Derzeit unternimmt er einen weiteren Versuch, sich bei Hertha zu etablieren, nachdem er im vergangenen halben Jahr an Stade Reims ausgeliehen war.
Bei Christensen werden erst einmal keine Wunderdinge erwartet. Eigentlich war er zunächst nur für Herthas U 23 vorgesehen, doch Dardai hat sich dafür verwandt, ihn gleich bei den Profis mittrainieren zu lassen. „Ich habe gesagt, ich arbeite gerne mit schnellen Flügelspielern“, erklärte der Ungar nach dem 6:0-Sieg gegen Stahnsdorf. „Die haben wir nicht.“
Zumindest nicht in ausreichendem Maße und nicht für die Idee vom Fußball, die Dardai vorschwebt. Für die, wie er es nennt, „einfache Spielweise“, bei der es mit wenigen Kontakten und viel Vertikalität möglichst flott nach vorne gehen soll.
Wir brauchen vier Flügelspieler.
Pal Dardai, Trainer von Hertha BSC
„Wir haben fuffzehn Mittelstürmer, falsche Neuner und hängende Spitzen“, sagte Herthas Trainer mit einem leichten Hang zur Übertreibung. „Flügelspieler sind Fabian Reese und Marten Winkler. Ich glaube, das war’s.“ Dazu kommen noch einige Talente wie eben Gustav Christensen, die aber kurzfristig noch nicht über die Leerstellen im Kader hinweghelfen können. Vier gestandene Flügelspieler sollten es nach Dardais Geschmack schon sein.
Christensen habe im Training zwar einen guten Eindruck hinterlassen, erzählte Herthas Trainer. Doch selbst gegen einen Oberligisten waren seine Defizite nicht zu übersehen: Dass der junge Däne sich zu sehr auf seinen starken rechten Fuß verlässt, dadurch immer wieder nach rechts zieht – und ihm gegen tiefstehende Gegner die Lösungen fehlen. Weil er dann nicht den Raum vorfindet, den er braucht, um seine Schnelligkeit auszuspielen.

© Ottmar Winter/Ottmar Winter
In der ersten Halbzeit gegen Stahnsdorf sah das etwas anders aus. Da spielte Fabian Reese, Neuzugang von Holstein Kiel, auf der linken Seite und Marten Winkler, Rückkehrer aus Mannheim, rechts. Während Winkler zwei Tore erzielte, war Reese jederzeit auf Sendung, immer anspielbar und stets um Tiefe in seinen Aktionen bemüht. Nicht von ungefähr liefen Herthas Angriffe vor allem über die linke Seite.
„Ein super Junge. Ich bin froh, dass er hier ist“, sagte Dardai über den 25-Jährigen, der in der abgelaufenen Saison mit elf Toren und zehn Assists einer der besten Offensivspieler der Zweiten Liga war. Als sich Reese Anfang des Jahres für einen Wechsel nach Berlin entschied, war er noch davon ausgegangen, künftig für einen Erstligisten zu spielen. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt.
In der Zweiten Liga dürfte seine Qualität Hertha noch viel mehr helfen. Dardai verwies auf Reeses Werte. „Vorlagen, Torgefahr, Laufleistung, Einsatz: Das passt“, sagte Herthas Trainer. „Wenn du acht Spieler wie ihn auf dem Platz hast, bist du zufrieden.“
Auch vom 20 Jahre alten Winkler, den er bereits während seiner Zeit in Herthas Nachwuchs im Auge hatte, hält er eine Menge. Er sei schnell und habe einen guten Schuss. „Er war immer ein großes Talent“, sagte Dardai, „ist aber unterschätzt worden, weil er oft verletzt war.“
Herthas Pech könnte sich nun als Winklers Glück herausstellen. Denn durch den Abstieg ist für ihn der Sprung aus der Dritten Liga, wo er in der vergangenen Saison leihweise für Waldhof Mannheim gespielt hat, nicht ganz so groß. „Er muss es noch beweisen, aber ich bin froh, dass er hier ist“, sagte Dardai.
Im Zweifel gäbe es auch noch Marco Richter, der sich aber selbst eher in der Zentrale sieht. Gegen Stahnsdorf lief er als Zehner hinter der Spitze auf. In der Vorbereitung soll Richter sich auf dieser Position versuchen dürfen. „Er ist frech genug, er ist torgefährlich genug“, sagte Pal Dardai. „Und für uns ist es gut, dass er nicht weit weg vom Tor ist. Wir haben wenige Spieler, die torgefährlich sind. Und die sollten nicht so weit weg sein vom Tor.“
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