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Paralympics-Showdown mit Speer: Wenn Wettkämpfe ungeahnte Kräfte freisetzen
Niemand hatte damit gerechnet, dass die Speere am Freitagabend so weit fliegen würden. Eine Venezolanerin und eine Usbekin dominieren den Wettbewerb.
Stand:
Die Usbekin Shahinakhon Yigitalieva schreit dem Speer hinterher, als könne sie ihn so dazu bewegen, noch einen halben Meter weiter zu fliegen – ohne Erfolg. 43,12 Meter reichen nicht, um an der Venezolanerin Naibys Daniela Morillo Gil (Foto oben) vorbeizuziehen. Zuvor hatten sich die beiden ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert, das im Stade de France am Freitagabend bei den Paralympics in Paris niemand erwartet hatte.
„Ich hätte vor dem Wettkampf nicht damit gerechnet, dass 43 Meter geworfen werden. Das sind Weiten, die sind bei uns seit ein paar Jahren nicht geworfen worden“, sagte die deutsche Speerwerferin Lise Petersen nach dem Wettkampf.
Ein regelrechtes Eigenleben entwickelte das Wettkampfgeschehen, das sich nun nur noch auf die Usbekin und die Venezolanerin konzentrierte, als Yigitalieva im fünften Versuch den paralympischen Rekord brach und an Morillo Gil vorbeizog. Mit 43,09 Metern war dieser Wurf fast vier Meter weiter als ihr vorheriger Versuch.

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Diese Leistung schien in ihrer Konkurrentin aus Venezuela ungeahnte Kräfte freizusetzen. In ihrem letzten Versuch übertrifft auch sie ihren bisher besten Versuch um fast zwei Meter und bricht den gerade aufgestellten paralympischen Rekord erneut. Das Publikum ist zu diesem Zeitpunkt kaum noch auf den Sitzen zu halten. Mit jedem Versuch geht ein hörbares Raunen, gefolgt von tosendem Applaus durch die Reihen.
Den Höhepunkt der Spannung erreicht der Speerwurfwettkampf in dem Moment, als Yigitalieva zum letzten Mal die violette Tartanbahn betritt – wissend, dass sie nur noch eine letzte Chance hat, den Speer auf Goldkurs zu werfen. Ihr Wurf ist weit, aber nicht weit genug. Die Enttäuschung steht der erst 15-Jährigen ins Gesicht geschrieben. „Dieses Mal habe ich Silber gewonnen. Bei den nächsten Paralympics versuche ich Gold zu gewinnen“, sagte die Paralympics-Debütantin nach ihrem Wettkampf.
Umso mehr freut sich ihre Konkurrentin aus Venezuela. „Ich bin super glücklich und sehr emotional. Der Wettkampf war sehr eng, aber wir konnten den paralympischen Rekord ein zweites Mal brechen“, sagte die 24-Jährige. Nachdem sie zwischenzeitlich führte und einen Vorgeschmack von Gold bekam, habe sie mit ihrer venezolanischen Stärke nicht mehr aufgeben wollen.
Auch die deutsche Speerwerferin Lise Petersen, die auf Rang 8 landete, sieht den Wettkampf als Erfolg. „Ich habe nicht gewusst, was auch mich zukommt und es war mehr, als ich erwartet habe“, sagte die 19-Jährige. Auch von der Atmosphäre im Stadion war die Athletin begeistert. Vor allem habe sie gefreut, dass der Speerwurf an diesem Abend die volle Aufmerksamkeit des Publikums genoss – ein seltener Luxus. Sonst würden Wurfveranstaltungen häufig im Zuge parallel stattfindender Laufveranstaltungen untergehen. „Das war schon sehr cool“, fasste sie den Abend zusammen.
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