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Humor an der Strecke. Eine Zuschauerin hat ein besonderes Schild mitgebracht.

© dpa/Jörg Carstensen

Pompons, Schottenrock und Krücken: So bunt verläuft der Berliner Halbmarathon

Etwa 41.000 Menschen starten bei dem sportlichen Großevent. Die Stimmung an der Strecke ist gut, viele Zuschauende haben sich kreative und skurrile Aktionen einfallen lassen. Doch es gibt auch Kritik.

Stand:

Schrille Outfits, bunte Plakate und Läufer:innen, die sich aufwärmen. Um den Bundestag herum versammeln sich am Sonntagmorgen kurz vor Beginn des Halbmarathons tausende Menschen, die entweder selbst teilnehmen oder zum Anfeuern gekommen sind.

Einige malen sich Glitzer ins Gesicht und packen ihre Tüllröcke aus, andere wirken bereits hoch konzentriert und schieben sich noch ein Energygel zwischen die Zähne.

Kreative Plakate am Streckenrand.

© Inga Hofmann

Steffi Platt, ehemalige Leistungssportlerin und Leiterin des Laufvereins „Fierce Run Force“ hat sich mit ihrer Gruppe bereits um 9 Uhr am Schloss Bellevue zusammengefunden. Sie trainieren mehrmals die Woche, meist in Prenzlauer Berg, und wollen sich heute gemeinsam aufwärmen.

Dann trinke ich halt mit den anderen Aperol, genieße die Sonne und feuere an.

Eine Läuferin, die verletzungsbedingt nicht starten konnte

Am allerwichtigsten ist es, gesund zu sein und sich realistische Ziele zu setzen“, sagt Platt. In der Vorbereitung wurde daher auch Fokus auf Kraftsport, Intervalltraining und Ernährung gelegt.

Die Läuferinnen von Fierce Run Force.

© Inga Hofmann

Außerdem wird zyklusbasiert trainiert, das heißt, die Frauen passen ihr Training an den Menstruationszyklus an. „In der Running Community kursieren teilweise toxische Bilder und die sozialen Medien verstärken das. Das löst Druck aus. Und man sollte sich fragen: Laufe ich wirklich für mich oder für den Status?“

Hier bei Fierce Run Force laufen die Frauen für sich und unterstützen sich gegenseitig. „Ich bin ultra aufgeregt“, erzählt Teilnehmerin Jessy. „Und das obwohl ich eigentlich keine Ambitionen habe, außer ins Ziel zu kommen. Die letzten Jahre bin ich alleine gelaufen, aber in der Gruppe macht das richtig Bock.“

Richtig Bock haben auch die anderen Läufer:innen, die sich am Start zusammengefunden haben. Da ist zum Beispiel Andrew, gebürtiger Schotte, der extra aus London angereist ist. Der 62-Jährige trägt einen Schottenrock und läuft bereits seinen dritten Halbmarathon. „Ich liebe diese Stadt. Es gibt keinen besseren Ort für einen Halbmarathon als Berlin. Der Lauf ist wie eine Sightseeingtour.“

Doch nicht alle, die sich vorgenommen haben, mitzumachen, können diesen Plan auch in die Tat umsetzen. Eine Person humpelt auf Krücken, unter den Arm hat sie sich ein Plakat mit der Aufschrift „Ich habe mich verletzt, damit ihr glänzen könnt.“ Doch sie nimmt die Verletzung, die sie sich in der sportlichen Vorbereitung zugezogen hat, mit Humor: „Dann trinke ich halt mit den anderen Aperol, genieße die Sonne und feuere an.“

Andrew im Schottenrock.

© Inga Hofmann

Abgesehen vom kalten Wind ist das Wetter tatsächlich ideal, um neben der Strecke die Teilnehmenden anzufeuern. Während die ersten an den Start gehen, haben sich am Roten Rathaus und am Dom bereits zahlreiche Zuschauende zusammengefunden.

Nicht alle haben es nach der Vorbereitung auch an den Start geschafft.

© Inga Hofmann

Eine Kapelle sorgt für musikalische Unterhaltung und einige Läufer:innen von Fierce Run Force, die nicht am Halbmarathon teilnehmen, haben knallige Pompons gebastelt, mit denen sie erst die Skater:innen, dann die Handbiker:innen und schließlich die Läufer:innen motivieren.

Mit pinker Kreide haben sie die Namen einiger Läuferinnen auf den Boden gemalt und rufen „Gleich habt ihr es geschafft!“ Schließlich ist das Ziel hier, bei Kilometer 19, tatsächlich ganz nah.

Unterstützung mit selbst gebastelten Pompons.

© Inga Hofmann

Steffi Platt ist in der Vergangenheit schon einige Halbmarathons gelaufen. Sie sieht die Entwicklung, dass das Ereignis immer größer, immer spektakulärer und immer teurer wird, auch kritisch.

Die Skater:innen kurz vor dem Ziel.

© Inga Hofmann

„Das ist wenig inklusiv, wenn es immer schwieriger wird, überhaupt hereinzukommen, und ziemlich elitär“, sagt sie. Man müsse ein gewisses Gehalt haben, um sich die Startplätze, die über 80 Euro kosten, überhaupt leisten zu können.

Besonders gut ist die Stimmung in der Kurve an der Marienkirche. Über Musikboxen laufen energetische Songs und sobald die Läufer:innen den Abschnitt passieren, brandet lauter Applaus und Jubel auf. Manche machen Lärm mit Rasseln und Kuhglocken.

„Wir bleiben auf jeden Fall, bis ganz zum Schluss“, sagt eine Zuschauerin. „Das ist echter Sportsgeist: Auch die letzten, die es ins Ziel schaffen, zu unterstützen.“

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