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Rekordjagd bei den Deutschen Meisterschaften: Deutschlands Schwimmer elektrisieren Berlin
Nicht nur Olympiasieger Lukas Märtens bestätigt seine Ausnahmeform. Die Wettkämpfe in Berlin offenbaren den aktuellen deutschen Höhenflug. Und die Fans kommen so zahlreich wie lange nicht.
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Das Becken in der Schwimmhalle im Europasportpark gilt als schnellstes seiner Art in Deutschland. Bei den 136. Deutschen Meisterschaften, die über vier Tage hinweg hier ausgetragen wurden, ist das mal wieder deutlich geworden.
Für den sportlichen Höhepunkt sorgte Sven Schwarz, der über die 800 Meter sogar einen neuen Europarekord aufstellte. Vor der tosenden Zuschauertribüne brauchte er nur 7:38,12 Minuten für die 16 Bahnen.
Damit pulverisierte er nicht nur den nationalen Bestwert, den Lukas Märtens erst vor zwei Wochen aufgestellt hatte (7:39,10). Er war sogar schneller als der Ire Daniel Wiffen, der bei den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr triumphiert hatte (7:38,19).
16 Jahre ist es mittlerweile her, dass bei Deutschen Meisterschaften ein Europarekord aufgestellt wurde. Paul Biedermann hatte damals über die 200 Meter gesiegt. „Es hat sich gut angefühlt. Es ist richtig gut gerutscht und ich weiß gar nicht warum. Es scheint irgendwie der perfekte Tag gewesen zu sein“, bewertete Schwarz anschließend seinen Coup. „Es macht mich megastolz und megahappy, dass ich mir das WM-Ticket erkämpft habe.“
Das gilt auch für die 1.500-Meter-Strecke. In einem rasanten Rennen hatte er sich am Sonntag nur knapp Florian Wellbrock geschlagen geben müssen, der zugleich für eine neue Weltjahresbestzeit sorgte (14:36,25).
Lukas Märtens bleibt nur knapp über dem Weltrekord
Star des Deutschen Schwimm-Verbandes ist und bleibt aber natürlich Olympiasieger Märtens. Zwei Wochen, nachdem der Magdeburger in Stockholm über 400 Meter als erster Mensch überhaupt unter der Marke von 3:40 Minuten geblieben war und damit für einen neuen Weltrekord gesorgt hat (3:39,96), war der Titel in Berlin natürlich nur noch Formsache. Mit der Zeit von 3:40,61 lag er gerade mal 65 Hundertstel über seiner Bestmarke.
Dass der Aufwärtstrend der deutschen Schwimmerinnen und Schwimmer wieder mehr Fans zu den Wettkämpfen lockt, ist ein schöner Nebeneffekt. „Ich glaube, so eine volle Halle habe ich in Deutschland noch nie gesehen“, sagte Märtens, „vielleicht hat das letzte Jahr auch ein bisschen was bewirkt. Ich hoffe, der Trend geht weiter, dass immer mehr Leute wieder auf das Schwimmen aufmerksam werden“

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Auch auf der 200-Meter-Strecke unterstrich Märtens seine Ausnahmeform und unterbot mit 1:44,25 Minuten die Weltjahresbestzeit von David Popovici aus Rumänien (1:45,07). Wie Schwarz über 800 Meter hätte er mit dieser Zeit bei Olympia die Goldmedaille gewonnen. Im vergangenen Sommer allerdings war er über die Distanz zu schnell angegangen und hatte das hohe Tempo am Ende nicht halten können, er wurde in Paris Fünfter.
Josha Salchow konnte bei diesen Zeiten nicht mithalten, auf der halben Distanz ist er aber inzwischen der DSV-Vorschwimmer. In Paris hatte er es als erster Deutscher seit 1992 über die 100 Meter Freistil ins Finale geschafft und dort Platz sechs belegt.
Angelina Köhler hatte nach Olympia eine Auszeit genommen
In Berlin hatte er dabei nicht nur über seine Paradestrecke überzeugt (48,09 Sekunden) und den deutschen Titel geholt. Auch über die 100 Meter Schmetterling erfüllte er die WM-Einzelnorm hinter Luca Nik Armbruster von der SG Neukölln aus Berlin (51,21). Am Sonntag holte er über die 50 Meter Freistil (22,03) sein dritttes Ticket für die Wettkämpfe in Singapur (11. Juli bis 3. August).
Als der Heidelberger Salchow einst ein Auslandssemester in Australien verbrachte, lernte er die Trainingsmethoden dieser so erfolgreichen Schwimmernation kennen – mit Erfolg. Während es viele Kolleginnen und Kollegen in die USA zieht, reifte er hier zu einem Athleten mit Weltformat.
Die Berlinerin Angelina Köhler tritt bei den Weltmeisterschaften über die 100 Meter Schmetterling als Titelverteidigerin an. Dass sie zum fünften Mal hintereinander Deutsche Meisterin wurde, war also keine Überraschung. In 56,51 Sekunden blieb sie allerdings nur knapp über ihrer Jahresweltbestzeit (56,33), die sie in der vergangenen Woche erst aufgestellt hatte. Über die 50 Meter Schmetterling (25,86) und die 50 Meter Freistil − zeitgleich mit Nina Holt (24,90) − gewann sie weitere Titel, und diese innerhalb weniger Minuten.
Nach dem vierten Platz bei Olympia, der mit vielen Tränen verbunden war, hatte sie eine längere Schwimmpause eingelegt und eine Weltreise unternommen. „Ich habe nach der langen Pause wieder richtig Spaß am Schwimmen“, sagte sie nun bei der DM. „Es ist wichtig, dass man den nicht verliert. Denn nur wenn man Spaß hat, kann man auch schnell schwimmen.“
Und das wird vor allem im Sommer nötig sein, wenn es die besten deutschen Schwimmer mit der Weltklasse zu tun bekommen.
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