
© Nico Stolz
Roundnet als großes Community-Projekt: Ein Spiel mit Suchtpotenzial
In Europa und besonders in Berlin wächst die Begeisterung für Roundnet, das vorrangig im Park stattfindet. Der Sport kommt ganz ohne Schiedsrichter aus und die Regeln werden alle zwei Monate angepasst.
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Berlin ist eine Draußen-Stadt: Sobald die ersten Sonnenstrahlen über den Dächern auftauchen, zieht es die Menschen in die Parks. Und wer an einem warmen Sommertag zum Beispiel durch den Park am Gleisdreieck spaziert, der wird mit Sicherheit diesem Bild begegnen: Vier Menschen, ein rundes Netz auf Bodenhöhe und ein kleiner gelber Ball, der mit rasanter Geschwindigkeit im Kreis geschlagen wird. Was wie eine Mischung aus Volleyball und Trampolin wirkt, nennt sich Roundnet.
Roundnet ist ein sogenanntes Rückschlagspiel, bei dem zwei Teams mit jeweils zwei Spieler:innen gegeneinander antreten. Jan Lehmann, Abteilungsleiter bei den Red Eagles, beschreibt es so: „Es gibt drei Ballkontakte pro Team, um den Ball auf das Netz zu schlagen, dann sind die anderen dran und zwischendurch darf der Ball nicht den Boden berühren.“
Das Netz in der Mitte sieht aus wie ein Mini-Trampolin, das Spielfeld ist rundherum offen. Wer den Ball nicht sauber zurückbringt, verliert den Punkt. Die Regeln ähneln dem Volleyballspiel.
Berlin ist mittlerweile ein Hotspot der deutschen Roundnet-Szene. Der Verein Red Eagles Berlin ist der erste und einzige in der Hauptstadt und bietet heute regelmäßige Trainings, Turniere und sogar ein Training nur für Frauen an.
Auch die Humboldt-Universität hat das Potenzial von Roundnet erkannt. Dort kann im Rahmen des Hochschulsportprogramms gespielt werden. Lehmann sagt, dass sie als Verein den Sport gern vorantreiben wollen. Allerdings gehe das leider nur sehr begrenzt, da sie praktisch keine Sportplätze oder oft nur kleine Turnhallen zur Verfügung haben.
Roundnet wird in über 60 Ländern gespielt
Lehmann selbst hat den Sport 2019 im Internet gefunden, sich ein Set gekauft, ein paar Freunde überredet und einfach angefangen. „Typische Wege sind heute, dass die Leute das im Park sehen und nachfragen, was das ist“, erzählt er. „Man braucht eben auch nicht viel. Ein kleines Netz, vier Leute, einen Ball und ein bisschen Platz.“
Es erfordert Ausdauer, Reaktion, Geschicklichkeit und das Spiel hat großes Suchtpotential.
Jan Lehmann, Abteilungsleiter bei den Red Eagles aus Berlin
Praktisch findet er auch, dass man Roundnet sowohl auf dem Rasen, als auch auf Sand oder in der Halle spielen kann. Für ihn vereint Roundnet oder Spikeball, wie manche auch sagen, viele Parameter: „Es erfordert Ausdauer, Reaktion, Geschicklichkeit und das Spiel hat großes Suchtpotential. Also alle, die in den Sport reinkommen, sind auch bereit, in der Woche viele Stunden zu spielen.“
Neben den sportlichen Aspekten hebt Lehmann besonders die Community hervor, die sich rund um Roundnet entwickelt hat: „Da sind ganz tolle Leute, auch im deutschlandweiten Verband ,Roundnet Germany’ und insgesamt viele tolle Ehrenamtliche.“
Roundnet wird mittlerweile in über 60 Ländern nicht nur als Freizeitsport, sondern auch professionell gespielt. Neben Europa ist die Begeisterung dafür vor allem in den USA und in Kanada groß. Die letzte Weltmeisterschaft wurde 2024 in London ausgetragen, dort hat allerdings Deutschland in der Individual-Herren-Klasse den ersten Platz geholt.
„Und auch Berlin ist bei den Wettkämpfen ganz oben mit dabei. Bei der WM ist ein Team aus Berlin auf dem neunten Platz gelandet“, so Lehmann. Er berichtet, dass in Deutschland Bundes- und Regionalligen für Roundnet existieren. Und dass Berlin auch dort ganz oben mitspielt.
Neben organisierten Gruppen und Ligen gibt es eine wachsende Szene, die sich regelmäßig in öffentlichen Parks trifft. Wer mitspielen will, braucht oft nicht mehr als ein freundliches „Habt ihr noch Platz?“, ein bisschen Neugier und schon ist man dabei.
Wahrscheinlich ist es auch das, was den Sport so anziehend macht: Er schweißt Menschen zusammen. Man braucht Teamgeist, um gut zu spielen. „Daneben wird Fairplay großgeschrieben, denn das Spiel läuft in der Regel ohne Schiedsrichter, das heißt, man klärt unter sich, ob es Fehler gab“, sagt Lehmann.
Wer jetzt neugierig geworden ist, sollte einfach mal in einem der Berliner Parks schauen, ob er Spielerinnen oder Spieler sieht oder sich auf Social Media anschließen. Roundnet ist ein junger Sport, der sich immer noch verändert, sodass man ihn derzeit sogar noch mitgestalten kann. „Aktuell werden weltweit alle zwei Monate Anpassungen der Regeln ausprobiert, um den Sport für Spieler und auch für Zuschauer noch attraktiver zu machen“, sagt Lehmann. Roundnet ist eben nicht nur Sport, sondern auch ein spannendes Community-Projekt.
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