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Sport: Rufe aus der Heimat

Uwe Krupp war bester deutscher Eishockeyspieler – nun soll er als Trainer dem Nationalteam helfen

Berlin - Zehn Uhr morgens ist es in Atlanta. Uwe Krupp sitzt in seinem Haus in der im US-Bundesstaat Georgia gelegenen Großstadt. Weit weg von der Heimat, in der er seit 17 Jahren nicht mehr wohnt. Doch in Gedanken ist er ihr näher denn je, sagt er. Schon in ein paar Tagen reist er nach Füssen. Trainingslager und Gespräche mit dem Deutschen Eishockey-Bund (DEB). „Das ging alles so schnell, natürlich war ich überrascht“, spricht Krupp ins Telefon. Der DEB hat ihn gefragt, ob er helfen könne, die bei der WM in Österreich in die Zweitklassigkeit abgestürzte Nationalmannschaft wieder erstklassig zu machen – als Bundestrainer.

Ein Trainer allerdings ohne große Erfahrung hinter der Bande, aber mit der Erfahrung eines erstklassigen Spielers, dessen Karrierehöhepunkt die Finalserie von 1996 in der nordamerikanischen Eishockey-Liga NHL war. In der Verlängerung des letzten Spiels hat Krupp für die Colorado Avalanche das 1:0 gegen die Florida Panthers erzielt. Das Tor bescherte dem Klub aus Denver den Stanley Cup, die Meisterschaft. Vor zwei Jahren hat der 39 Jahre alte Krupp seine Karriere beendet. Nach 810 NHL-Partien, zwei Stanley-Cups und als erster Verteidiger, der in der Liga einen Hattrick geschafft hat. Große Erfolge – im Ausland. „Weil ich kaum im Nationalteam spielen konnte, sind in Deutschland andere bekannter als ich.“ Bis jetzt. Denn nun kehrt Krupp zurück. Als Bundestrainer soll er mit dem bisherigen Bundestrainer Greg Poss zusammenarbeiten: „In Füssen werden wir die Rollenverteilung klären.“

17 Jahre Nordamerika. Das hat den Kölner beeinflusst. Manchmal fällt ihm ein deutsches Wort nicht sofort ein, und auch die amerikanische Einstellung zum Sport hat auf ihn abgefärbt. Positives, aber nicht naives Denken ist angesagt. Diskussionen über verschiedene Spielsysteme seien ja schön, aber „nur zur Unterhaltung, um das Spiel im Gespräch zu halten. Denn alle Teams auf hohem Niveau spielen Variationen des gleichen Systems.“ Dass Poss wegen seines Systems kritisiert wurde, sei Unsinn.

Natürlich haben die Deutschen in Österreich zu schlecht abgeschnitten, sagt Krupp. Aber: „Eine schnelle Lösung für das Problem habe ich nicht, aber schnelle Lösungen gehen auch schnell in die Hose.“ Erst einmal müsse er sich umschauen in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). „Wir müssen uns hier nicht über Hecht, Sturm oder Kölzig unterhalten.“ Natürlich seien die drei wichtig, aber nur dann gut, wenn das Teamwork stimmt. „Oder hat Dänemark einen Hecht?“ Nein, aber Dänemark spielt nächstes Jahr bei der A-WM, Deutschland nicht. Doch Krupp macht Mut. „Mein Gott, dann lese ich, dass unsere Spieler den guten Nationen läuferisch unterlegen sind. Irgendwie sind wir immer unterlegen.“ Das sei die falsche Mentalität, das will er ändern. Zusammen mit Poss. „Unsere Philosophien sind ähnlich.“ Es soll sich viel ändern beim Nationalteam: großer Trainerstab, neuer Torwarttrainer, engere Zusammenarbeit mit der DEL und so weiter.

Am 31. August, beim Canada-Cup, hat Krupp seine ersten Spiele als Bundestrainer vor sich, am Anfang einer Saison in der für die Deutschen nur das Ende zählt: das B-WM-Turnier im April 2006 in Frankreich und der Aufstieg. Krupp weiß das. Vielleicht zieht er zurück in die Heimat. „Obwohl von Atlanta täglich fünf Flüge nach Deutschland gehen.“ Parallelen zu Jürgen Klinsmann, dem Fußball-Bundestrainer aus Kalifornien, drängen sich auf. „Ich weiß doch, was am Jürgen kritisiert werden wird, wenn er keinen Erfolg hat: Dass er zu weit weg wohnt.“ Das, sagt Krupp, will er sich nicht anhören. Obwohl er das Scheitern nicht einplant. „Wir haben bis April viel Zeit, um uns und eine positive Einstellung zu finden.“ Vom Potenzial her sei der Aufstieg kein Problem: „Wir Deutschen sind nicht so schlecht im Eishockey, wie wir glauben. Wir können jeden schlagen und viel erreichen.“ Uwe Krupp hat es ja vorgemacht, als einer der besten Spieler in der besten Eishockey-Liga der Welt.

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