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Eingespieltes Team: Athletiktrainer Pepe Silva Moreno (rechts) und Chefcoach Aito Garcia Reneses.

© imago images/Andreas Gora

Alba Berlins Athletiktrainer Pepe Silva Moreno: Scharfe Sinne für Körper und Geist

Am Freitag bestreitet Alba Berlin das 67. Spiel in nicht einmal sieben Monaten. Pepe Silva Moreno versucht, die Mannschaft dennoch fit und gesund zu halten.

Selbst an seinem Geburtstag fiel Pepe Silva Moreno nicht aus der Rolle. Der Athletiktrainer von Alba Berlin wurde am Mittwoch 51 Jahre alt und verweigerte sich den üblichen Gepflogenheiten im Team. Statt den unter den Basketballern überaus beliebten Donuts brachte der Spanier zur Feier des Tages jede Menge Sushi mit. „Das ist gesund und es schmeckt ihnen auch“, sagt Silva.

Als er 2016 zu Alba kam, kämpfte er an gegen die Vorliebe für süßes Gebäck. „Ich habe zu Niels Giffey gesagt, ihr könnt doch nicht dauernd Donuts essen, aber mittlerweile habe ich aufgegeben“, sagt Silva. Der Spieler, der den 100. Punkt erzielt, muss immer noch eine Lage mitbringen. Gegen solche Traditionen kommt selbst der beste Athletiktrainer nicht an.

Ansonsten ist Silvas Wort aber Gesetz bei Alba. „Er ist ein ganz wichtiger Bestandteil des Teams“, sagt Marco Baldi. Fleißig sei er, wissbegierig, stets auf dem Laufenden. Doch das sei nicht das Wichtigste. „Vor allem ist er ein Mensch und kein Roboter“, sagt der Berliner Manager. Er verlasse sich nicht nur auf die heutzutage massenhaft verfügbaren Daten, sondern spreche mit den Spielern, höre ihnen zu. „Er hat scharfe Sinne und bekommt Schwingungen in der Mannschaft mit.“

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Im Sport wird viel über die Spieler gesprochen, ebenso über die Cheftrainer, der große Stab dahinter arbeitet meist im Verborgenen. Das ist bei Silva nicht anders – selbst in einer strapaziösen Saison wie dieser, in der die Bedeutung der Athletiktrainer noch größer ist als ohnehin schon. Wenn Alba am Freitag (19 Uhr, Magentasport) bei Bundesliga-Schlusslicht Rasta Vechta antritt, bestreitet das Team sein 67. Spiel seit dem Saisonstart am 1. Oktober, das heißt im Durchschnitt eine Begegnung alle drei Tage. Wobei der Plan für weite Strecken noch enger war, weil die Mannschaft im Herbst für zwei Wochen in Quarantäne war und daher später viele Spiele nachholen musste.

„Als Euroleague-Team hast du normalerweise drei oder viermal pro Saison eine Woche mit drei Spielen. Letztes Jahr haben wir noch gesagt: Wow, jetzt kommt die große Woche. Diese Saison ist das unser Alltag“, sagt Silva. Wobei die Spiele gar nicht das große Problem sind, sondern die Reisen. „Wir könnten problemlos alle zwei Tage ein Heimspiel absolvieren. Es sind die Flüge, das Warten, das frühe Aufstehen, das die Jungs fertig macht“, sagt Silva. Jammern über die Umstände will er aber nicht, das würde auch nicht zu ihm passen.

„Die Daten allein sagen gar nichts aus“

Also hat Silva überlegt, analysiert, improvisiert. Die meisten Pläne aus den trainingswissenschaftlichen Lehrbüchern sind nicht zu gebrauchen, weil ein solcher Rhythmus über solch eine lange Zeit im Profisport kaum vorgesehen ist. „Die einzige Möglichkeit ist, so viel wie möglich zu individualisieren und zu spezifizieren“, sagt Silva – das gelte aber nicht erst seit der Pandemie. Sein Training könnte also nicht weiter vom dem entfernt sein, was früher mal üblich war und heute in vielen Amateurvereinen noch praktiziert wird. Alle Spieler machen dieselben Übungen zur selben Zeit – das gibt es bei Alba nicht.

Silva bricht die Dinge gerne auf die kleinste Ebene herunter. Er spricht von Mikrotrainingseinheiten von zehn oder 15 Minuten und Mikroperiodisierung. Zeit ist halt Mangelware und die Effizienz steht im Mittelpunkt. Manche Spieler heben nach dem Spiel noch Gewichte, andere machen ihre Übungen im Hotel, wieder andere vor dem Training. In manchen Wochen wird die Intensität erhöht, in anderen liegt der Fokus fast ausschließlich auf der Erholung.

Um genau zu wissen, was jeder Spieler in einer bestimmten Situation braucht, haben der Athletiktrainer und sein Assistent Sebastian Böhm verschiedene Aspekte im Blick. Bei jedem Training werden durch Herzfrequenzmesser und Tracking Daten erhoben, diese helfen Silva aber erst in Kombination mit dem direkten Kontakt. „Die Daten allein sagen gar nichts aus, du musst sie analysieren und interpretieren“, sagt er. Eine erhöhte Herzfrequenz etwa kann ganz unterschiedliche Gründe haben: Vielleicht ist der Spieler müde, eventuell aber auch nur sehr motiviert, oder er hat schlecht geschlafen. Deshalb erkundigt sich Silva vor jeder Einheit persönlich bei den Spielern über ihr Wohlbefinden.

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Verletzungen lassen sich trotzdem nicht vollständig verhindern. In dieser Saison ist beinahe jeder Alba-Spieler schon einmal ausgefallen. Insgesamt sei die Anzahl der Verletzungen allerdings nicht überdurchschnittlich hoch gewesen, sagt Silva. Gerade in den Wochen nach der Quarantäne haben sich diese gehäuft, wobei die Gründe unterschiedlich und Traumata wie beispielsweise der Mittelhandbruch von Jayson Granger einfach Pech sind.

Aktuell sind zum ersten Mal in dieser Saison alle Profis fit und nach dem Ende der Euroleague-Hauptrunde ist auch der Spielplan nicht mehr so eng getaktet. Für Silva heißt das zwar nicht weniger Arbeit, sie lässt sich aber besser organisieren. Große physische Verbesserungen sind trotz der nun vorhandenen Trainingszeit allerdings nicht möglich. „Nach sechs Monaten mit so einem Programm sind die Spieler nicht mehr frisch, deswegen darf man es nicht übertreiben. Aber wir können Details verbessern und an gewissen Problemzonen arbeiten“, sagt Pepe Silva Moreno. Der Fokus liege nun, kurz vor der entscheidenden Phase der Saison, aber vor allem auf der basketballerischen Entwicklung – und damit wieder auf Cheftrainer Aito Garcia Reneses.

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