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Sport: Schwabing schwarz-gelb

Eine Münchner Kneipe ist fest in Dortmunder Hand.

München - Das schwarz-gelbe Mekka Münchens liegt versteckt zwischen Schwabinger Altbauten. Auf einem beleuchteten Schild steht „Clemensburg“, doch weder draußen noch drinnen deutet viel darauf hin, dass die Clemensburg seit einigen Jahren die Pilgerstätte schwarz-gelber Bajuwaren ist. Eine Fahne hängt unter der Leinwand, zumindest bei Spielen der Borussia, ein Fan-Schal und einige Sticker sind Dauergäste an den holzgetäfelten Wänden. Ansonsten aber gibt es keine sportlichen Devotionalien, es gibt bayerisches Bier und auch keinen Schnaps aus dem Ruhrgebiet.

Gemeinsam mit einer Freundin hat Sonja Pintaric die Kneipe vor drei Jahren übernommen. Damals prägte noch ein anderer Verein das Farbbild. Ein Münchner Fanklub von Schalke 04 traf sich zu Spielen seines Klubs. Ausgerechnet. Doch die Schalker schauten sich schon bald nach einer anderen Stätte um. Und so ergab es sich, dass Sonja irgendwann Ende 2010 einen Anruf bekam. Der Mann suchte nach einer neuen Heimat für einen Dortmund-Fanklub. Sonja war zunächst skeptisch, ihre Freundin Barbara grundsätzlich angetan: „Ich stehe schon lange auf Jürgen Klopp“, sagte sie spontan. Gemeinsam besuchten sie inkognito den damaligen Treffpunkt des Fanklubs und stellten fest: Das könnte klappen. Nach einem Test-Abend war die Sache besiegelt, in zwei Monaten wurden aus 30 Gästen 90. Die Fangemeinde wuchs, in der Clemensburg wurde es bei Dortmund-Spielen immer enger.

„Hier menschelt es irgendwie“, sagt Simon, ein Fan, der mit einer Zigarette vor der Tür steht. Über einen Kumpel wurde er auf den Ort aufmerksam gemacht. Nun werde er öfter kommen. Es ist ein buntes Herkunftsgemisch, was sich da in der Clemensburg versammelt: Münchner, Dortmunder, Zugereiste aus allen Teilen Deutschlands. Dass die Clemensburg seit 1909 existiert, ist denen nur recht. Im Fußball funktioniert viel über Symbole, Borussia Dortmund wurde 1909 gegründet. Das passt.

Wenn Dortmund mal Spielpause hat, werden Bayern-Spiele live übertragen, in der Stadt des Rekordmeisters muss das wohl so sein. Die Dortmunder ärgere das nicht, sagt Sonja, denn schließlich steche Dortmund im Zweifelsfall den großen Konkurrenten aus.

Heute Abend öffnet die Clemensburg zwei Stunden früher, und nur Anhänger des BVB werden reingelassen. „Hier gab es noch nie Schlägereien, und das soll auch so bleiben“, sagt Sonja, die mit den Jahren einen feinen Unterschied entdeckt hat zwischen beiden Fangruppierungen. „Das Mitfiebern ist bei den Dortmundern schon mehr ausgeprägt, die sind mitfühlender, im Guten wie im Schlechten“, das zeige sich schon daran, wie viel Trinkgeld gezahlt werde. „Die Münchner sind ganz anders: die sind schlicht zurückhaltender“, sagt Sonja.

Dass jahrelang Schalker die Clemensburg besetzten, davon ist inzwischen fast nichts mehr zu sehen. Der einzige Ort, an dem der große Konkurrent aus dem Pott noch seinen Platz hat, ist die Toilette: Blau-weiße Wände und in den Pissoirs liegen blaue Spritzschutze. Mancher Borusse findet die Farbwahl zumindest an diesem Ort vielleicht gar nicht so verkehrt. Nicolas Diekmann

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