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Zum Abdrehen. Dante bejubelt seinen Treffer in der alten Heimat. Foto: AFP

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Sport: Sei gegrüßt, verehrte Heimat Dante spielt gegen Italien groß auf – zumindest vorn

Salvador da Bahia - Dante hat sein Cavaquinho dabei, so ein Zwischending aus Gitarre und Ukulele, er trägt es in einem Koffer spazieren. Ohne Cavaquinho geht gar nichts in der Kabine.

Salvador da Bahia - Dante hat sein Cavaquinho dabei, so ein Zwischending aus Gitarre und Ukulele, er trägt es in einem Koffer spazieren. Ohne Cavaquinho geht gar nichts in der Kabine. „Wir Brasilianer haben eine etwas andere Kultur als ihr,“, sagt Dante, „alles ist ein bisschen lockerer, aber wir haben auch viel Druck. Um damit richtig umzugehen, brauchen wir Spaß und Musik.“ Gern auch vor dem Spiel und danach. Nun hat Dante in den vergangenen Wochen mit dem FC Bayern München viel Spaß und bei den Siegespartys auch viel Musik erlebt. Aber am Samstag war alles noch einmal eine Nummer größer. Das erste Länderspieltor, zu Hause in Salvador da Bahia! Und dann auch noch Italien 4:2 besiegt! Vor den Augen der Großfamilie, sie wohnt immer noch im Norden Brasiliens, und am Samstag haben sie ihn nach zehn Jahren endlich mal wieder in der Heimat Fußball spielen sehen. 60 Karten hat er gekauft, damit die gesamte Entourage auf der Tribüne sitzen kann.

Im dritten Vorrundenspiel des Confed-Cups ist Dante erst mal wie so oft in der jüngeren Vergangenheit nur Ersatz, aber was heißt schon nur? Der Mann hat es mit 29 Jahren noch zum Nationalspieler gebracht, und das in Brasilien, wo die Konkurrenz traditionell riesig ist. Erst recht für einen, der in der Heimat nie bei einem der großen Klubs gespielt und sich in Europa über Frankreich und Belgien hochgedient hat, bis er im vergangenen Jahr bei den Bayern landete. Und plötzlich auch für Brasilien interessant wurde.

Das Estadio Fonte Nova kennt Dante aus seiner Zeit als jugendlicher Fan vom Esporte Clube Bahia und ein bisschen auch von seinem einzigen Profispiel in der Heimat, er hat es als Gast im Trikot von Juventude aus Rio Grane do Sul absolviert. Es geht ihm ans Herz, als knapp 50 000 Brasilianer vor dem Spiel die Nationalhymne singen: „O Patria amada, idolatrada. Salve! Salve!“ Geliebte, verehrte Heimat. Sei gegrüßt, sei gegrüßt!

Die Heimat grüßt zurück, als Dante nach einer halben Stunde für den verletzten David Luiz auf den Platz darf. Ein Jubelorkan fegt durch das Stadion. Es naht der große Augenblick. Brasilien bekommt einen letzten Freistoß vor der Halbzeit, Neymar wird ihn treten. Dante schleicht sich nach vorn und sieht ganz hinten am Fünfmeterraum, wie Fred zum Kopfball kommt und Gianluigi Buffon den Ball abwehrt. Dante hat sich ein Stück zu weit nach vorn gewagt und schafft es irgendwie, das linke Bein zurückzudrehen und hält die Fußspitze in die Flugbahn des Balles, er passt genau zwischen Buffon und Pfosten. Und die Party kann beginnen.

Dante hüpft und rennt und lacht und schreit, bis ihn die Kollegen endlich einfangen. „Das war ein sehr, sehr emotionaler Augenblick für mich, vielleicht der glücklichste in meinem Leben“, sagt er: Und: „So etwas kann man mit Geld nicht bezahlen.“ Um ihn herum drängen sich die brasilianischen Reporter mit ihren Mikrofonen und Kameras. Es sind dieselben Reporter, die vor einem halben Jahr noch nicht mal seinen Namen kannten. Jetzt ist er ein ernsthafter Kandidat für die WM und schießt auch noch ein Tor, was ja im Alltag nicht so seine Stärke ist. Dante lacht und verweist darauf, „dass ich für die Bayern schon ein Tor gemacht habe“, es war ein Kopfball zum strategisch wichtigen vierten Tor beim 5:0 über Hannover 96.

Später im Spiel läuft es nicht ganz so gut. Dante steht hinter Mario Balotelli, als der mit der Hacke den Ball verlängert zum 1:1 von Emanuele Giaccherini. Dante stolpert im Strafraum, als Giorgio Chiellini Italiens zweites Tor erzielt. Sein Kerngeschäft in der Verteidigung erledigt er mit bescheidenem Erfolg. Aber das interessiert Dante Bonfim Costa Santos an diesem Abend nicht. Weiter vorn warten schon die Kollegen auf den Mann mit dem Cavaquinho, ohne das im Mannschaftsbus gar nichts geht.Sven Goldmann

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