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Derry Scherhant bejubelt sein 1:0 gegen Ibrahim Maza.

© Reuters/Annegret Hilse

Sieg im DFB-Pokal gegen Heidenheim: Hertha BSC zeigt wieder Bundesliga-Niveau

Beim 2:1 gegen Europapokalteilnehmer Heidenheim überzeugt Hertha mit Leichtigkeit und Kreativität. Und hat am Ende auch das nötige Glück, das es manchmal braucht.

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Frank Schmidt ließ seinem Frust freien Lauf. „Alter Schwede!“, rief der Trainer des 1. FC Heidenheim, als er nach dem Schlusspfiff durch die Katakomben des Olympiastadions stampfte und seine Jacke mit Wut und Wucht zu Boden warf. Auch eine halbe Stunde später auf der Pressekonferenz konnte er sein Pech kaum fassen. „Eigentlich müssten wir alle nicht hier drinnen sitzen, sondern im Stadion sein für die zweite Hälfte der Verlängerung“, sagte er.

Doch so war es eben nicht. Weil ihnen ein spätes Ausgleichstor durch Paul Wanner auf umstrittene Weise aberkannt worden war, verloren die Heidenheimer mit 1:2 gegen Hertha BSC und schieden aus dem DFB-Pokal aus. Während sich Schmidt und seine Kollegen ärgerten, feierten ihre Berliner Gastgeber eine famose Pokalnacht, die womöglich noch eine neue Euphorie rund um den Klub entfachen kann.

Aber der Reihe nach. Nach dem Spiel stand das aberkannte Tor im Fokus und Schmidts Frust konnte man zumindest einigermaßen verstehen. Seine Spieler jubelten schon, als sich der Schiedsrichter Robert Kampka und sein Assistent Martin Wilke an der Linie entschieden, den Treffer wegen eines Fouls im Aufbau nicht gelten zu lassen. Dabei gab es vor diesem vermeintlichen 2:2 weder Pfiff noch eine Fahne, die ein Foul signalisiert hatten. Die Revidierung der Entscheidung folgte erst Sekunden danach.

Weil es in der zweiten Pokalrunde keinen Videobeweis gibt, hätte man die Entscheidung jedoch direkt im Spiel treffen müssen, argumentierte Schmidt. Stattdessen hätte es hier quasi eine VAR-Entscheidung ganz ohne VAR gegeben. Auch Herthas Florian Niederlechner, der mit 34 Jahren zu den Routiniers im deutschen Profifußball zählt, räumte nachher ein, dass er so etwas noch nie erlebt habe.

Man merkt jetzt einfach nach jedem Sieg, dass wir mehr Selbstvertrauen haben.

Florian Niederlechner

Doch wie Niederlechner auch betonte, sollte die Kontroverse keinesfalls von der fantastischen Leistung und dem verdienten Achtelfinaleinzug des Berliner Zweitligisten ablenken. „Es wäre unglaublich bitter gewesen, wenn das Tor gezählt hätte. Wir haben vor allem in der ersten Halbzeit ein herausragendes Spiel gemacht“, so der bayerische Stürmer.

Wie viele seiner Kollegen sprach er sogar von der bisher „besten Halbzeit der Saison“, und das aus gutem Grund. Trotz Außenseiterrolle gegen den Europapokal-Teilnehmer Heidenheim war Hertha über weite Strecken die klar bessere Mannschaft und auch statistisch komplett überlegen. Zur Halbzeitpause hatten die Berliner 6:1 Torschüsse, fast 60 Prozent Ballbesitz und eine Führung, die deutlich höher als 1:0 hätte ausfallen können.

Die Ideen von Trainer Fiel setzt das Team immer besser um

Zudem war eine bemerkenswerte Leichtigkeit und Kreativität im Spiel nach vorne zu erkennen. Die Tore durch Derry Scherhant und Michael Cuisance unterstrichen diesen Eindruck noch. Hertha wirkt wie eine Mannschaft, die immer mehr zu sich selbst findet. Und das bestätigten auch die Spieler nach dem Schlusspfiff.

„Man merkt jetzt einfach nach jedem Sieg, dass wir mehr Selbstvertrauen haben. Wir bewegen uns brutal gut in die Positionen: Jeder weiß eigentlich, was der andere macht. Man sieht einfach, dass die neue Spielphilosophie immer mehr funktioniert“, sagte etwa Niederlechner. Auch Ibrahim Maza sprach davon, dass die Mannschaft die Ideen vom neuen Trainer Cristian Fiel immer besser umsetze: „Wir mussten uns noch ein bisschen daran gewöhnen, aber gerade machen wir das super.“

Dass man auch zu früh zu euphorisch werden kann, weiß man in Charlottenburg nach den vergangenen Jahren allzu gut. So warnte etwa Sportdirektor Benjamin Weber davor, zu sehr in Superlativen zu schwelgen. Doch es ließ sich eben auch nicht ignorieren, dass sich Hertha an diesem Mittwochabend tatsächlich wieder auf Bundesliga-Niveau präsentieren konnte. Und das macht zumindest Mut für das Topspiel gegen den 1. FC Köln am kommenden Samstag.

„Es ist ein Prozess und wir denken von Spiel zu Spiel“, sagte Siegtorschütze Cuisance. „Heute war noch ein Schritt nach vorne und ich kann Samstag jetzt kaum erwarten.“

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