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Ihr erstes Halbfinale bei den Paralympics seit 2016 ging für die Sitzvolleyballer 0:3 gegen Bosnien verloren.

© imago/Pressefoto Baumann/IMAGO/Hansjürgen Britsch

Sitzvolleyballer spielen um Bronze: „Der zweite Satz ist meine Schuld“

Ihr erstes Halbfinale bei den Paralympics seit 2016 geht für die Sitzvolleyballer 0:3 verloren. Viele Wechsel des Trainers können die Niederlage nicht verhindern.

Von Monja Nagel

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Als vor dem Halbfinalspiel die Hymne ertönt, sieht man den deutschen Sitzvolleyballern an, wie stolz sie auf die bereits gezeigten Leistungen bei den Paralympics in Paris sind. Die Mannschaft wirkt fokussiert, singt am Donnerstagmittag mit geschwellter Brust und saugt die elektrisierende Atmosphäre in der Arena Paris Nord förmlich auf.

Seit 2016 hatte sie nicht mehr zu den besten Vier bei den Paralympics gezählt. Nun ging es um den Finaleinzug gegen Bosnien und Herzegowina – und die Deutschen erwischten den besseren Start. Nach nicht mal fünf Minuten und bei einem Zwischenstand von 6:3 für Deutschland nimmt Bosniens Trainer seine erste Auszeit. Doch die sollte Wirkung zeigen.

Die Deutschen spielen zwar weiter aktiv nach vorne, scheitern aber des Öfteren am gegnerischen Block. Beim 14:10 ist der Jubel für Deutschland noch laut, dann schleichen sich Fehler ein und Bosnien schlägt zu. Auch die Auszeit von Bundestrainer Christoph Herzog beim Stand von 19:19 kann den Lauf der Südosteuropäer nicht stoppen. Deutschland gerät in Rückstand und verliert den Satz mit 23:25. „Wir haben es nicht zu Ende gespielt“, resümiert Herzog. „Da hätten wir ganz viel Energie mitnehmen können für die nächsten Sätze.“

Was den Deutschen im ersten Satz teilweise noch gelang, funktioniert im zweiten nicht mehr. „Wer den ersten Satz gewinnt, hat den Vorteil“, sagt der deutsche Spieler Tatang Francis Tonleu. „Wir waren komplett raus.“ Die Bosnier holen sich schnell die ersten Punkte und ziehen auf 7:0 davon.

Der deutsche Bundestrainer Christoph Herzog

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Auch vermehrte Wechsel tragen nicht dazu bei, den Rückstand zu verkleinern. Beim ersten deutschen Punkt zum 1:9 explodiert der mitgereiste Fanblock. Doch mehr und mehr wird der Frust sichtbar im deutschen Team und auch Herzog steht nicht mehr an der Seitenlinie, sondern sitzt auf der Bank und kritzelt fieberhaft auf seinem Taktikboard.

Nach dem verwandelten Satzball der Bosnier zum 25:6 schlägt der deutsche Spieler Mathis Tigler neben Herzog die Hände vors Gesicht. „Der zweite Satz ist meine Schuld“, sagt Herzog nach dem Spiel. „Die Rotationen und Anfangsaufstellung waren nicht optimal.“

Als der dritte Satz beginnt, macht Bosnien da weiter, wo es aufgehört hat und geht in Führung. Aber das deutsche Team hat die Pause genutzt und kämpft. „Ich bin extrem glücklich, dass wir aus so einem zweiten Satz wieder ins Spiel gefunden haben“, sagt Tonleu. Das sei sehr wichtig.

Es entstehen lange Ballwechsel und viele ins Mittelfeld gespielte Bälle. Irgendwann kann Bosnien sich erneut absetzen, zieht auf 15:11 davon. Doch das Team kommt noch einmal zurück und gleicht zum 20:20 aus. „Deutschland, Deutschland“-Rufe schallen durch die Halle und die Zuschauer trampeln mit den Füßen auf den Tribünenboden. Nach einer weiteren Auszeit zieht Bosnien auf 24:21 davon. Drei Matchbälle, das Spiel scheint entschieden.

Doch Deutschland bäumt sich erneut auf. Als die Anzeigetafel die Lautstärke messen will, ertönt ohrenbetäubender Lärm. 130 Dezibel. Herzogs Team gelingt der Ausgleich, dann sogar Satzball. „Diese Chancen musst du gegen die Weltspitze wie Iran oder Bosnien machen. Wenn wir die nicht machen, dann verliert man 3:0“, sagt Herzog.

Insgesamt kann Bosnien vier Satzbälle der Deutschen abwehren. Auf den Rängen werden sich die Haare gerauft. Durch eine fragwürdige Schiedsrichterentscheidung kommen die Südosteuropäer ein letztes Mal zum Matchball – und nutzen die Chance zum 31:29 für Bosnien.

„Am Ende ist das verdient. Wir waren nicht konstant genug“, sagt Herzog. Mit dem ersten und letzten Satz könne er leben. Sein Team hätte gewusst, dass es auf dem Niveau mitspielen kann. Dem stimmt Tonleu zu: „Wir hatten uns heute mehr vorgenommen und wir hatten eine Chance. Noch nie waren wir so nah an Bosnien.“

Bereits am Freitag geht es im Spiel um Bronze gegen Ägypten. Bundestrainer Herzog weiß, dass es noch etwas zu gewinnen gibt. „Es ist traumhaft, hier um eine Medaille zu spielen“, sagt er und lobt den deutschen Fanblock. „Die Unterstützung macht uns stolz.“

Tatang Francis Tonleu sieht die Niederlage im Halbfinale als einen Aufbau für das Spiel gegen Ägypten und hält den Gegner für schlagbar. „Ägypten liegt uns, und es ist ein kleines Finale. Mein Ziel war es, Gold mit nach Hause zu nehmen, aber Bronze glänzt genau so“, sagt Tonleu.

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