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Bochum kündigt Einspruch an: Feuerzeugwurf aus Union-Fanblock verletzt Torwart und überschattet 1:1 gegen Bochum
Der 1. FC Union Berlin enttäuscht gegen das abgeschlagene Schlusslicht trotz langer Überzahl. Der VfL Bochum hat nach dem Eklat in der Nachspielzeit bereits Einspruch angekündigt.
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Es lief bereits die Nachspielzeit, als ein bescheidener Nachmittag für den 1. FC Union Berlin auf sein unrühmliches Ende zulief. Während sich Patrick Drewes bei einem Abstoß aufreizend viel Zeit ließ, flog von der Waldseite ein Feuerzeug aufs Feld und traf Bochums Torwart offenbar am Kopf.
Drewes ging zu Boden und wurde im einsetzenden Köpenicker Schneeregen lange behandelt. Die Berliner Ultras sangen: „Steh auf, du Sau!“ Nach mehreren Minuten wurde Bochums Torwart, gestützt von zwei Betreuern, vom Feld begleitet.
Schiedsrichter Martin Petersen schickte die Mannschaften in die Kabinen, das Spiel stand auf der Kippe. Nach knapp zehn Minuten kehrten die Berliner zurück und hielten sich mit Läufen warm, vom VfL Bochum war nichts zu sehen. Um 17.45 verkündete Stadionsprecher Christian Arbeit, dass die Partie fortgesetzt wird und kurz darauf kehrten die Gäste auf den Rasen zurück, allerdings ohne ihren Torwart.
Für die letzten Minuten der Nachspielzeit zog sich Philipp Hofmann das Trikot von Drewes über und Bochum spielte nach ausgeschöpftem Wechselkontingent zu neunt. Spielen war allerdings der falsche Begriff, denn beide Mannschaften ließen die Zeit nur noch auslaufen. Um 17.50 Uhr beendete Petersen das Spiel beim Stand von 1:1.
„Es war die Empfehlung, dass wir das Spiel zu Ende bringen, damit es abgepfiffen werden kann“, erklärte Unions Manager Horst Heldt. „Da ist es dann sportlich selbstverständlich, dass das Spiel nicht mehr normal weitergeführt werden kann und dass wir nicht gegen neun Mann anrennen, um ein zweites Tor zu machen.“
Der Aussetzer im Fanblock war der Tiefpunkt eines Nachmittags, der auch sportlich für die Berliner zum Vergessen war. Gegen das abgeschlagene Schlusslicht hatte sich Union sehr schwergetan – und das trotz langer Überzahl. Nach Toren von Ibrahima Sissoko und Benedict Hollerbach vor der Pause mussten sich die Berliner mit einem Remis begnügen.
Ob das Ergebnis Bestand haben wird oder vom Sportgericht revidiert wird, bleibt abzuwarten. Bochums Geschäftsführer Ilja Kaenzig kündigte unmittelbar nach Abpfiff an, Einspruch gegen die Spielwertung einzulegen. „Aus unserer Sicht hätte der Schiedsrichter das Spiel abbrechen müssen, das ist nicht geschehen. Wir haben mitgeteilt, dass wir das Spiel nur unter Protest zu Ende bringen“, sagte Kaenzig. Drewes sei auf dem Weg ins Krankenhaus.
Der Täter konnte nach Unions Angaben bereits ermittelt werden und wurde der Polizei übergeben. „Das hat es leider schon häufiger gegeben in Stadien, dass sich ein Einzelner hinreißen lässt zu so einer Tat, und das ist nicht in Ordnung“, sagte Heldt. „Es ist aber auch wichtig zu betonen, dass es nicht alle Unioner gewesen sind.“
Die schwache sportliche Leistung geriet durch den Eklat in der Nachspielzeit völlig in den Hintergrund. Doch das achte Pflichtspiel ohne Sieg wirft Fragen auf. „Das war zu wenig, das war nicht gut, das war enttäuschend“, sagte Bo Svensson.

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Nach der ärgerlichen Niederlage in Stuttgart, bei der sich die Berliner durch einige Nachlässigkeiten um den Lohn einer weitgehend guten Leistung gebracht hatten, hatte Unions Trainer auf einer Position gewechselt. Für Leopold Querfeld kehrte Abwehrchef Kevin Vogt zurück in die Startformation.
Es war das Duell der zwei chancenärmsten Mannschaften der Fußball-Bundesliga, doch es ging überraschend schwungvoll los. Gerade 21 Sekunden waren gespielt, als Tim Skarke nach Balleroberung von Rani Khedira und Flanke von Woo-yeong Jeong aus guter Position über das Tor schoss. Bochum antwortete mit einer Serie von drei Ecken in Folge.
Ein Spiel mit vielen Zweikämpfen
Beide Mannschaften setzten auf sehr ähnliche 3-4-3-Aufstellungen und so entwickelte sich ein Spiel mit vielen Zweikämpfen. Die taktischen Überlegungen von Gästetrainer Dieter Hecking wurden allerdings früh über den Haufen geworfen. In der 13. Minute rauschte Koji Miyoshi übermotiviert in Andras Schäfer und traf den Ungarn mit offener Sohle am Schienbein. Schiedsrichter Petersen zögerte nicht und gab Rot.
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Die Ausgangssituation wurde damit noch klarer. In Überzahl gegen das abgeschlagene Schlusslicht, was sollte da noch schiefgehen? Die Antwort folgte zehn Minuten später. Nach einer Flanke von Felix Passlack setzte sich Sissoko am Fünfmeterraum gegen Khedira durch und traf per Kopf.
0:1, Union musste sich nach diesem Schock erst mal schütteln. Die Berliner hatten nun zwar ein klares Übergewicht und schnürten Bochum am Strafraum ein, taten sich aber schwer. Das Passspiel war nicht scharf und präzise genug, gegen den engen Abwehrblock der Gäste fehlten die Ideen und nach einer halben Stunde auch die Absicherung. Union hatte Glück, dass die Bochumer ihre Überzahlsituation bei einem Konter nicht richtig ausspielten.
Mit zunehmender Spieldauer erarbeiteten sich die Berliner aber ein klares Chancenplus. Robert Skov versuchte es in Arjen-Robben-Manier von der rechten Seite immer wieder mit seinem starken linken Fuß, Khedira verfehlte das Tor von der Strafraumgrenze.
Wie so oft in dieser Saison war es schließlich Hollerbach, der die Alte Försterei zum Kochen brachte. Nach Pass von Skov legte er sich den Ball am Elfmeterpunkt auf den linken Fuß und traf platziert zwischen Bochumer Abwehrbeinen hindurch zum Ausgleich. Anstatt eines echten Torjubels liefen die Berliner mit rudernden Armen zurück Richtung Mittellinie. Weiter, immer weiter, sollte das bedeuten – und Union machte weiter. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte suchten Hollerbach, Skov, Tom Rothe und Danilho Doekhi den Abschluss, wobei der niederländische Innenverteidiger dem 2:1 freistehend aus 14 Metern am nächsten kam.
Nach dem Seitenwechsel dauerte es keine 40 Sekunden, bis Jubel im Stadion aufbrandete. Skov war im Strafraum zu Fall gekommen und Schiedsrichter Petersen zeigte auf den Elfmeterpunkt. Nach Ansicht der Wiederholung nahm er diese Entscheidung jedoch zurück.
Union spielte weiter wie beim Handball um den Strafraum, fand aber keine Lücken im Bochumer 5-3-1-System. Svensson reagierte und brachte erst Jordan, dann auch Laszlo Benes, Aljoscha Kemlein, Yorbe Vertessen und Janik Haberer. Einen Schuss aufs Bochumer Tor brachten die Berliner trotz Überzahl allerdings nicht zustande – damit steht Unions Negativserie bei acht Spielen ohne Sieg.
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