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Stabil, diszipliniert und erfolgreich: Hertha BSC ist in der Zweiten Liga auf dem Weg nach oben
Die Berliner setzen mit dem 1:0 beim 1. FC Kaiserslautern ihre Siegesserie fort. Basis ist die stabile Defensive. Im vierten Pflichtspiel nacheinander bleibt Hertha ohne Gegentor.
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„Ja, der alte Bock“, sagte Stefan Leitl beim Fernsehinterview nach dem Spiel. Es war nicht despektierlich gemeint, sondern ausschließlich anerkennend.
Der alte Bock war Toni Leistner, der Abwehrchef von Hertha BSC, 35 Jahre alt und mutmaßlich in seiner letzten Saison als Profifußballer unterwegs. 20 Minuten vor dem Abpfiff des Auswärtsspiels beim 1. FC Kaiserslautern trug er auf spektakuläre Weise dazu bei, dass am Ende ein 1:0-Erfolg für seine Mannschaft heraussprang.
Nach einem schnell ausgeführten Freistoß lief Lauterns Naatan Skyttä allein auf Tjark Ernst zu. Der Finne überlupfte Herthas Torhüter, doch Leistner warf sich in die Flugbahn des Balles. Waagerecht lag er in der Luft, und weil all seine Extremitäten Richtung Boden wiesen, sah er tatsächlich ein bisschen so aus wie ein Ziegenbock, der in die Höhe springt.
Wir haben uns in alles geworfen.
Herthas Trainer Stefan Leitl
Mit dieser Rettungsaktion wurde Leistner zum Sinnbild für den Auftritt seiner Mannschaft auf dem brodelnden Betzenberg – aber auch für den jüngsten Aufschwung des Berliner Fußball-Zweitligisten. Er beruht auf dem unbedingten Willen, das eigene Tor zu verteidigen. „Wir haben uns in alles geworfen“, sagte Trainer Stefan Leitl.
Das 1:0 in Kaiserlautern war das vierte Pflichtspiel nacheinander, in dem Herthas Mannschaft ohne Gegentor blieb. Ein bisschen Glück war am Ende auch dabei. In der dritten Minute der Nachspielzeit erzielte Ivan Prtajin den vermeintlichen Ausgleich für die Pfälzer, doch der Treffer wurde vom Videoassistenten wegen einer Abseitsstellung zurückgenommen.
Das sei „das Quäntchen Glück, das wir uns in den letzten Wochen erarbeitet haben“, sagte Herthas Torhüter Ernst, der – fast müßig, das zu erwähnen – wieder einmal eine tadellose Leistung abgeliefert hatte. „Was er gehalten hat, ist brutal“, sagte Luca Schuler, der Schütze des Siegtores, im Interview bei Sky. „Er ist ein Riesenrückhalt für uns.“
Gegen Kaiserslautern spielte Ernst zum siebten Mal in dieser Saison zu null; das ist nach zwölf Spieltagen bereits einmal mehr als in der kompletten Vorsaison. Und in den beiden Pokalpartien ist Herthas Torhüter ebenfalls noch nicht bezwungen worden.
„Je öfter du zu null spielst, desto mehr Selbstvertrauen gibt dir das“, sagte Leitl. Die Überzeugung, auch auf dem Betzenberg gegen die zu Hause noch ungeschlagenen Lauterer bestehen zu können, war seiner Mannschaft deutlich anzumerken. Sie speiste sich aus den Erfolgserlebnissen der vergangenen Wochen und aus dem Gefühl, dass die Dinge, die zu Saisonbeginn noch nicht funktioniert haben, jetzt immer besser klappen.
Am Ende geriet der Erfolg noch in Gefahr
Dafür gibt es diverse Gründe. Neben dem überragenden Ernst im Tor sind dies die defensive Stabilität, Leitls Systemumstellung von Dreier- auf Viererkette und die Rückkehr einiger lange verletzter Schlüsselspieler, die Herthas Trainer nicht länger zum Improvisieren zwingen. Seine Mannschaft wirkt in sich immer schlüssiger und zunehmend sicherer in dem, was sie tut.
Leil bescheinigte seinem Team, über 60 Minuten „ein wirklich tolles, erwachsenes, reifes Auswärtsspiel“ gezeigt zu haben „Wir waren diszipliniert, wir haben wenige Räume gegeben.“ Das einzige Manko war, dass die Mannschaft Schulers 1:0 in der 20. Minute nicht weitere Tore folgen ließ und der Erfolg in der Schlussphase stärker in Gefahr geriet, als es nötig gewesen wäre.
Letztlich ging es für die Berliner glimpflich aus. Sieben der jüngsten neun Pflichtspiele haben sie nun gewonnen. In dieser Zeit sind sie in der Tabelle der Zweiten Liga von Platz siebzehn auf acht geklettert. Auf den ersten Blick ist der Abstand zu den Regionen, die Hertha vor der Saison als Ziel ausgegeben hat, immer noch recht groß. Auf den zweiten jedoch nicht: Der Relegationsplatz liegt nur noch drei Punkte entfernt.
Hertha hat wieder Blickkontakt zu den Aufstiegsplätzen. Und die Aussicht für die nächsten Wochen ist fast schon grandios. Bis zum Abschluss der Hinrunde spielen die Berliner nur noch gegen Teams, die in der Tabelle hinter ihnen liegen.
Den Anfang macht nach der Länderspielpause Eintracht Braunschweig, aktuell Drittletzter des Klassements. Von den jüngsten sieben Ligaspielen haben die Braunschweiger sechs verloren. Es ist noch nicht lange her, da hätte gerade das den Fans von Hertha BSC die größten Sorgen bereitet.
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