zum Hauptinhalt
Paris ist bereit für die große Olympische Spiele

© dpa/David Goldman

Start der Sommerspiele in Paris: Es ist Zeit für ein olympisches Wunder

Die olympische Idee ist auch 2024 immer noch faszinierend. Gastgeber Frankreich will sie neu beleben – und hat dafür einiges bewegt. Kann das funktionieren?

Jörg Leopold
Ein Kommentar von Jörg Leopold

Stand:

Boote, die vor der historischen Kulisse von Paris über die Seine schippern. Mit strahlenden Sportlerinnen und Sportlern an Bord, die von Hunderttausenden begeisterten Zuschauern vom Flussufer aus bejubelt werden. Aus Frankreich sollen am Freitagabend Bilder in die Welt gesendet werden, die es so noch nie gegeben hat. Die in Erinnerung bleiben und zeigen sollen, dass Olympische Spiele auch im Jahr 2024 noch immer eine Strahlkraft besitzen, die einzigartig ist.

Olympia ist ein Wunder, ein antikes sogar. Was die Griechen einst ins Leben riefen, überführte Pierre de Coubertin vor über 100 Jahren in die Neuzeit. Er träumte davon, dass der sportliche Wettkampf die Auseinandersetzungen auf dem Schlachtfeld ersetzt.

Es blieb ein frommer Wunsch und doch ist die olympische Idee auch heute noch faszinierend. 10.500 Sportlerinnen und Sportler aus über 200 Nationen werden sich von Freitag an für 16 Tage in Paris in 32 Sportarten messen, um ihre Besten zu ermitteln. Die Eröffnungszeremonie auf der Seine liefert dafür den spektakulären Auftakt.

Danach wird es bis zum 11. August Freudentänze und Dramen geben, unglaubliche Leistungen und bittere Patzer. Dinge, die sich in das Gedächtnis der Athletinnen, Athleten und ihr Publikum einprägen und über die noch in vielen Jahren geredet werden wird. Olympia erreicht ein Milliardenpublikum, es ist ein Ereignis, das die ganze Welt verbindet. Wenn es die Spiele nicht schon geben würde, müsste man sie erfinden.

Wobei die Ausrichterstädte Olympia ohnehin immer wieder neu erfinden. Das olympische Motto „Höher, schneller, weiter“ gilt auch für jeden nächsten Gastgeber. Paris, zum dritten Mal nach 1900 und 1924 Austragungsort, hat denn auch Großes vor. Alles andere würde dem ureigenen Selbstverständnis der Grande Nation auch nicht gerecht werden.

Und die Voraussetzungen sind ganze andere als noch vor drei Jahren, als Corona die Spiele von Tokio fest im Griff hatte. Auch die Winterspiele von Peking 2022 waren eher ein abschreckendes Beispiel für den Gigantismus, dem Olympia in jüngerer Vergangenheit immer häufiger verfallen ist.

Das Thema Nachhaltigkeit ist inzwischen wieder eines, weniger grandios wird es deswegen aber auch in Paris nicht werden. Das ist ganz im Sinne von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der seit Monaten einen Kampf um seine politische Zukunft führt und für den die Spiele beinahe schon ein letzter Trumpf sind.

Ob er zieht? Seit Monaten leben die Pariser wegen Olympia in einer Art Ausnahmezustand, der in den kommenden 16 Tagen seinen Höhepunkt erreichen wird. Allein die Sicherheitsvorkehrungen übertreffen alles bisher Dagewesene. Es sind die Auswüchse eines Sportspektakels, das auch in Frankreich viele kritisch sehen. Andererseits: Die wachsende Terrorgefahr lässt den Organisatoren kaum eine andere Wahl.

Olympia gilt als teuer, als Profitmaschine für das nicht wenigen als korrupt geltende Internationale Olympische Komitee (IOC), geführt vom Deutschen Thomas Bach. Die Zeche zahlen am Ende die Bewohner der Ausrichterstadt, so ein immer wieder geäußerter Kritikpunkt.

Dass die Spiele dennoch faszinieren können, diesen Beweis wollen die Franzosen mit ihrer Auslegung der olympischen Idee erbringen. Die Chancen stehen besser als in den Jahren zuvor. Seit London 2012 ist Olympia in eine Identitätskrise gerutscht, an dem das IOC eine Mitschuld trägt.

Die Probleme dieser Welt werden die Spiele in Paris nicht übertünchen können. Es werden – dem olympischen Frieden zum Trotz – weiter Kriege geführt und Konflikte mit Waffen ausgetragen. Und Olympia ändert auch nichts daran, dass immer mehr Menschen um immer weniger Ressourcen streiten und der Klimawandel voranschreitet.

Und trotzdem können die kommenden 16 Tage von Paris dazu beitragen, dass die Bilder von friedlich wettstreitenden Sportlerinnen und Sportlern ein wenig Ablenkung bringen. Olympia bietet die Gelegenheit, für eine kleine Atempause im Stakkato der Schreckensmeldungen. Olympische Spiele sind ein teurer Spaß, aber zumindest sind sie ein Spaß. Das sollte bei aller berechtigter Kritik nicht vergessen werden. Damit auch nach Paris 2024 mit Blick auf Olympia gilt: Wunder gibt es immer wieder.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })