zum Hauptinhalt
Das Blindenfußball-Stadion am Eiffelturm. Während Olympia wurde hier Beach-Volleyball gespielt.

© IMAGO/Xinhua

Stimmung nicht erwünscht: Beim Blindenfußball müssen die Fans ganz leise sein

Im Stadion am Eiffelturm findet bei den Paralympics das Blindenfußballturnier statt. Eine olympische Party wie zuvor beim Beachvolleyball gibt es da allerdings nicht.

Von Tim Rosenberger

Stand:

Man könnte glauben, das Stadion am Fuße des Eiffelturms wäre die am einfachsten zu erreichende Sportstätte bei den Paralympics. Das stimmt allerdings nur teilweise.

Zu übersehen ist das berühmteste Wahrzeichen von Paris zwar nicht, der Weg in das Freiluftstadion hinein erweist sich dafür aber als deutlich schwieriger als erwartet. Um den jeweils richtigen Eingang zu finden, läuft man einmal quer durch den Parc du Champ de Mars. Man kommt an den schönsten Häusern vorbei und stellt sich unweigerlich die Frage, wie viel man denn verdienen müsste, um sich dort eine Wohnung leisten zu können.

Denkt man jetzt an das Sprichwort „Der Weg ist das Ziel“, liegt man erneut falsch, denn der Ausblick wird noch schöner. Einmal auf die Tribüne geschafft, blickt man direkt auf den Eiffelturm. Zum Montagabendspiel des Gastgebers Frankreich gegen den großen Favoriten Brasilien im Blindenfußball leuchtet dieser dann auch noch.

Vor vier Wochen fand hier während der Olympischen Spiele noch das Beachvolleyballturnier statt. Wer das verfolgt hat, erinnert sich noch an ausgelassene Partystimmung und eine grandiose Atmosphäre. Beim Blindenfußball ist das ganz anders.

Die Zuschauerinnen und Zuschauer auf den Tribünen müssen während des Spiels ganz leise sein. Aus gutem Grund: Im Ball sind kleine Rasseln verbaut, damit die Spieler den Ball hören und lokalisieren können. Wenn die Spieler auf den Ball zurennen, rufen sie „Voy“, spanisch für „Ich gehe“ – dadurch wissen die anderen Spieler, wer gerade wo steht. Das klappt natürlich nur, wenn es auf den Rängen wirklich still ist. Doch damit hatten am Montagabend doch so einige ihre Probleme. Immer wieder gibt es „Pssst“-Rufe und auch die zahlreichen Volunteers geben ihr Bestes, für Ruhe auf den Tribünen zu sorgen.

Als auf dem Feld endlich das erste Tor fällt, ist es fast schon zu kitschig. Der brasilianische Superstar Ricardinho dribbelt sich nach einer Ecke durch und schießt den Ball ins Tor. Es ist genau 21 Uhr, der Eiffelturm glitzert, so wie er es zur vollen Stunde eben tut. Die Tormusik der Brasilianer: Samba de Janeiro.

Beim Jubel kommen der sehende Torwart und ein Guide aufs Feld und führen die blinden Feldspieler zur Auswechselbank, bei der alle zusammen feiern. Auch das Publikum darf für einen Moment laut sein und feuert die zurückliegende Mannschaft des Gastgebers mit „Allez les Bleus“-Rufen an.

Die Reaktion der Franzosen bleibt aus, wenig später gibt es Strafstoß für Brasilien. Auf den Rängen ist es jetzt wirklich mucksmäuschenstill. Der Hintertorguide klopft mit einem Stab die Pfosten des Tores ab. So signalisiert er dem Schützen, wo er hinschießen muss. Der schließt mit der Picke ins rechte untere Eck ab. Der sehende Torwart hat keine Chance. Kurz danach ist Pause. Die Spieler bilden eine Kette und fassen sich mit einer Hand auf die Schulter des Vormannes und werden vom Torwart in Richtung Katakomben geführt.

Am Sonntag spielte Brasilien gegen die Türkei. Und ging ebenfalls mit einem 3:0-Sieg vom Platz.

© IMAGO/Goal Sports Images

In der Halbzeitpause folgt ein bei den Paralympics mittlerweile bekanntes Bild: Auf dem Feld gibt es eine Tanzeinlage, dazu Karaoke und ein DJ legt auf. Sportlich ändert sich in der zweiten Halbzeit nichts mehr, Brasilien, das noch nie ein Spiel im Blindenfußball verloren hat, erzielt noch das 3:0 und wird damit seiner Favoritenrolle gerecht.

Fazit: Die Stimmung beim Blindenfußball ist für die meisten Zuschauenden noch gewöhnungsbedürftig. Viele Fans haben noch nicht verinnerlicht, dass die Spieler auf ihre Ohren und nicht auf ihre Augen angewiesen sind. Auch wenn man das beim Anblick der brasilianischen Dribblings selber kaum glauben mag.

Die Fans zeigen sich aber kreativ: Immer wieder schwappen bei Spielunterbrechungen La-Ola-Wellen durch das Stadion. Statt mit den Armen allerdings mit stampfenden Füßen. Soll ja ab und zu doch laut sein.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })