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Jannik Sinner ist die Ruhe selbst, zumindest äußerlich.

© Imago/Schreyer

Streit um positive Dopingproben: Hinter jedem Sieg von Jannik Sinner steht ein Sternchen

Jannik Sinner will am Sonntag bei den Australian Open seinen Titel im Finale gegen Alexander Zverev verteidigen. Doch Italiens Tennisstar spielt mit einem Makel.

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Es ist ein paar Jahre her, da spielte Jannik Sinner in Berlin vor. Mit seinen damals nicht einmal 19 Jahren galt er als großes Talent und Tennisversprechen für die Zukunft. Das handverlesene Publikum bei zwei Showturnieren im Steffi-Graf-Stadion und im Hangar 6 des ehemaligen Tempelhofer Flughafens nahm den Südtiroler während der Corona-Pandemie zur Kenntnis, mit seinen roten Locken war Sinner auch kaum zu übersehen.

Damals sagte er: „Aufschlag, Netzspiel und Slice muss ich noch verbessern. Und ich brauche mehr Matches wie in dieser Woche.“ Im Juli 2020 stand Sinner auf Platz 73 der Weltrangliste, an eine Profitour im Tennis war nicht zu denken. Und trotz all dieser Unwägbarkeiten ging der Italiener seinen Weg.

Heute ist Jannik Sinner die Nummer eins der Weltrangliste, er hat zuletzt die US Open, die ATP-Finals und den Davis Cup mit Italien gewonnen. Am Sonntag will er seinen Titel bei den Australian Open verteidigen, in Melbourne gewann er 2024 sein erstes Grand-Slam-Turnier. Sinner ist im Duell mit dem Deutschen Alexander Zverev (9.30 Uhr/Eurosport und RTL) favorisiert und doch steht vor seiner Tenniszukunft wie einst in Berlin ein großes Fragezeichen.

Der mittlerweile 23-Jährige wurde im März 2024 zweimal positiv auf das verbotene anabole Steroid Clostebol getestet. Eine Sperre bekam er nicht, weil ihm laut verantwortlicher Agentur Itia kein vorsätzliches Verschulden und keine Fahrlässigkeit nachgewiesen werden konnte.

Sinner hatte erklärt, dass die verbotene Substanz bei einer Massage über die Hände seines Physiotherapeuten in seinen Körper gelangt sei. Nach einem Einspruch der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada wird nun am 16. und 17. April vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas verhandelt, Sinner droht eine zweijährige Zwangspause.

Für Dopingexperten wie Fritz Sörgel ist der Fall „ein Skandal“, der Konsequenzen haben muss. Novak Djokovic kritisierte vor den Australian Open die Ungleichbehandlung zwischen Topspielern wie Sinner und anderen, weniger prominenten Profis. Und Nick Kyrgios, ohnehin ein Freund deutlicher Worte, redete erst gar nicht lange drumherum und sagte: „Das ist ekelhaft und wirft ein schreckliches Licht auf unseren Sport.“

Und Jannik Sinner selbst? Gewinnt trotzdem immer weiter: „Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich es vergessen habe. Es ist etwas, was ich jetzt schon ziemlich lange mit mir herumtrage“, sagte er vor dem Turnier in Melbourne. Dabei schien das Thema schon ausgestanden, doch Monate nach dem positiven Test wurde die ganze Angelegenheit doch noch publik.

Zverev will sich zum Dopingfall Sinner nicht äußern

Alexander Zverev will sich zu den Details nicht äußern, stattdessen betonte er bereits im letzten Jahr, dass er mit Sinner kein Problem hat: „Jannik ist ein Supertyp. Ich habe immer eine gute Beziehung mit ihm gehabt, und das wird sich auch nicht ändern.“

Nun stehen sich die beiden am Sonntag in der Rod-Laver-Arena gegenüber und auch wenn es im Endspiel um den sportlichen Triumph geht, haftet jedem noch so großartigen Auftritt von Jannik Sinner inzwischen ein unbestreitbarer Makel an.

Sollte der Italiener tatsächlich im April noch bestraft werden, käme dies mit Verspätung. Allein die Vorstellung, dass ein Spieler große Titel wie bei den US Open oder möglicherweise nun erneut bei den Australian Open gewinnt, bei Turnieren also, bei denen er eigentlich gesperrt hätte sein müssen, löst Unbehagen aus.

Die Unbeschwertheit, die Jannik Sinner vor viereinhalb Jahren noch in Berlin umgab, hat er inzwischen verloren. Bisher konnte er sich von allen Nebengeräuschen befreien und auf sein Tennis konzentrieren. Am Sonntag steht er gegen Zverev vor der nächsten großen Bewährungsprobe. Den Ausgang des Finals hat er dabei selbst in der Hand, über seinen Dopingfall entscheiden hingegen andere.

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