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Kobe Bryant und LeBron James sind die Stars im Team der Superstars. Beide gewannen schon 2008 in Peking Olympia-Gold mit Team USA.

© Reuters

Basketball: Team USA und das Duell mit der Vergangenheit

Am Sonntag starten die Basketballer der USA gegen Frankreich ins olympische Turnier. Aber der eigentliche Gegner der Starauswahl ist das legendäre Dream Team von 1992.

Gold holen müssen sie sowieso. Nichts anderes als den Olympiasieg erwartet die US-amerikanische Öffentlichkeit von ihren Basketballern. In London allerdings tritt die Mannschaft um Kobe Bryant und LeBron James, die heute gegen Frankreich (15.30 Uhr) ins Turnier startet, auch gegen einen Gegner an, den sie nicht besiegen kann: den Schatten ihrer Vorgänger. Vor 20 Jahren hatte das IOC erstmals Profibasketballer bei Olympia erlaubt. Die USA schickten das Dream Team nach Barcelona, die beste Basketball-Mannschaft aller Zeiten. Wie gut ihre Nachfolger sind, lässt sich an einem einfachen Fakt ablesen: In Amerika wird offen darüber diskutiert, ob das aktuelle Team die Mannschaft von 1992 schlagen könnte.

Den Anfang in dieser an Gotteslästerung grenzenden Debatte hatte Kobe Bryant von den Los Angeles Lakers gemacht, der die USA bereits vor vier Jahren zu Gold geführt hatte. Der fünfmalige NBA-Champion wagte es tatsächlich, am Denkmal des Dream Teams zu rütteln. Der 33-Jährige merkte bei einer Pressekonferenz vorsichtig an, viele Spieler von 1992 hätten sich bereits im Herbst ihrer Karriere befunden. Das Team von 2012 hingegen sei auf dem Zenit seines Könnens. Das Echo ließ nicht lange auf sich warten. „Es war nicht besonders schlau von ihm, die beiden Mannschaften zu vergleichen”, ließ Michael Jordan, sechsmaliger NBA-Champion mit den Chicago Bulls, wissen. Er habe sich „schlapp gelacht“, als er von Bryants Aussage gehört habe. „Wir hatten elf Spieler, die in die Hall of Fame gewählt worden sind“, sagte das ewige Alpha-Tier Jordan, auch ein Mitglied der Ruhmeshalle des US-Basketballs. „Sobald diese Mannschaft auch elf Hall-of-Famer hat, können sie mich ja nochmal anrufen.“ Sogar US-Präsident Barack Obama ließ sich zu einem Kommentar hinreißen. „Das ist wohl so eine Generationensache”, sagte Obama. „Ich habe die Spiele 1992 verfolgt, ich war ein Bulls-Fan – ich würde also auf das Original-Dream-Team setzen.“

Der Athletik der US-amerikanischen Basketballer ist konkurrenzlos

Original oder Kopie – außer Frage steht, dass das aktuelle Team sehr, sehr gut ist. Obwohl eine ganze Reihe namhafter Profis aus der Olympiamannschaft von 2008 verletzt absagen musste, liest sich die Aufstellung immer noch mehr als beeindruckend. Am furchterregendsten ist die Athletik der Amerikaner: Verliert der Gegner den Ball, scheinen alle fünf US-Profis über das Feld zu fliegen, bis zum krachenden Dunking vergehen nur ein paar Augenblicke. „Dies ist das schnellste und athletischste Team, das ich je trainiert habe“, sagt US-Coach Mike Krzyzewski. Neben Kobe Bryant und LeBron James sind auch Weltklassespieler wie die Spielmacher Chris Paul, Russell Westbrook und Deron Williams sowie die Flügelstarspieler Kevin Durant und Carmelo Anthony dabei. Ihre fünf Vorbereitungsspiele gewannen die Amerikaner – mit einem durchschnittlichen Vorsprung von 26,6 Punkten.

Allerdings zeigten sie auch Schwächen. Die Mannschaft ist zwar unglaublich schnell und explosiv, aber vergleichsweise klein, der einzige wirklich verlässliche Distanzschütze ist NBA-Topscorer Durant. Gegen Brasilien lag Krzyzewskis Mannschaft im ersten Viertel mit zehn Punkten zurück, gegen Argentinien verspielte sie einen 20-Punkte-Vorsprung fast vollständig, auch gegen Spanien lag sie zwischenzeitlich zurück.

„Wir werden nicht immer hervorragend aussehen“, sagt Krzyzewski. „Das liegt aber nicht daran, dass wir nicht gut vorbereitet sind. Sondern daran, dass der Rest der Welt so gut spielt.“ So übermächtig wie vor 20 Jahren sind die Amerikaner eben nicht mehr. Im Finale von Peking kamen sie 2008 gegen Spanien mit dem Schrecken und einem knappen 118:107-Sieg davon. Den Spaniern wird auch in London noch am ehesten zugetraut, den großen Favoriten zu stürzen. Im letzten Test vor den Spielen unterlagen sie den USA am Dienstag in Barcelona allerdings deutlich mit 78:100.

20 Jahre zuvor waren die Spieler des Dream Teams in Barcelona wie Rockstars empfangen worden, sie wurden gefeiert wie Rolling Stones und Beatles zusammen. Die Basketballwelt erstarrte in Ehrfurcht, gegnerische Spieler machten von der Bank aus verstohlen Fotos von ihren Idolen. Forward Charles Barkley konnte es sich leisten, den ersten Gegner vor Turnierbeginn lächerlich zu machen. „Ich weiß gar nichts über Angola. Aber Angola ist in Schwierigkeiten“, sagte Barkley mit breitem Grinsen. So viel Arroganz sollten sich die Amerikaner in London nicht erlauben – die Kommentare von Michael Jordan im Falle eines Scheiterns dürfte sich keiner der Spieler anhören wollen.

Sogar Obama fiebert mit – er würde auf das Dream Team von 1992 setzen

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