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Konsterniert. Thomas Doll hat eine schwere Aufgabe vor sich.

© imago/Nordphoto

Fußball-Bundesliga: Thomas Doll macht der Start bei Hannover 96 fassungslos

So hatte sich Thomas Doll seine Rückkehr in die Bundesliga nicht vorgestellt. Gegen RB Leipzig war der Dauer-Optimist mit Hannover 96 chancenlos.

Thomas Doll war entsetzt. Trainer und Spieler in der Fußball-Bundesliga sind in der Regel sehr geübt darin, ihre wahre Gefühlslage hinter einer Wolke aus Phrasen und Floskeln zu verbergen. Beim neuen Chefcoach von Hannover 96 aber versagte dieser Reflex nach dem 0:3 (0:1) gegen RB Leipzig am späten Freitagabend total.

„Ich habe während des Spiels gedacht: Wann springt endlich der Funke über? Da musste ich ein paar Mal schlucken. Das ist zu wenig. Bundesliga-Spiele muss man anders bestreiten“, sagte der frühere Nationalspieler nach seiner Rückkehr in die höchste deutsche Spielklasse. Einen derart desolaten Auftritt seines neuen Teams hatte Doll nicht einmal nach fast drei Monaten ohne Sieg erwartet. Einmal in Fahrt, legte der schon immer für seine offene und unverstellte Art bekannte Fußballlehrer deshalb nach: „Wir müssen zusehen, dass da ein bisschen mehr Power reinkommt. Da muss Alarm her. Da muss jetzt Zug rein. Es muss ein kalter Nordwind in die Trainingseinheiten rein.“

Ratloses Team, sarkastische Fans

Einen Sieg gegen den Champions-League-Anwärter aus Leipzig hatte in Hannover niemand seriös erwartet. Ein anderes Auftreten, einen anderen Willen, „ein bisschen mehr Herzblut“ (Doll) dagegen schon. Ein Abend, der eigentlich Aufbruchstimmung erzeugen sollte, hinterließ stattdessen einen konsternierten Trainer, ein ratloses Team und offen sarkastische Fans. „Und schon wieder keine Punkte, Martin Kind“, sang zumindest der Teil der Anhänger, der sich seit Jahren einen anderen Präsidenten für seinen Verein wünscht und der das Stadion nicht schon lange vor dem Abpfiff verlassen hatte.

Hannovers Hoffnung auf den Ligaverbleib stützt sich jetzt nur noch auf zwei Dinge: Einen Sieg im Kellerduell mit dem 1. FC Nürnberg am nächsten Samstag, um diese nicht enden wollende Serie aus Rückschlägen und Misserfolgen endlich zu durchbrechen. Und dann auch noch darauf, dass die eigentlich besser besetzten Konkurrenten aus Stuttgart und Augsburg auch weiterhin nicht vom Fleck kommen.

Nürnberg, 9. Februar, 15.30 Uhr: Für dieses fast schon Endspielcharakter besitzende Heimspiel wollen sich in Hannover noch einmal alle hochfahren. „Das ist eine Pflichtaufgabe“, sagte Kevin Akpoguma. Und auch Doll wird das Arbeitspensum in dieser vielleicht wichtigsten Woche der bisherigen Saison noch einmal erhöhen. Für Dienstag und Mittwoch kündigte er jeweils zwei Trainingseinheiten an. „Nächste Woche“, sagte der 52-Jährige, „muss das anders aussehen.“

Dolls erhebliche Zweifel an der Fitness

Von fehlender Power sprach Doll mehrfach nach dem Leipzig-Spiel. „Das hat sicher auch mit den ganzen letzten Wochen und Monaten zu tun. Mit den ganzen Negativerlebnissen. Da ist der Kopf nicht frei“, sagte er. Es ist aber offensichtlich, dass der neue Trainer erhebliche Zweifel an der Fitness jener Mannschaft hat, die ihm der alte Trainer André Breitenreiter zu Beginn der Woche überließ.

Man müsse die Daten analysieren, sagte Doll. Aber: „Ich habe bei dem einen oder anderen Spieler gesehen, dass da weiterhin am Fitnesslevel gearbeitet werden muss. So schlimm sich das auch anhört: Das ist einfach so“, stellte er im „Eurosport“-Interview klar. 96 habe „kein Durchsetzungsvermögen“ gehabt. „Keiner geht mit Dynamik nach vorne.“

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Doll bei diesem Kader an die gleichen Grenzen stößt, die vorher auch André Breitenreiter immer wieder beklagt hat. Der neue Trainer ist ein Freund des 4-2-3-1-Systems, aber einen Spieler für die Zehner-Position gibt es bei 96 nicht. Er möchte gern mehr Tempo und Dynamik im Spiel sehen, aber die meisten schnellen Spieler seiner Mannschaft sind verletzt (Ihlas Bebou, Linton Maina, Noah Sarenren Bazee).

Am Ende trat Doll immerhin noch der Befürchtung entgegen, dass er seinen Wechsel nach Hannover schon nach 90 Minuten bereut habe. „Ich bin froh, dass ich da bin. Die Mannschaft braucht mich“, sagte er. (dpa)

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