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Sport: Tirol auf dem Kopf

Wie die Sponsoren versuchen, beim Snowboard-Weltcup in Berlin ihre Botschaften an die Kids zu bringen

Berlin. So bastelt man einen Tiroler Hut: Du kannst die Tiere am Hut anmalen; du löst den Hut vorsichtig aus dem Blatt Papier heraus. Du steckst die Laschen durch die Schlitze, der Hut bekommt sein Format. Das Edelweiß wird oben in die Schlitze gesteckt, und fertig ist dein Tiroler Hut, jetzt kannst du ihn aufsetzen.

Es gab nicht wenige Zuschauer beim Snowboard-Weltcup unterm Funkturm, die dieses Gebilde der Tirol-Werbung auf dem Kopf trugen. Damit hatte die eine Million Euro teure Veranstaltung ihren Sinn erfüllt. Tirol war vielleicht noch nicht in, aber auf den Köpfen der Berliner. Und in den Ohren. Zwischen den dröhnenden Bässen der Musikbeschallung rief Organisationschef Thomas Rass immer wieder in eindeutig österreichischem Slang in sein Mikrofon: „Ihr seid 9000 Zuschauer, sensationell, Berlin.“ Wie überhaupt alles aus Österreich kam. Der Schnee, die Schanze, die Organisatoren. Nur das Publikum bestand aus Berlinern.

„Die Zuschauer sind fantastisch“, sagte Chris Wagner, der Snowboard-Koordinator des Internationalen Skiverbandes (Fis). Und das, obwohl die ungewöhnliche Snowboard-Veranstaltung wegen des Tiefs, das am Samstag mit Böen bis zu Windstärke 11 über die Stadt fegte, kurz vor einer Absage stand. Das Nachlassen des Windes freute vor allem Björn Lindgren, der so den ersten Big-Air-Wettbewerb der neuen Saison gewann und 7500 Euro kassierte. „Wahnsinn“, hatte Thomas Rass in sein Mikrofon gerufen, als der Schwede seinen Sprung nach einer zweieinhalbfachen Drehung stand. Begeistert waren auch die Berliner Kids, die sich auf einem Übungshang ein Snowboard unterschnallen konnten.

Über allem aber schwebte der Kommerz. Rund um die Schanze unterhalb des Funkturms hatten die Sponsoren ihre Zelte aufgebaut. Und der Moderator war sich nicht zu schade, zwischen den Sprüngen Werbung für die Haupt- und Nebensponsoren zu machen. Über einen Kräuterlikörproduzenten sagte Rass: „Danke für diese kleine Flasche – statt Mittag- und Abendessen gibt es nun eine Flasche Kümmerling.“ Die Pressesprecherin des Hauptsponsors durfte feststellen, dass Snowboard und ihre Handyfirma für die gleichen Werte stehen: Kreativität, Freiheit und Spaß. Die Botschaften unterscheiden sich nicht sehr von denen eines Werbefernsehsenders wie Home-Order-Television. Mit einem österreichischen Moderator.

Ob der Sommergarten im kommenden Jahr eine Wiederholung des seltsamen Spektakels erleben wird, das steht noch nicht fest. Geht es nach Thomas Rass, wird der Schnee auch im kommenden Jahr in Kühltransportern nach Berlin fahren. „Sollen wir wiederkommen?“, rief der Moderator ins Mikrofon. „Jaaa!“, antworteten die Jugendlichen. Bei manchen ist es offensichtlich noch nicht lange her, dass sie eine ähnliche Frage gestellt bekommen haben: Wollt ihr auch den Kaspar sehen?

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