
© imago/Matthias Koch/IMAGO/Sebastian Räppold/Matthias Koch
Toni Leistner zur Situation bei Hertha BSC: „Mit den Nettigkeiten muss es langsam mal vorbei sein“
Wieder geführt, wieder keine Punkte: Hertha BSC verliert mehr und mehr den Anschluss an die Aufstiegsränge. Toni Leistner fand nach dem 1:2 gegen Preußen Münster deutliche Worte.
Stand:
Es sollte der versöhnliche Jahresabschluss vor den eigenen Fans werden, stattdessen gab es für Hertha BSC die nächste Enttäuschung. Der Berliner Fußball-Zweitligist unterlag dem Tabellenvorletzten Preußen Münster am Freitagabend mit 1:2 – nachdem die Mannschaft erneut mit 1:0 in Führung gegangen war.
Für Hertha war es im achten Heimspiel der Hinrunde bereits die fünfte Niederlage. Kapitän Toni Leistner, 34, fand nach dem Spiel in der Mixed Zone im Gespräch mit den Medien deutliche Worte für die derzeitige Situation der Mannschaft.
Herr Leistner, wie tief sitzt der Stachel der Enttäuschung?
Das kann ich gar nicht beschreiben. Extrem tief. Wir machen Fehler, die immer wieder und immer wieder passieren. Die aber so nicht passieren dürfen, wenn wir irgendwann mal wieder ein Spiel gewinnen wollen. Da fehlen mir gerade ein bisschen die Worte.
Mittlerweile sollte man vielleicht mal wieder auf die Tabelle schauen, weil es nach unten auch wieder enger wird.
Herthas Kapitän Toni Leistner zur Situation der Mannschaft
Münsters 2:1 fiel – wieder einmal – im Anschluss an einen Standard. Was ist da schiefgelaufen?
Erst einmal dürfen wir die Standards so gar nicht zulassen. Wir machen viele, viele sinnlose Fouls, die wir so nicht machen müssen, wenn wir eine bessere Positionierung haben.
Und dann sind wir halt ein kleines Team. Ich gucke schon immer, wer der größte Mann ist. Aber du kannst auch nicht alle Kopfballduelle gewinnen. Ich knall immer alles rein, und auch die Jungs machen das nicht mutwillig. Das eine oder andere Duell kann man mal verlieren, aber zwei innerhalb von einer Sekunde, das sind dann natürlich eins oder zwei zu viel.

© IMAGO/mix1/IMAGO/Daniel Lakomski
Anders als vor eine Woche in Fürth hat es die Mannschaft nach dem 1:0 ganz gut gemacht. Setzt dann in der zweiten Hälfte irgendwann der Kopf ein – weil man vorher zweimal hintereinander eine Führung verspielt hat?
Ich stimme Ihnen zu, dass wir es nach dem 1:0 gut gemacht haben. Münster hatte Anstoß, wir sind direkt draufgegangen, haben den Ball nach dem dritten Kontakt sofort zurückgewonnen. Wir wollten unbedingt weitermachen, verpassen aber immer wieder den Torschuss.
Vielleicht muss man auch mal aus 18, 20 Metern schießen, anstatt den Ball irgendwie ins Tor reinzutragen. Wir standen auch in der Restverteidigung gut, waren im Gegenpressing gut. Aber so ein Fehler killt dich dann einfach.
Als Pascal Klemens hat den Ball vor dem 1:1 am eigenen Strafraum vertändelt hat.
Keine Ahnung, was dann mit dem Team passiert ist. Ob es irgendwelche Blockaden im Kopf gibt. Wir haben jedenfalls nicht mehr das gespielt, was wir in der ersten Halbzeit gespielt haben.
Es gab in der Hinrunde viele Höhen und Tiefen für Hertha. Das letzte Heimspiel im Kalenderjahr sollte wenigstens ein versöhnlicher Abschluss vor den eigenen Fans werden. Es kam anders. Ist das gefühlt der tiefste Tiefpunkt dieser Saison?
Vor zwei Wochen, nach dem Sieg in Magdeburg, war die Euphorie noch groß. Seitdem gab es drei Niederlagen. Du hast auch im Pokal sehr viel verloren, weil du nicht mehr dabei bist. Irgendwie werden wir jetzt der Aufbaugegner der Liga. Das darf so nicht sein. Das ist schon der tiefste Tiefpunkt, den wir in dieser Hinrunde haben.
Wenn man so oft über dieselben Themen reden muss, ist das dann auch eine Qualitätsfrage?
Da kann man schon die Qualitätsfrage stellen, wenn es in dieser Häufigkeit passiert. Aber ich will dem Jungen jetzt auch nichts Böses. Ich glaube, er hat genug zu tun, das zu verarbeiten. Aber es passiert halt zu häufig, nicht nur bei ihm, sondern generell: dass wir zu leichtsinnige Fehler machen. Das müssen wir ganz schnell abstellen, sonst kannst du der Liga nur ganz, ganz schwer Spiele gewinnen.
Das erste Gegentor fällt, weil Hertha versucht, den Ball von hinten heraus zu spielen. Wäre der lange Ball nicht manchmal die bessere Lösung?
Wir haben in dieser Saison nun mal keinen Haris Tabakovic mehr, der die Bälle in der dritten Etage festmachen kann. Ich glaube schon, dass er genug Zeit hatte, da raus zu spielen. Ich glaube nur, er hatte das Gefühl, er ist da gerade alleine auf dem Platz. Keine Ahnung, was da im Kopf los war. Wenn er seinen Körper in der letzten Sekunde reinstellt, wird er wahrscheinlich gefoult. Das hinterlässt viele Fragezeichen im Kopf. Aber man kann auch schwer erklären, was bei anderen im Kopf vorgeht.
Fürth war schon fast wie eine kleine Arbeitsverweigerung.
Toni Leistner
Wann haben Sie zuletzt auf die Tabelle geguckt?
Ihr fragt irgendwie jede Woche nach der Tabelle. Nach dem Sieg in Magdeburg habe ich schon gesagt: Es bringt nichts. Es war sehr eng, aber mittlerweile sollte man vielleicht mal wieder draufschauen, weil es nach unten auch wieder enger wird.
Für wie bedrohlich halten Sie denn die aktuelle Situation?
Wenn man solche Fehler macht, keine Spiele gewinnt und keine Punkte holt, dann ist es schon eine bedrohliche Situation. Das ganze Nette, was wir jetzt irgendwie hatten, das ist jetzt langsam auch mal vorbei. Wir müssen jetzt mal den härteren Ton anwenden und auch mal Tacheles reden.
Haben Sie gedacht, die Mannschaft sei schon weiter?
Nach dem Magdeburg-Spiel – das gebe ich zu – habe ich gedacht, dass wir viel weiter sind. Deswegen ist es gerade umso enttäuschender, deswegen gibt es viele Fragezeichen, was da in zwei Wochen alles passiert ist. Aber das ist der Fußball: Es kann immer alles passieren. Deshalb sollten wir diese Schwankungen, die wir in unseren Leistungen haben, ganz schnell abstellen.
Vor der Winterpause steht jetzt noch ein Spiel an. Wie kriegt man die Köpfe wieder hoch?
Wir haben eigentlich die geilsten Fans der Liga. Das Auswärtskontingent ist immer ausgebucht, die folgen uns überallhin. Man muss sich nur die letzte Woche anschauen: Da war Magdeburg, da war Köln, da war Fürth. Keine Ahnung, wie viele Kilometer die da geschrubbt haben.
Köln kann man ausklammern, weil wir in Unterzahl ein ordentliches Spiel gemacht haben. Aber Fürth war schon fast wie eine kleine Arbeitsverweigerung. Deswegen müssen und wollen wir für die Fans die drei Punkte in Hannover holen – auch wenn es schwierig ist. Wir wollen wenigstens gut in die Weihnachtszeit rein.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: