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Sport: Trainer für Untrainierbare

Jos Luhukay soll Borussia Mönchengladbach retten

Bei Borussia Mönchengladbach, wo gerade die zweite Bundesligakarriere des Jos Luhukay begonnen hat, ist im Dezember 1995 auch seine erste zu Ende gegangen. Der KFC Uerdingen spielte damals auf dem Bökelberg, und 20 Minuten vor Schluss wurde Luhukay gegen die Gladbacher eingewechselt. Vergessen hat er den Einsatz in der Fußball-Bundesliga nicht. Es war sein zweiter – und sein letzter. Schon heute Nachmittag wird der Trainer Jos Luhukay demnach auf eine längere Bundesligakarriere zurückblicken können als der Spieler Jos Luhukay. Und ein Ende ist nicht abzusehen.

Für die Strecke vom Assistenz- über den Interims- zum Cheftrainer bei Borussia Mönchengladbach benötigte Luhukay fünf Tage, zwei Trainingseinheiten und ein Spiel (2:0 in Bielefeld). Noch seltsamer ist, dass sich in Mönchengladbach seitdem die Meinung verfestigt, Luhukay könnte endlich der richtige Mann für den Posten sein. Fünf Trainer haben die Gladbacher seit Hans Meyers halbfreiwilligem Abgang 2003 beschäftigt, doch keiner hat den Klub entscheidend vorangebracht. Es wäre eine nette Pointe, wenn nach den gescheiterten Größen der vermeintliche Zufallsfund Luhukay den zerrissenen Verein befrieden könnte: ein Trainer, der keine Trainerlizenz besitzt, auf die Erfahrung von drei Jahren als Assistent beim 1. FC Köln verweisen kann und dessen größter Erfolg Platz neun mit dem SC Paderborn in der Zweiten Liga war.

„Die Aufbruchstimmung ist spürbar“, sagt Sportdirektor Peter Pander vor dem heutigen Spiel gegen Alemannia Aachen. Mit einem Sieg können die Gladbacher die Abstiegsränge verlassen. „Alle lieben Luhukay“, schrieb die „Rheinische Post“, und beim Boulevardblatt „Express“ heißt der 43 Jahre alte Holländer bereits „Lucky Luhukay“. Natürlich spricht aus all dem auch die tiefe Sehnsucht nach ruhigeren Zeiten in Mönchengladbach. Doch es ist mehr als nur ein diffuses Gefühl, dass Luhukay der passende Trainer für die Untrainierbaren sein könnte.

„Er hat absolute Ahnung vom Fußball“, sagt Mittelfeldspieler Eugen Polanski. Was Jupp Heynckes eine komplette Halbserie vergeblich versuchte, gelang seinem Nachfolger auf Anhieb: ein funktionierendes Spielsystem zu finden. In Bielefeld schickte er seine Mannschaft in einer 4-2-3-1-Formation aufs Feld. „Das Spielsystem muss dir ein gewisses Vertrauen geben, damit du weißt, was du zu tun hast“, sagt er. „Aber du musst während des Spiels flexibel sein.“

Luhukay strahlt eine innere Ruhe aus, und er erreicht die Spieler. „Es ist nicht entscheidend, ob der Trainer ein lieber Mensch ist oder ein böser“, sagt er, „entscheidend ist, dass er den Spielern etwas vermittelt.“ Vor dem ersten Spiel war Luhukays Streben darauf ausgerichtet, ein neues Wir-Gefühl zu wecken. Als die Gladbacher in Bielefeld dann das erste Tor erzielt hatten, stürzten sämtliche Spieler auf den Torschützen Federico Insua zu. „Das zeigt, dass ich die Mannschaft erreicht habe“, sagt Luhukay.

Der Holländer duldet keine Angriffe auf das Mannschaftsgefüge. Nachdem Wesley Sonck, ohnehin mit Auffälligkeiten im Sozialverhalten, mit seinem Kollegen Kahe aneinander geraten war, wurde er von Luhukay zur zweiten Mannschaft strafversetzt. „Wer mich kennt, weiß, dass ich geradlinig bin“, sagt der Trainer. In Paderborn kündigte er im Sommer, weil das Präsidium ohne sein Wissen neue Spieler hatte beobachten lassen. Die Mannschaft kämpft jetzt gegen den Abstieg, Luhukay war unter anderem in Aachen und Bielefeld im Gespräch. „Ich bin froh, dass ich meine Geduld bis zum Winter aufrecht erhalten habe“, sagt er. In Mönchengladbach sind sie das auch.

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