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Sport: TRENDWENDE BEI BORUSSIA MÖNCHENGLADBACH?: Frisches Obst statt Currywurst

MÖNCHENGLADBACH .Rainer Bonhof, neuer Trainer von Borussia Mönchengladbach, hat in der vergangenen Woche eine Stunde lang am Telefon einer Gladbacher Lokalzeitung gesessen und deren Lesern Rede und Antwort gestanden.

MÖNCHENGLADBACH .Rainer Bonhof, neuer Trainer von Borussia Mönchengladbach, hat in der vergangenen Woche eine Stunde lang am Telefon einer Gladbacher Lokalzeitung gesessen und deren Lesern Rede und Antwort gestanden.Mittags um halb eins meldete sich Herr Longs aus Neuss, 51 Jahre alt, von Beruf Angestellter.Was denn das für eine Einstellung sei, wollte er wissen, daß Bonhof um diese Zeit telefonieren könne, statt auf dem Fußballplatz zu stehen und zu trainieren."Hast du keine Arbeitsmoral, arbeitest du nicht?" fragte Herr Longs.

Rainer Bonhof hat sich nicht beirren lassen, obwohl auch schon seinem Vorgänger Friedel Rausch nach dessen Entlassung verstärkt nachgesagt wird, er sei zuletzt nicht der Fleißigste gewesen, habe im Training geschludert und es zudem weitgehend versäumt, Gegner zu beobachten.Bonhof wußte gleich, daß die Vorwürfe von Herrn Longs nicht allzu ernst gemeint waren; Herr Longs ist ein alter Bekannter und guter Freund.Zuletzt war er acht Jahre lang Bonhofs direkter Vorgesetzter."Mensch, Berti", hat Bonhof geantwortet, "schön, daß du anrufst!"

Nein, um die Arbeitsmoral von Rainer Bonhof muß man sich wahrlich keine allzu großen Sorgen machen.Schon als Spieler hat er sich für seinen Verein Borussia Mönchengladbach so sehr gequält, daß ihn heute ein Hüftleiden plagt.Als Trainer ist das nicht anders.Am Sonntag abend kehrte Bonhof nach zwanzigeinhalb Jahren wieder in offizieller Mission auf den Rasen des Bökelberges zurück, ackerte 90 Minuten an der Seitenlinie, und als seine neue Mannschaft und sein alter Verein anderthalb Stunden später zum ersten Mal seit dem ersten Spieltag wieder gewonnen hatte, war von Bonhofs Stimme nur noch ein Hauch übriggeblieben."Das wird sich in den nächsten Wochen nicht ändern", fürchtet Bonhof.

Trotz des 3:1-Sieges gegen den FC Freiburg steht für die Gladbacher und ihren Trainer noch eine Menge Arbeit an.Zweimal hat Bonhof bisher als Alleinverantwortlicher für die Borussen an der Seitenlinie gestanden.Seine Bilanz: ein Unentschieden in Rostock, ein Heimsieg gegen Freiburg.Für ein Team, das vor zwei Wochen noch die Lachnummer der Liga war, ist das beachtlich, zumal sogar so etwas wie eine Ordnung auf dem Platz zu erkennen war."So muß man zu Hause spielen", sagte Karlheinz Pflipsen.Angesichts der konstanten Inkonstanz der Gladbacher in den letzten Jahren fällt es jedoch schwer, an einen dauerhaften Aufschwung zu glauben.

Bei wohlwollender Betrachtung ist indes schon so etwas wie eine Handschrift des neuen Trainers zu erkennen.Spieler, die vor wenigen Wochen noch Mitläufer waren, finden ihre Stärke zurück: Pflipsen, Matthias Hagner, Peter Wynhoff oder Marcel Witeczek."Jeder weiß, auf welcher Position er spielen muß", sagt Thomas Eichin, dessen Position in den vergangenen anderthalb Jahren ein Bürostuhl in der Marketingabteilung war, der sich nun unter Bonhof jedoch wieder als Stammspieler betrachten darf.So wie Matthias Hagner, der Torschütze zum 2:1.Nach seinen beiden ersten Einsätzen über jeweils 90 Minuten "habe ich schon das Gefühl, daß der Trainer hinter mir steht".

"Kleine Details sind erkennbar", sagt Rainer Bonhof selbst.In der Kabine steht nun frisches Obst, weil natürliche Vitamine, wie Bonhof weiß, bei Minusgraden besonders wichtig sind.Unter Friedel Rausch durften sich die Spieler vor dem Abflug zum Auswärtsspiel noch beim kollektiven Verzehr von Currywurst und Pommes filmen lassen.Bonhof sei "keiner, der große Sprüche klopft", sagt Eichin."Er macht gute Stimmung", behauptet Wynhoff, habe aber auch viel im taktischen Verhalten geändert.Und Pflipsen hat festgestellt, daß der neue Coach Wert darauf legt, "daß wir eine gewisse Ordnung ins Spiel bekommen".Alles zusammen, so glaubt Bonhof, "wird nach und nach zu einer runden Geschichte".Bis dahin ist es ein weiter Weg, und Grund zu Überschwang besteht noch lange nicht."Wir haben nix zu feiern", hat Peter Wynhoff am Sonntag abend gesagt."Wir sind Letzter."

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