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Er bleibt auf seiner Linie. Täve Schur, hier bei seinem Empfang zum 85. Geburtstag.

© imago/Christian Schroedter

Umstrittene Äußerungen von Täve Schur: Sportlerlegende verharmlost Doping in der DDR

Sein Einzug in die Hall of Fame des deutschen Sports schien sicher. Umstrittene Aussagen über Doping im DDR-Sport bringen den ehemaligen Sportstar Täve Schur nun in Bedrängnis.

Wenn jemand zwei Weltmeistertitel gewonnen hat und zweimal eine der bedeutendsten Radrundfahrten, wenn er Menschen dazu durch seine volksnahe und bescheidene Art begeistert, gehört er dann nicht in den Kreis der herausragenden Sportler des Landes?

Täve Schur war auf jeden Fall einer der populärsten Sportler der DDR, aber als er 2011 auf der Vorschlagsliste für die Hall of Fame des deutschen Sports stand, fiel er durch. Seine politische Einbindung in der DDR wurde ihm vorgeworfen – Schur saß in der Volkskammer – außerdem seine Glorifizierung des DDR- Sportsystems. Inzwischen ist Schur 86 und die Jury aus Politik, Sport und Medien soll erneut ein Votum über eine Aufnahme abgeben. Es schien diesmal für ihn auszufallen, obwohl sich Dopingopfer wie Ines Geipel kritisch dazu äußerten.

"In der DDR keine Dopingtoten"

Doch kurz vor der Ziellinie kommt die Sache noch einmal ins Straucheln – durch Schur selbst. „Der DDR-Sport war nicht kriminell, sondern vorzüglich aufgebaut“, sagte Schur dem „Neuen Deutschland“. „Der Sport in der DDR war gut, weil er beispielhaft den Aufbau der Gesundheit vorantrieb und dabei auch noch international erfolgreich war.“ Er selbst habe nie gedopt, sagt er, und darum geht es auch nicht. Sondern um seine Haltung. Doping in Ost- und Westdeutschland verglich er so: „Wir hatten in der DDR keine Dopingtoten, anders als im Westen.“ Das ist zynisch den Opfern gegenüber und auch nach dem DDR-Strafgesetzbuch war es kriminell, minderjährigen Sportlerinnen ohne deren Wissen männliche Sexualhormone zu verabreichen.

Ein Treffen zwischen der Sporthilfe, Ines Geipel als Vertreterin der Dopingopfer und Andreas Silbersack, dem Präsidenten des Landessportbunds Sachsen-Anhalt, sagte Schur vor zwei Jahren ab. Er wolle nicht mehr mit dem Thema Doping konfrontiert werden und sich auch nicht mehr ändern. Man müsse ihn eben so nehmen wie er ist oder gar nicht.

Und jetzt? Durch seine aktuellen Äußerungen habe Schur seine Aufnahme in die Hall of Fame noch einmal gefährdet, heißt es in der Deutschen Sporthilfe, die die Auswahl koordiniert. Sie wird sich also etwas einfallen lassen müssen. Entweder hievt sie ihn mit einigen kritischen Bemerkungen doch noch hinein. Oder weist ihn abermals ab. Oder, und das wäre der anspruchsvollste Weg: Sie wandelt die Ruhmeshalle um in eine Halle der Sportgeschichte, die weniger Helden bejubelt als Persönlichkeiten in ihrer Zeit beleuchtet.

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