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 Mykolas Alekna verbesserte den Weltrekord.

© IMAGO/Bildbyran

Umstrittener Weltrekord im Diskuswurf: Ein Acker in den USA erregt die Leichtathletik

Etliche Rekorde im Diskuswurf purzeln in einer kleinen Stadt in den USA. Das löst in der Leichtathletik nicht nur Freude aus.

Stand:

Der Diskus flog und flog und flog. Der Wind trug ihn unaufhaltsam weiter. Unter ihm die Brachlandschaft von Ramona, einer kleinen Stadt im US-Bundesstaat Oklahoma. Als die Wurfscheibe auf dem Boden aufschlug, drehte sich der Litauer Mykolas Alekna am Sonntag jubelnd ab. Die Weite: 75,56 Meter. Der 22-Jährige ist der erste Athlet, der den zwei Kilogramm schweren Diskus über die 75-Meter-Marke schleuderte.

Willkommen in der neuen Throw Town – der Wurfstadt Ramona. Hier bläst der Wind so konstant und heftig, dass Kopfbedeckungen kaum zu halten sind. Und hier steht seit wenigen Jahren das neue Mekka der Diskuswerferinnen und -werfer.

Der Platz, auf dem ein Rekord den nächsten jagt, gleicht einem offenen Acker. Es gibt ringsherum keine Zuschauertribünen oder Gebäude, nichts, was den Wind aufhalten könnte. Am Wochenende war Ramona erneut Schauplatz eines sporthistorischen Ereignisses.

Schon ein Jahr zuvor hatte Alekna in Ramona mit 74,35 Metern den fast 38 Jahre alten Weltrekord von Jürgen Schult übertroffen. Der Schweriner hatte 1986 in Neubrandenburg – bei stürmischem Wetter – die Scheibe auf 74,08 Meter geschleudert.

Valarie Allman mit US-amerikanischem Rekord

Nicht nur Alekna hatte am Sonntag Grund zur Freude – auch sämtliche anderen Athletinnen und Athleten.
Bereits am Samstag stellte Olympiasiegerin Valarie Allman mit 73,52 Metern einen neuen US-Rekord auf. Es war der weiteste Wurf bei den Frauen seit 36 Jahren.

75,56
Meter und damit so weit wie niemand zuvor warf Mikolas Alekna die Scheibe im Diskuswurf.

Auch für die deutschen Werfer war der Trip nach Oklahoma ein voller Erfolg. Clemens Prüfer und der erst 21-jährige Mika Sosna kamen auf 71,01 bzw. 70,01 Meter. Henrik Janssen (69,94 Meter) und Steven Richter (69,61 Meter) verpassten die 70-Meter-Marke nur knapp. Die Norm für die Weltmeisterschaften in diesem Jahr in Tokio hatten sie allesamt erfüllt (67,50 Meter).

Dementsprechend zufrieden war der deutsche Diskuswurf-Bundestrainer. „Das war sehr beeindruckend von unseren Athleten“, sagte Markus Münch am Montag dem Tagesspiegel. „In einem Weltklasse-Feld konnten sie sich behaupten und sind geschlossen stark aufgetreten.“

Der Wind weht fast ganzjährig von vorne

Münch ist in der komfortablen Lage, dass der Diskuswurf in Deutschland bei den Männern wieder aufblüht. Zudem stimmt die Mischung: Das deutsche Team besteht aus jungen Talenten und erfahrenen Athleten. „Sie treiben sich gegenseitig zu Höchstleistungen“, sagte Münch. „Der Trip hat sich gelohnt.“

Doch das neue Diskuswurf-Mekka wird durchaus kritisch betrachtet – selbst von Bundestrainer Münch. Die Bedingungen auf dem Acker in Ramona sind schlicht zu ideal. Der Wind weht fast ganzjährig von vorne rechts – optimal für die Flugbahn der Scheibe, zumal der Wind ungebremst durch den Acker weht.

Das alles mache enorm viel aus, sagte Münch. „Das Problem ist, dass dann bei anderen Meetings die Weiten bis zu fünf Meter kürzer sind.“ Noch vor einem Jahr sei Ramona ein Geheimtipp gewesen. „Jetzt ist das Meeting Pflichtprogramm.“

Heißt: Wer die hohe WM-Norm schaffen will, sollte nach Ramona reisen. Für die DLV-Athleten bedeutete das, dass sie mit zwei- bis dreitausend Euro in Vorkasse gehen mussten. Der Verband konnte die Kosten nicht tragen. Etliche andere Diskuswerferinnen und -werfer konnten sich Ramona nicht leisten und mussten zusehen, wie ihre Konkurrenz reüssierte.

Ramona, die Throw Town, ist daher auch ein exklusiver Ort. Man muss ihn sich leisten können. Wer das kann, für den ist Ramona mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Gewinn.

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