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Unions U-21-Nationalspieler ist wieder wichtig: Die zwei Gesichter des Tom Rothe
Tom Rothe gehört schon mit 20 Jahren zu den torgefährlichsten Verteidigern der Bundesliga. Doch das 2:2 gegen Bremen zeigte auch, dass er defensiv oft noch eine Schwachstelle ist.
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Die Statistik liest sich ausgezeichnet. Obwohl Tom Rothe nur 17 Mal in der Startelf des 1. FC Union stand und gelernter Linksverteidiger ist, hat er in dieser Saison bereits drei Tore erzielt und vier vorbereitet.
Damit liegt er in der Scorerliste der Außenverteidiger oder Schienenspieler nach Mitchell Weiser von Werder Bremen, dem Frankfurts Nathanial Brown sowie den Leverkusenern Jeremie Frimpong und Alejandro Grimaldo auf Rang fünf.
Nicht schlecht für einen 20-Jährigen in seiner ersten kompletten Bundesligasaison. Der Blick hinter die Statistiken zeigt jedoch, dass Rothe auf der anderen Seite des Feldes bisher deutlich größere Probleme hat. Das ließ sich am Samstag beim 2:2 gegen Werder Bremen eindeutig erkennen, das Spiel war exemplarisch für Rothe und seine Saison.
Mit einem Kopfballtor zum 1:2 in der Schlussphase der ersten Hälfte und der Vorarbeit des Ausgleichstreffers durch Laszlo Benes hatte Rothe wesentlichen Anteil an Unions Aufholjagd. Dass die Berliner in der ersten halben Stunde enorme Schwierigkeiten hatten und früh 0:2 zurücklagen, war aber auch nicht ohne Rothe zu erklären.
„Wir hatten uns vorgenommen, das zu machen, was uns in den letzten Spielen ausgezeichnet hat: in den Zweikämpfen eklig zu sein, damit der Gegner keinen Bock hat, gegen uns zu spielen“, sagte Rothe. „Doch das hat in ersten 30 Minuten gefehlt.“
Union hatte keinen Zugriff auf das Spiel, lief nur hinterher und besonders die linke Defensivseite schwamm fast durchgehend. Bremen gelang es immer wieder, die Berliner herauszuziehen, um dann mit zwei, drei schnellen Pässen in die Tiefe zu kommen.
Der Trainer wollte etwas ändern auf der Position, Jura hat einen Topjob gemacht, wir haben die Spiele gewonnen – da haben mir die Argumente gefehlt.
Tom Rothe über seine Zeit auf der Bank
Vor dem 0:1 ließ Rothe Gegenspieler Weiser 20 Meter unbedrängt laufen, Bald-Unioner Oliver Burke ging mit Tempo zur Grundlinie und spielte flach zurück auf den Elfmeterpunkt. Marvin Ducksch traf den Pfosten und Jens Stage staubte ab. Mit diesem Muster spielte sich Bremen in der ersten halben Stunde mehrfach in den Berliner Strafraum.
Es ist kein Zufall, dass sich Union nach der schwierigen Zeit zu Beginn des Jahres ohne Rothe stabilisiert hatte. Damit Unions Fußball funktioniert, muss die Balance stimmen. Das war bereits in der vergangenen Saison eines der größten Probleme. Damals war Robin Gosens als linker Schienenspieler an vielen Toren beteiligt, die Statik der Mannschaft war aber nicht in der Lage, seinen Offensivdrang aufzufangen. Ähnlich ist es manchmal bei Rothe.
Nach dem Trainerwechsel ging es für ihn gleich schlecht los. Im ersten Spiel unter Steffen Baumgart sah er in Heidenheim für eine Notbremse nach einem kapitalen technischen Fehler die Rote Karte. Als in diesem Februar und März bei Union wenig lief, der Druck größer wurde und das 0:1 gegen Holstein Kiel die Abstiegsgefahr immer greifbarer machte, setzte der neue Trainer deshalb auf Routine.
Christopher Trimmel kehrte auf die rechte Schiene zurück, Josip Juranovic wurde als Rechtsfuß auf die linke Seite versetzt. „Der Trainer wollte etwas ändern auf der Position, Jura hat einen Topjob gemacht, wir haben die Spiele gewonnen – da haben mir die Argumente gefehlt“, sagt Rothe rückblickend. Seit Anfang März hat Union kein Spiel mehr verloren.
Für die deutsche U-21-Nationalmannschaft, für die er zuvor bereits zwei Spiele absolviert hatte, wurde er im Frühjahr nicht nominiert, dafür sammelte er bei der U 20 Spielpraxis – und als sich Juranovic Mitte April an der Wade verletzte, rutschte Rothe auch bei Union wieder in die Startelf. „Ich habe im Training jeden Tag Gas gegeben und es freut mich, dass ich die letzten drei Spiele wieder spielen konnte“, sagte Rothe. „Ich habe mir keine großen Gedanken gemacht. Im Fußball ist es manchmal so, dass man sich hinten anstellen muss.“
Das Wort „Demut“ benutzt er gleich zweimal am Samstag, nach einem Auftritt mit einem Tor und einer Vorlage. Man muss sich offenbar keine Sorgen machen, dass Tom Rothe abhebt. Dagegen hilft es wahrscheinlich auch, wenn ihm auf dem Rasen immer mal wieder demonstriert wird, dass er gerade defensiv noch viel lernen muss.
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