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Frust pur. Der 1. FC Union (hier v. li. Leopold Querfeld, Rani Khedira und Diogo Leite) ist nun seit sieben Pflichtspielen ohne Sieg.

© imago/Matthias Koch/imago/Matthias Koch

Unions verschenkte Punkte in Stuttgart: Diesmal ist die Defensive das Problem

Lange Zeit läuft es für den 1. FC Union beim VfB nahezu perfekt. Doch am Ende herrscht Frust. Der entscheidende Fehler unterläuft ausgerechnet dem bislang so starken Frederik Rönnow.

Stand:

Der Schreckmoment war in der Zeitlupe noch besser zu erkennen. Wie die Augen von Frederik Rönnow sich plötzlich panisch weiteten. Wie er durchpustete und nach vorne rannte, um das Unvermeidliche irgendwie noch abzuwenden. Wie der Ball dann doch gut 20 Minuten vor dem Abpfiff im Tor landete, und Rönnow auf dem Boden, mit dem Kopf in den Händen.

Es war ein Sinnbild für den gebrauchten Tag des 1. FC Union. Ein Torwart, der bislang die ganze Saison lang brilliert hatte und nun im schlimmsten Moment einen Blackout hatte. Eine Mannschaft, die lange alles richtig machte, um dann auf eine ganz neue Art und Weise zusammenzubrechen. Zurück blieb nur die alte Weisheit des ehemaligen Torwarts Oliver Kahn: Wenn’s scheiße läuft, läuft’s scheiße.

Vor dem Auswärtsspiel in der Fußball-Bundesliga beim VfB Stuttgart war die Rede nämlich von ganz anderen Problemen bei Union. Die Berliner hatten nur ein Tor in fünf Spielen geschossen, am Freitag rechneten viele mit einer weiteren zähen Angelegenheit.

Und dann das: ein chaotisches 2:3 samt verschenkter 2:0-Führung. Kaum waren die Dämonen im Angriff besiegt, schon tauchten sie wieder in der Abwehr auf. Die Folge war das siebte Pflichtspiel in Folge ohne Sieg.

„Das Ärgerliche ist: Wir hatten alles im Griff, und dann haben wir elf Minuten lang zu leichtsinnig verteidigt”, sagte Unions Geschäftsführer Sport Horst Heldt in den vereinseigenen Kanälen. „Dann passt es natürlich wie die Faust aufs Auge, dass wir uns das dritte Tor selbst einschenken.“

Damit sprach er auch Rönnows Fehler an. Ohne große Not wollte der Torwart beim Stand vom 2:2 den Ball von seinem Sechzehner herausspielen. Sein Pass landete aber direkt bei Atakan Karazor, der den Ball nur einschieben musste und damit Stuttgarts wilde Aufholjagd veredelte. Ein Moment, der nicht nur diese Partie, sondern auch die ganze Einsamkeit und Undankbarkeit des Torwartspiels zusammenfasste.

Denn mit Rönnows Fehler wurde unter anderem auch klar, wie sich sehr die Mannschaft in den letzten Wochen und Monaten auf ihn verlassen hatte. Wenn es in dieser Saison gut ging, dann oft aufgrund des formstarken Torwarts.

Das Ärgerliche ist: Wir hatten alles im Griff, und dann haben wir elf Minuten lang zu leichtsinnig verteidigt.

Horst Heldt, Geschäftsführer Sport beim 1. FC Union

Ohne Rönnow hätte Union keinen Punkt gegen RB Leipzig oder den SC Freiburg geholt. Ohne Rönnow hätte man das 2:1 gegen Borussia Dortmund nicht über die Zeit gebracht. Auch das eigentlich komfortabel klingende 2:0 bei Holstein Kiel wäre ohne seine Glanztaten wohl anders ausgegangen.

Dass die Köpenicker trotz des aktuellen Tiefs immer noch ein gutes Polster auf die Abstiegsränge besitzen, haben sie also auch Rönnow zu verdanken. Auch deswegen sprangen ihm seine Kollegen am Freitagabend zur Seite. „Fredi hat in ganz vielen Spielen ganz grandios gehalten. Jeder macht Fehler und ihm ist leider Gottes jetzt dieser Fehler passiert“, sagte Heldt. „Aber das wird ihn nicht umhauen, das wird uns auch nicht umhauen. Wir müssen jetzt nach vorne schauen.“


Kaum Antworten auf die vielen Fragen beim 1. FC Union

Doch wie blickt Union jetzt nach vorne? Was hat das Team aus dieser ärgerlichen Niederlage in Stuttgart gelernt? Darauf gab es nach dem Spiel eher wenige Antworten.

Das lag zum einen daran, dass es Wichtigeres gab als Fußball. Die Gedanken waren in erster Linie bei dem Union-Fan, der nach einem Herzstillstand im Block reanimiert werden musste und später ins Krankenhaus gebracht wurde. Schon während des Spiels hatten beide Seiten den Support eingestellt und auch danach herrschte ein wenig geschockte Stille im Stuttgarter Stadion.

Doch auch im Anschluss gab es von Unions bedientem Trainer Bo Svensson nur einsilbige Antworten, wie bei einem mürrischen Kind während einer Standpauke. Andererseits: Was sollte er auch sagen, wenn er eigentlich viele der richtigen Lösungen gefunden hatte, um dann doch noch bitter zu verlieren?

Wenn’s scheiße läuft, läuft es eben scheiße. Und am Ende musste es der Däne Svensson genauso machen wie sein Landsmann im Union-Tor: Aufstehen, abschütteln und versuchen, das Ganze irgendwie hinter sich zu lassen.

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