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Ball im Blick. Usain Bolt, Sprintkönig aus Jamaika.

© Fabrice Coffrini/AFP

Enttäuschte Sportwelt: Usain Bolt spielt einen Fehlpass - und gegen Robbie Williams

Warum der 100-Meter-Weltrekordhalter unnötige PR-Nummern inszeniert, die er eigentlich nicht braucht. Ein Kommentar.

Winfried Schäfer hat in seiner langen Zeit im Profifußball viel gesehen und erlebt. Als Spieler wurde er in einer Saison Pokalsieger mit Offenbach und Meister mit Gladbach, später Uefa-Pokal-Sieger. Als Trainer brachte er Karlsruhe nach Europa, ehe er selbst in die Welt ging: Kamerun, Dubai, Aserbaidschan, Thailand, aktuell Esteghlal Teheran. Schäfer kann man nichts vormachen. Als man ihn 2015 als damaligen jamaikanischen Nationaltrainer fragte, ob nicht der fußballbegeisterte Usain Bolt ein Kandidat für sein Team sei, analysierte der Fußballlehrer das realistisch und professionell. Bolt sei ein guter Spieler, aber eben kein sehr guter. Überhaupt sei das alles nur PR. Aus der Ruhe brachte ihn dieser extrovertierte achtfacher Olympiasieger nicht.

In dieser Woche hat der Sprintstar die Sportwelt wieder in Aufruhr versetzt. Er habe bei einem Fußballverein unterschrieben, kündigte Bolt am Montag in einem kurzen Video in den sozialen Netzwerken an. Wo er auflaufen wolle, verrate er am Dienstag. Cliffhanger, Fans, Experten und Medienvertreter, auch der Tagesspiegel, spekulierten, diskutierten, hofften – und wurden enttäuscht. Er werde bei einem Charity-Spiel für Team Unicef gegen ein britisches All-Star-Team um Popsänger Robbie Williams auflaufen. Nicht ganz das, was sich die Fußballwelt erhofft hatte. Ein Spiel ohne sportlichen Wert. Nur eine PR-Nummer – allerdings für einen guten Zweck.

So gelassen sein wie Winfried Schäfer

Bolts Engagement für Kinderrechte ist natürlich lobenswert und mehr als eine PR-Nummer. Regelmäßig besucht er Schulen in seiner Heimat und macht den Kindern Mut, an sich und ihre Chance zu glauben – zuletzt am Montag. Bolt weiß wie es ist, wenig zu haben. Er selbst kommt aus einem einfachen Elternhaus aus dem jamaikanischen Hinterland. Laufschuhe hatte er anfangs keine, aber er bekam seine Chance.

So einer sollte sich aber auch seiner Verantwortung bewusst sein, die er hat. Fünf Millionen Fans folgen ihm auf Twitter, acht Millionen auf Instagram, 19 Millionen auf Facebook. Journalisten in der ganzen Welt greifen Statements von ihm gierig auf. Bolt hat etwas zu sagen, er inspiriert Menschen – und kann ihre Hoffnungen zunichte machen. Nicht wenige fühlten sich am Dienstag getäuscht und machten ihrem Ärger im Netz Luft.

Dabei hätte Bolt diese Inszenierung gar nicht nötig. Er braucht keine aufmerksamkeitsheischenden Videos und keine Showevents für seinen Ausrüster, um gehört zu werden. Man wünscht dem Jamaikaner die Gelassenheit eines Winfried Schäfers. Nicht, dass die Ikone irgendwann nicht mehr Ernst genommen wird.

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