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Stefan Leitl trifft mit Hertha BSC an diesem Samstag auf den SC Paderborn.

© imago/Nordphoto/IMAGO/nordphoto GmbH / Engler

Vier gewinnt: Trainer Stefan Leitl muss bei Hertha BSC die Systemfrage beantworten

Beim ersten Saisonsieg haben die Berliner erstmals mit einer Viererkette in der Abwehr gespielt. Trotzdem ist nicht ausgemacht, dass Trainer Leitl auch gegen Paderborn daran festhält.

Stand:

Hans Meyer war nicht nur ein erfolgreicher Fußballtrainer, er war auch ein Großmeister des gesprochenen Wortes. In seiner Zeit bei Hertha BSC, vor inzwischen mehr als 20 Jahren, hat Meyer den bekannten und beliebten Grundsatz „Never change a winning team“ einmal als das „Alibi-Prinzip der Trainer“ bezeichnet.

Wer einfach dieselben elf Spieler aufbietet wie in der Woche zuvor, der erspart sich das selbstständige Denken.

So ähnlich hat sich nun auch Stefan Leitl, der aktuelle Trainer von Hertha BSC, geäußert, wenngleich er das nicht ganz so prägnant formuliert hat wie Meyer. Never change a winning team? „Als Trainer hat man auch die Möglichkeit, die Trainingswoche zu beobachten und zu schauen, wie sich was entwickelt. Das haben wir in dieser Woche getan“, hat Leitl gesagt.

Grundsätzlich könne man schon sehr zufrieden sein, wie die Mannschaft vor einer Woche aufgetreten sei, als ihr mit dem 3:0 beim Tabellenführer Hannover 96 der erste Sieg der Saison gelungen ist. Andererseits stehe ihm mit dem zuvor gesperrten Innenverteidiger Linus Gechter ein sehr wichtiger Spieler wieder zur Verfügung. „Insofern haben wir schon wieder Optionen, um Einfluss auf die Aufstellung zu nehmen“, sagte Leitl.

Wir werden jetzt nicht jede Woche gucken, was der Gegner macht und darauf reagieren.

Stefan Leitl, Trainer von Hertha BSC

Herthas Trainer hat zwei Möglichkeiten, Gechter wieder in seiner Startelf unterzubringen: Entweder er nimmt für ihn einen der beiden bisherigen Innenverteidiger aus der Mannschaft, Marton Dardai oder Toni Leistner. Oder er bietet am Samstag, im Heimspiel gegen den SC Paderborn im Olympiastadion (13 Uhr/Sky), drei statt zwei Innenverteidiger auf.

Bitte nicht, würden die meisten Fans des Berliner Fußball-Zweitligisten wohl sagen, nachdem Leitl erst gegen Hannover vom 3-5-2 auf ein 4-3-3 umgestellt hatte: Never change a running system. Denn das neue System, „hat uns extrem viel Stabilität gegeben“, sagte Herthas Torhüter Tjark Ernst.

Vielen Anhängern sprach er damit aus dem Herzen, seinem Trainer wohl eher nicht. Leitl hat die breite gesellschaftliche Debatte, welches System denn nun das beste für sein Team sei, mit einigem Befremden verfolgt.

„Das sind Themen, die hier immer so rumschwirren“, hat er vor dem Spiel in Hannover gesagt. „Ich kann damit eigentlich wenig anfangen, muss ich sagen.“ Insofern ist es nicht auszuschließen, dass er wieder auf die Grundordnung umschwenkt, die seiner Mannschaft am Ende der vergangenen Saison deutlich mehr Stabilität verliehen hat.

Viele Spieler kamen auf ihren bevorzugten Positionen zum Einsatz

In Hannover war es umgekehrt, aber welchen Anteil die Systemumstellung daran hatte, das wird sich abschließend wohl nie verlässlich beantworten lassen. Unstrittig ist allerdings, dass in Hannover dank der neuen Grundordnung mehr Spieler auf den Positionen zum Einsatz kamen, die ihnen am meisten liegen.

In der öffentlichen Diskussion lag der Fokus dabei vor und nach dem Spiel vor allem auf Fabian Reese, der in der offensiven Dreierreihe erstmals wieder auf dem linken Flügel spielte und nicht mehr als zentraler Stürmer. Die vorherrschende Meinung ist, dass Herthas Kapitän auf dem Flügel besser aufgehoben ist. Andererseits hat er in der vergangenen Saison aus einer zentralen Position heraus in zehn Spielen zehn Tore erzielt.

Offensichtlicher war der positive Effekt bei Marten Winkler und Michael Cuisance. Winkler, gegen Hannover Schütze des ersten Berliner Tores, lief erstmals wieder auf der offensiven Außenbahn auf. Dort hatte er in der Saison 2023/24 seine stärkste Phase bei Hertha. Der Versuch hingegen, ihn zum Schienenspieler umzufunktionieren, hat sich bisher als nicht besonders erfolgreich erwiesen.

Cuisance wiederum spielte gegen den Tabellenführer der Zweiten Liga endlich wieder auf der Zehn und nicht mehr als zweiter Sechser im defensiven Mittelfeld. Der Franzose war dort deutlich produktiver und lieferte insgesamt seine beste Leistung dieser Saison ab.

Auch den beiden Außenverteidigern – Julian Eitschberger rechts und Deyovaisio Zeefuik links – kam die Systemumstellung entgegen. Als Schienenspieler vor einer Dreierkette wird von ihnen deutlich mehr Einfluss auf das Offensivspiel erwartet. Beide aber sind keine verkappten Flügelstürmer oder Flankengötter. Beide haben ihre Stärken eher in der Defensive.

Leitl hat die Umstellung auf eine Viererkette am vergangenen Wochenende nicht nur mit den eigenen personellen Problemen begründet, sondern auch mit der Art, wie Hannover 96 spielt – mit einem Dreiersturm nämlich, in dem die beiden Außen sehr hoch schieben und das Spiel breit machen.

Der SC Paderborn tritt anders auf. Was das für die Systemfrage am Samstag bedeutet? „Wir werden jetzt nicht jede Woche gucken, was der Gegner macht und darauf reagieren“, sagte Leitl. „Wir müssen schon unsere Prinzipien festigen und unsere Grundordnung finden, in der wir erfolgreich sind. Oder sein können.“

Welche Grundordnung seiner Meinung nach den größten Erfolg verspricht, das sagte er nicht.

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