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Handlich. Sophia Popov mit dem Pokal, ein wenig Geld gab es auch noch.

© golfsupport.nl/R&A/dpa

Vom Caddie zum Star: Der unglaubliche Triumph der Sophia Popov

Sophia Popov siegt als erste deutsche Golferin bei einem Major-Turnier. Ihr Triumph ist wichtig für den immer kalkulierbarer werdenden Profisport. Ein Kommentar

So kann es noch kommen. Selbst im Jahr 2020 im Profisport. Noch vor wenigen Wochen war Sophia Popov als Caddie auf dem Golfplatz unterwegs und nun hat sie als erste deutsche Frau ein Major-Turnier gewonnen. Am Wochenende triumphierte die 27 Jahre alte Golferin bei den British Open und verkündete einen Tag später in den sozialen Netzwerken: „Eine einzige Woche hat mein Leben auf den Kopf gestellt.“

Natürlich ist das eine große kleine Cinderella-Geschichte, wie sie die Menschen gerne hören aus dem Sport. Erst recht in solchen Tagen, wo sie mit internationalem Fußball der Spitzenklasse verwöhnt, aber dort zu oft mit wenig Spitzenspannung medial verköstigt werden.
Popov, Weltranglistenplatz 304, aus Weingarten, kam erst über den Umweg Qualifikation in das Turnier im Royal Troon Golf Club in South Ayrshire, südwestlich der größten schottischen Stadt Glasgow gelegen. Und der Umweg lohnte sich. Sie kassierte als Siegerin satte 675.000 US-Dollar. Das ist mehr als sechsmal so viel wie sie zuvor in ihrer Karriere an Preisgeldern verdient hat. Und die blonde Frau ist ja schon ein paar Jahre auf den Plätzen unterwegs.
Die Geschichte hinter dem Erfolg erhöht den Erfolg noch mal deftig. Popov, geboren in Boston und aufgewachsen in Deutschland, wollte schon aufhören mit dem Schlägerschwingen. Sie litt unter einer durch Zecken übertragenen Krankheit (Lyme-Borreliose) und hatte viele sportliche Rückschläge zu verkraften. Sie verlor ihre Spielberechtigung für die LPGA-Tour, in der besten Frauen unterwegs sind. Beim Re-Start der LPGA-Tour war sie noch Aushilfscaddie von ihrer Freundin Anne van Dam unterwegs.
Nun hat sich Sophia Popov im Ranking um 280 Plätze verbessert, ist in der von Asiatinnen und Nordamerikanerinnen dominierten Weltrangliste auf Platz 24 vorgeschossen und ist in dieser Wertung zur Zeit zweitbeste Europäerin. Seit dem Jahr 1930 hat bei 290 Major-Turnieren noch nie eine Deutsche gewonnen.

Mit einem Schlag das Leben verändert. Popov nach ihrem Triumph.
Mit einem Schlag das Leben verändert. Popov nach ihrem Triumph.

© golfsupport.nl/R&A/dpa

Was ein Ding. So wie einst Boris Becker, der 1985 als ungesetzter Spieler und erster Deutscher Wimbledon gewann? Nicht so ganz, da lassen sich die Sportarten nicht vergleichen und womöglich hat die bald 28 Jahre alte Popov, mit vier Jahren nach Deutschland gekommen, eher unter ihrem Niveau gespielt bislang. Vier Turniere als Profi hatte sie auch schon gewonnen. Ihre Sozialisation als Golferin erfuhr sie zum Teil auch in den USA.
Golf wirkt in Deutschland für den normalen Sportfan immer noch wie eine abgehobene Angelegenheit, ist bei weitem nicht so nahbar wie etwa am Ort von Popovs Triumph. In Schottland spielt jedes Kind mindestens einmal im Leben Golf im Park – auch in den USA, wo sie inzwischen wieder wohnt, ist Golf zumindest in einigen Ecken weitverbreitet.

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Es ist daher unwahrscheinlich, dass nach dem Wunder von South Ayrshire nun ab dieser Woche die weibliche Jugend den Golfclubs hierzulande die Bude einrennt. Es schmälert die schöne Geschichte der Sophia Popov aber auch nicht. Solche Geschichten wie die ihre braucht der Profisport, um lebendig zu bleiben.

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