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Sport: Vom Winde verfolgt

Was bisher passierte, war nicht erfreulich: Nun suchen die deutschen Skispringer in Zakopane neues Glück

Berlin/Zakopane. Als der Wind am vergangenen Wochenende in Orkanstärke durch den Schwarzwald pfiff, glaubte Peter Rohwein eine gute Idee zu haben. Der Trainer verließ mit den Skispringern Sven Hannawald, Martin Schmitt, Maximilian Mechler und Georg Späth früher als geplant Hinterzarten, wo das Wetter jedes Training verbot, und reiste nach Zakopane in Polen. Um dort auf der Wielka-Krokiew-Schanze vor den beiden Weltcupspringen am Wochenende noch ein paar Übungseinheiten absolvieren zu können. Doch einer reiste noch schneller: der Wind.

Die deutschen Skispringer werden zurzeit vielleicht vom Wind, aber sicher nicht vom Glück verfolgt. Sven Hannawald hatte die Weltcuppause nach seinem schwachen Abschneiden bei der Vierschanzentournee eigentlich nutzen wollen, um sich durch ausreichendes Training Sicherheit und Selbstbewusstsein zurückzuholen. Doch der Wind in Hinterzarten und Zakopane zwang ihn zur Untätigkeit. „Ich sehe das jetzt nicht so dramatisch“, sagt Kotrainer Peter Rohwein auf Hannawalds Homepage, „wir haben noch genügend Sprünge, um etwas auszuprobieren.“

Am Samstag eröffnet das Nachtspringen in Zakopane (17.15 Uhr) die zweite Hälfte der Saison für die deutschen Skispringer. „Wir greifen wieder an“, sagte Bundestrainer Wolfgang Steiert, der Hannawald, Schmitt, Mechler und Späth wieder in das Weltcupteam eingliederte. Als letzter Saisonhöhepunkt wartet nun nach der verkorksten Vierschanzentournee die Skiflug-Weltmeisterschaft in Planica. „Es ist klar, dass Sven Hannawald darauf hinfiebert“, sagt Steiert. Was bisher passierte, war nicht so erfreulich. Sven Hannawald und Martin Schmitt suchen nach der Form vergangener Tage. Kein einziger Sieg gelang bisher im Weltcup einem Athleten aus Steierts Team. Im Gesamtweltcup findet sich der beste Deutsche auf Rang zehn: Michael Uhrmann. Erfreulich ist lediglich ein Trend, der sich seit der Vierschanzentournee abzeichnet. Neben Michael Uhrmann besitzt das deutsche Skisprungteam in Georg Späth und Maximilian Mechler einige junge Springer, die regelmäßig auf vordere Ränge schweben können.

Doch die Formkrise von Sven Hannawald , der im Weltcup auf Rang zwölf zurückgefallen ist, bereitet große Sorgen. Der ehemalige Bundestrainer Reinhard Heß empfahl seinem ehemaligen Springer, länger zu pausieren. „Es besteht die Notwendigkeit, den Ski-Anstellwinkel zu verbessern“, sagte der 58-Jährige dem Internetanbieter „Sport1“. Man müsse das Gesamtsystem um das Sprunggelenk herum überarbeiten. „Man muss viel testen und probieren“, sagt Heß, „das schafft man nicht in drei Trainingseinheiten.“ Doch Steiert hatte schon in Bischofshofen ausgeschlossen, dass einer seiner Springer auch in Polen pausiert. „Es ist für jeden ein Genuss, vor 50 000 Menschen in Zakopane zu starten.“

Tatsächlich haben die Trainer am Anstellwinkel von Hannawalds Skier herumgedoktort. „Der Fehler ist nicht so gravierend“, sagte Rohwein. Die Bindung ist neu eingestellt worden, zudem erhielt er einen neuen Skischuh mit einer weicheren Sohle. Die Trainer hoffen, dass sich die Skier im Flug näher an den Körper heranziehen lassen. Andere Ursachen, wie zum Beispiel, dass Hannawalds Sprungstil nicht mehr zeitgemäß ist, weisen die deutschen Trainer zurück. „Bei Sven zählen halt nur Siegleistungen“, sagte Rohwein dem „Sportinformationsdienst“. „Er muss nervlich wieder stabiler werden.“

Doch nicht nur der Starspringer steht unter Druck. Auch der neue Bundestrainer braucht ein paar Siege, um seine persönliche Bilanz aufzubessern. „Wir messen uns an den Erfolgen der vergangenen Jahre“, sagt der Sportdirektor des Deutschen Skiverbandes, Thomas Pfüller, „da kann man mit dieser Saison noch nicht zufrieden sein.“ Nach der Vierschanzentournee hat der Sportdirektor auch die Außendarstellung des Bundestrainers kritisiert, der die Ergebnisse zumeist schönredete. „Es ist eine neue Situation für ihn“, sagt Pfüller, „da passieren auch einmal Fehler.“ Er habe bereits darüber mit Steiert geredet. Eine erste sportliche Bilanz will er allerdings erst vor dem Skifliegen in Oberstdorf (7. und 8. Februar) ziehen. Weiterhin plant der Verband mit Steiert bis zu den Olympischen Spielen 2006 in Turin. Pfüller sagt: „Er ist kein schlechter Trainer.“

Erste Ansätze zur Besserung sind schon vorhanden. Trainer Rohwein berichtet von einem Trainingssprung in Hinterzarten, in dem Hannawald bereits alte Klasse aufblitzen ließ. „Ich hoffe, dass die jungen Springer in Zakopane ihr Niveau aus der Vierschanzentournee stabilisieren können“, sagt Pfüller, „und dass Hannawald zwischen Platz eins bis sechs landet“. Hannawald selber spricht nach seiner kurzen Pause Worte, die man zuletzt von ihm nicht hörte. Bei der Vierschanzentournee hatte er noch gejammert und geklagt. „Keine Angst, ich komme zurück“ soll er nun gesagt haben, „ich bin ein Kämpfertyp.“ Ob das stimmt, kann er morgen Abend in Zakopane beweisen.

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